Das Aufenthaltsbestimmungsrecht bezeichnet das Recht der Eltern oder eines Elternteils, über den Aufenthalt ihres gemeinsamen Kindes zu entscheiden. Das Aufenthaltsrecht hat eine ganze Reihe unterschiedlicher Aspekte. Vornehmlich spielt es dann eine Rolle, wenn die Eltern sich trennen und scheiden lassen. Oft mündet es in einen Eltern-Eltern- oder Eltern-Kind-Konflikt.
Tipp 1: Umgangsrecht großzügig gestalten
Ein großzügiges Umgangsrecht kann den Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht entschärfen.
Tipp 2: Mediation in Betracht ziehen
Da es auch Gerichte oft nicht leicht haben, eine für alle Seiten zufriedenstellende Entscheidung zu finden, denken Sie als Eheleute unbedingt über eine Mediation nach.
Tipp 3: (Weite) Umzüge genau bedenken
Der Wechsel der gewohnten Umgebung nach einer Trennung kann für ein Kind, besonders wenn es Freunde und Geschwister nur noch seltener treffen kann, sehr belastend sein. Die Abwägung der Interessen im Sinne des Kindes ist hierbei von erheblicher Bedeutung.
Ist Ihre Ehe intakt, sollte das Aufenthaltsbestimmungsrecht problemlos sein. Beiden Elternteilen steht das gemeinsame Sorgerecht zu. Dann umfasst die Personensorge, also die Sorge für das Wohl und Wehe des Kindes, auch das Recht, seinen Aufenthalt zu bestimmen. Es geschieht in der Regel durch die stillschweigende Versorgung in der Familie. Eltern haben auch das Recht, das Kind bei Verwandten oder einer Pflegefamilie unterzubringen, auch wenn Sie damit riskieren, dass sich Ihr Kind entfremdet. Sollte es wegen des Aufenthalts des Kindes tatsächlich Streit geben, hat jeder Elternteil das Recht, beim Familiengericht zu beantragen, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Maßgeblich ist dabei auf das Kindeswohl abzustellen. In Betracht kommen Fälle, in denen ein Ehepartner aus berufsbedingten Gründen eine Zweitwohnung unterhält, ein Elternteil mit dem Kind allein in Urlaub fahren möchte oder das Kind mit familiengerichtlicher Genehmigung in einer geschlossenen Anstalt (z.B. Kindererziehungsheim) untergebracht werden soll.
Trennen Sie sich von Ihrem Ehepartner, ist zu entscheiden, bei welchem Elternteil das Kind künftig leben soll. Im Regelfall sollte im Vordergrund stehen, dass das Kind möglichst in seiner gewohnten Umgebung verbleibt und seinen Aufenthalt in der elterlichen Wohnung beibehält. Da das gemeinsame Sorgerecht auch mit der Trennung und Scheidung zunächst fortbesteht, hat kein Elternteil das Recht, einseitig zu verlangen, dass das Kind bei ihm bleibt. Möchte der aus der gemeinsamen Wohnung ausziehende Ehepartner das Kind mit sich nehmen und damit einseitig das Aufenthaltsbestimmungsrecht ausüben, muss er das Familiengericht bemühen. Sein Antrag wird nur Erfolg haben, wenn der Umzug dem Kindeswohl dient. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Verbleib des minderjährigen Kindes in der bisherigen Ehewohnung aufgrund der Gegebenheiten problematisch ist (Elternteil ist alkoholkrank oder rund um die Uhr berufstätig). Die Interessen des Elternteils, der für sich das Aufenthaltsbestimmungsrecht in Anspruch nimmt, stehen dabei hinter den Interessen des Kindes zurück.
Worauf bei einer Trennung und Scheidung mit Kind geachtet werden muss, erfahren Sie hier.
Sofern das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils über das Aufenthaltsbestimmungsrecht entscheiden muss, stellen die Familiengerichte auf folgende Umstände ab:
Expertentipp: Auch die Gerichte tun sich schwer. Vor einer Entscheidung wird oft angeordnet, dass die Eltern an einem Informationsgespräch über oder direkt an einer Mediation teilnehmen, in der ein neutraler Vermittler versucht, zwischen den Eltern zu vermitteln. Wenn Sie also Ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht gerichtlich durchsetzen wollen, müssen Sie damit rechnen, sich trotzdem persönlich, wenn auch unter Vermittlung eines Mediators, mit Ihrem Noch- oder Ex-Partner auseinandersetzen zu müssen.
Nicht nur Elternteile haben Anspruch auf Umgang mit dem Kind. Auch das Kind hat ein Umgangsrecht gegenüber jedem Elternteil. Sollte ein Elternteil einseitig das Aufenthaltsbestimmungsrecht in Anspruch nehmen wollen, könnte der Konflikt mit dem anderen Elternteil dadurch entschärft werden, dass ihm und dem Kind ein großzügiges Umgangsrecht zugestanden wird. Wird die Situation ehrlich und fair gehandhabt, lässt sich vieles bewerkstelligen.
Zieht ein Elternteil aus der ehelichen Wohnung aus und nimmt das Kind gegen den Willen des gemeinsam sorgeberechtigten Ehepartners mit sich, steht oft der Vorwurf der Kindesentziehung im Raum. Besonders heikel sind Fälle, in denen das Kind ins Ausland gebracht wird oder der ausziehende Elternteil damit droht, das gemeinsame Kind in sein Heimatland zu bringen. Will ein Elternteil Problemen dieser Art vorbeugen, kann er beim Familiengericht bei begründeter Sorge der Entziehung Minderjähriger bzw. Kindesentführung beantragen, ihm die alleinige Sorge oder das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.
Expertentipp: Wurde das Kind entführt, finden Eltern Hilfestellung beim „Internationalen Sozialdienst im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.“ in Berlin. Auch das Bundesministeriums für Justiz hält mit seinen „Hinweisen zur Rückführung entführter Kinder unter grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikten“ hilfreiche Informationen vor.
Streitigkeiten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht sind oft ausgesprochen problematische Angelegenheiten. Sie sollten nicht auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden. Sie sollten auch nicht dazu missbraucht werden, im Hinblick auf die Scheidung Druck auf den Ehepartner ausüben zu wollen. Kinder sehen die Trennung ihrer Eltern immer mit eigenen Augen. Wird die für das Kind entstehende Konfliktsituation vernachlässigt, besteht das Risiko, dass sich das Kind von einem Elternteil oder von beiden Elternteilen entfremdet.
Geschrieben von: Volker Beeden