Sehen Sie in der Düsseldorfer Tabelle nach! So lautet der Standardsatz auf die Frage, „wie wird der Kindesunterhalt berechnet?“. Allerdings werden Sie schnell feststellen, dass ein Blick in die Tabelle allein nicht genügt. Sie müssen auch wissen, wie man die Tabelle liest. Sie müssen insbesondere wissen, was wichtig ist, um den Kindesunterhalt nach Maßgabe der Tabelle zu berechnen. Wir erklären Ihnen in zehn Punkten, wie Sie die Düsseldorfer Tabelle verstehen und den Kindesunterhalt für Ihr Kind berechnen.
Tipp 1: Es kann ein fiktives Einkommen angerechnet werden
Schulden Sie Unterhalt, kann Ihnen als ungelernte Arbeitskraft im Hinblick auf Ihre gesteigerte Erwerbsobliegenheit ein fiktives monatliches Einkommen zuzurechnen sein, wenn Sie ein derartiges Einkommen im Rahmen einer früheren Tätigkeit bereits erzielt haben (OLG Hamm 2 UF 213/15).
Tipp 2: Nicht nur Ihr Arbeitseinkommen zählt bei der Unterhaltsberechnung
Ihr Einkommen ergibt sich nicht nur aus Ihrem Arbeitseinkommen. Sie müssen auch Gratifikationen des Arbeitgebers berücksichtigen sowie Einkünfte aus Nebentätigkeiten, Vermietung und Verpachtung, Kapitalerträge, Steuererstattungen und mietfreies Wohnen im Eigenheim mit einbeziehen
Tipp 3: Lassen Sie sich bei der Berechnung helfen
Unterhaltsberechnungen sind meist schwierig. Möchten Sie zuverlässig wissen, wie Sie den Kindesunterhalt berechnen, dürfen wir unseren Unterhaltsrechner empfehlen. Damit berechnen Sie einfach, schnell und preiswert den Unterhaltsbetrag für Ihr Kind.
Betreut Ihr Ex-Ehepartner nach der Trennung und Scheidung Ihr gemeinsames Kind, sind Sie unterhaltspflichtig und müssen Kindesunterhalt zahlen. Im Detail sollten Sie vorab wissen:
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Die Düsseldorfer Tabelle oder Düsseldorfer Liste, erleichtert den Familiengerichten die Berechnung des Kindesunterhalts. Sie hat den Zweck, in Deutschland möglichst einheitliche Beträge für den Kindesunterhalt festzusetzen. Auch wenn die Düsseldorfer Tabelle keine Gesetzeskraft besitzt, orientieren sich die Gerichte an genau dieser Düsseldorfer Tabelle. Die aktuelle Fassung der Düsseldorfer Tabelle stammt vom 1. Januar 2024. Die Tabelle wird im Jahresrhythmus an die Lebenshaltungskosten angepasst.
In der kleinen Welt, in welcher Kinder leben, gibt es nichts, dass so deutlich von ihnen erkannt und gefühlt wird, als Ungerechtigkeit.
Die Düsseldorfer Tabelle wird ergänzt durch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte. Jedes Oberlandesgericht hat in seinem Bezirk Leitlinien veröffentlicht, die sich weitgehend an den Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf orientieren. Darin finden sich ergänzende Informationen zur Interpretation und Anwendung der Düsseldorfer Tabelle. Sie brauchen sich für diese Leitlinien nicht unbedingt zu interessieren, da deren Inhalte in diesem Text weitgehend verarbeitet werden. Im Einzelfall können sich, je nachdem in welchem OLG-Bezirk der Rechtsstreit ausgetragen wird, Abweichungen ergeben.
Sie berechnen den Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle in mehreren Schritten:
Sie sehen in der linken Spalte der Düsseldorfer Tabelle 15 Einkommensstufen. Dort ist in jeder Einkommensstufe das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen vorgegeben. Wie Sie Ihr bereinigtes Nettoeinkommen berechnen, erklären wir unten in Ziffer 6.
Praxisbeispiel: Ihr bereinigtes Nettoeinkommen beträgt 1.850 EUR. Sie werden dann in die Einkommensstufe 1 eingeordnet.
Sie sehen in den mittleren Spalten der Düsseldorfer Tabelle 4 Einkommensstufen. Je nach dem Alter Ihres Kindes ergibt sich daraus der Unterhaltsbetrag.
Praxisbeispiel: Ihr Kind ist vier Jahre alt. Sie verdienen 1.850 EUR. Sie zahlen in der Einkommensstufe 1 und in der Altersstufe 1 des Kindes 480 EUR Kindesunterhalt.
Nach der Trennung steht dem betreuenden Elternteil das Kindergeld in voller Höhe zu. Da Sie gleichfalls Elternteil sind, wird das Kindergeld zur Hälfte auf den nach Schritt 1 und 2 errechneten Zahlbetrag angerechnet.
Das Kindergeld beträgt (Stand: 1. Januar 2023):
Für das erste und zweite Kind | 250 EUR |
für das dritte Kind | 250 EUR |
für das vierte und jedes weitere Kind | 250 EUR |
Sie berechnen Ihr bereinigtes Nettoeinkommen, indem Sie Ihr Bruttoeinkommen um bestimmte Abgaben und Verbindlichkeiten bereinigen. Im Detail:
Im Ergebnis ergibt sich Ihr bereinigtes Nettoeinkommen. Dieses Nettoeinkommen ist Grundlage, nach der die Einordnung in eine der zehn Gehaltsstufen der Düsseldorfer Tabelle erfolgt.
Der nach Maßgabe Ihres bereinigten Nettoeinkommens und der Altersstufe Ihres Kindes errechnete Zahlbetrag in der Düsseldorfer Tabelle ist noch nicht das endgültige Ergebnis. Die Düsseldorfer Tabelle weist nämlich den monatlichen Unterhaltsbedarf für zwei unterhaltsberechtigte Personen aus.
Die Tabelle geht davon aus, dass ein unterhaltspflichtiger Elternteil für zwei minderjährige Kinder oder ein gemeinsames Kind und die Kindesmutter Unterhalt leisten muss. Zahlen Sie jetzt nur für ein Kind Unterhalt, werden Sie in die nächsthöhere Einkommensstufe eingeordnet. Zahlen Sie umgekehrt für mehr als zwei Personen Unterhalt, erfolgt Ihre Einordnung in die nächstniedrigere Einkommensstufe. Die niedrigste Einkommensstufe ist allerdings die Einkommensstufe 1 bis 1.900 EUR Nettoeinkommen.
Unterhalt ist wichtig. Dennoch können Sie nur Unterhalt zahlen, wenn Sie wenigstens ihre eigene Existenz sichern können. Ihnen steht deshalb ein Selbstbehalt zu. Ihnen verbleiben, wenn Sie nicht erwerbstätig sind, monatlich mindestens 1.120 EUR. Sind Sie erwerbstätig, verbleibt Ihnen ein Selbstbehalt von 1.370 EUR.
In der letzten Spalte der Düsseldorfer Tabelle finden Sie den Bedarfskontrollbetrag. Er dient der Korrektur Ihrer Unterhaltspflichten.
In der untersten Einkommensstufe 1 ist der Bedarfskontrollbetrag identisch mit Ihrem Selbstbehalt von 1.200/1.450 EUR. Ab der zweiten Einkommensstufe steigt der Bedarfskontrollbetrag fortlaufend an. Zweck ist, Ihr Einkommen ausgewogen zwischen mehreren unterhaltspflichtigen Personen zu verteilen. Wird im Einzelfall der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, weil noch weitere Unterhaltspflichten bestehen, ist die nächstniedrigere Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, zugrundezulegen.
Sind Sie mehreren Personen gegenüber unterhaltspflichtig, reicht Ihr Nettoeinkommen möglicherweise nicht aus, um alle Unterhaltspflichten zu erfüllen. Nach der Rangfolge im Unterhaltsrecht müssen Sie zuerst die im ersten Rang befindlichen minderjährigen und privilegierten Kinder bedienen. Im zweiten Rang folgt der Elternteil, der die Kinder betreut. Ihr volljähriges nicht privilegiertes Kind findet sich erst auf dem vierten Rang wieder. Reicht Ihr Einkommen jetzt nicht aus, muss sich derjenige, der sich im Nachrang befindet, mit dem Rest zufriedengeben oder erhält im ungünstigsten Fall überhaupt keinen Barunterhalt. Die Juristen sprechen von einem Mangelfall.
Die Unterhaltsberechnung ist vielleicht nichts für schwache Nerven. Wer Unterhalt fordert, ist oft enttäuscht. Wer Unterhalt zahlen muss, ist oft frustriert. Sie können Unterhaltsstreitigkeiten vorbeugen, wenn Sie Ihre Ansprüche angemessen beziffern und begründen oder umgekehrt Unterhaltsansprüche sachgerecht zurückweisen.
Geschrieben von: Volker Beeden