Es ist ratsam, dass Sie bei Ihrer Scheidung die Kosten und Ihren Zeitaufwand im Auge haben. Insofern liegt es nahe, dass Sie Ihre Scheidung mit nur einer Anwältin bzw. nur einem Anwalt durchführen. Damit dies gelingt, sollten Sie den Unterschied zwischen der streitigen und einvernehmlichen Scheidung kennen und wissen, wie Sie Scheidungsfolgen mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln können. Auch die Frage, ob es bei der Scheidung einen gemeinsamen Anwalt geben kann, ist zu beantworten.
Tipp 1: Wirken Sie auf eine einvernehmliche Scheidung hin
Die Vorteile einer einvernehmlichen Scheidung - Ersparnis an Gebühren, Zeit und emotionaler Belastung - zeigen sich, wenn Sie diesen Vorteilen die Nachteile einer streitigen Scheidung gegenüberstellen.
Tipp 2: Klären Sie Folgesachen in einer Trennungs- bzw. Scheidungsfolgenvereinbarung
Auch bei der einvernehmlichen Scheidung brauchen Sie nicht auf die Regelung von Scheidungsfolgen zu verzichten. Vielmehr empfiehlt es sich, die mit Ihrer Trennung und Scheidung einhergehenden Rechte und Pflichten außergerichtlich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln.
Tipp 3: Nutzen Sie die Vorteile einer Online-Scheidung
Sie können Ihren Rechtsanwalt online beauftragen und Ihre Scheidung als Online-Scheidung in die Wege leiten. So ersparen Sie sich viel an Kosten, Zeit und Nerven.
Bei den Familiengerichten besteht Anwaltszwang. Dies bedeutet, dass Sie Ihren Scheidungsantrag nur über eine/einen in Deutschland zugelassene Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt beim Familiengericht einreichen können. Wollten Sie Ihren Antrag selber einreichen, müsste das Gericht Ihren Antrag als unzulässig zurückweisen.
Gut zu wissen: Ihr Rechtsanwalt muss Sie im mündlichen Scheidungstermin vor dem Familienrichter auch vertreten. Erscheinen Sie ohne Ihren Anwalt, kann der Scheidungsrichter Ihren Scheidungsantrag nicht verhandeln und nichts entscheiden. Die Begleitung Ihres Anwalts ist auch insoweit ratsam, als Sie nicht alleine in einer für Sie wahrscheinlich völlig unbekannten Atmosphäre auftreten müssen und der Anwalt Ihnen einen gewissen emotionalen Halt geben kann.
Die Scheidung mit nur einem Anwalt ist nur bei der einvernehmlichen Scheidung möglich. Einvernehmliche Scheidung bedeutet, dass Sie sich mit Ihrem Ehepartner über die Voraussetzungen Ihrer Scheidung einig sind. Außerdem müssen die mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Rechte und Pflichten unstreitig sein oder Sie haben eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich geregelt.
In diesem Fall genügt es, wenn Sie die Initiative ergreifen und einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen, Ihren Scheidungsantrag beim Sie zuständigen Familiengericht einzureichen. Ihr Ehepartner braucht sich für diesen Fall der einvernehmlichen Scheidung nicht selbst anwaltlich vertreten zu lassen. Es genügt, wenn er oder sie Ihrem Scheidungsantrag zustimmt.
Stimmt Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungsantrag vorbehaltlos zu, so dass Ihre Scheidung einvernehmlich verläuft, benötigt er bzw. sie keinen eigenen Rechtsanwalt. Er braucht gegenüber dem Familiengericht lediglich formlos mitzuteilen, dass er oder sie mit der Scheidung einverstanden ist.
Expertentipp: Ihre Scheidung können Sie auch online als Online-Scheidung in die Wege leiten. Da wir im Zeitalter des Internet leben, liegt es nahe, dass Sie einen Anwalt nicht mehr unbedingt in seiner Kanzlei aufsuchen müssen. Vielmehr ist es möglich, dass Sie von vornherein online mit einem Anwalt korrespondieren. Bei der Online-Scheidung beauftragen Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin online mit Ihrem Scheidungsverfahren. Ihr Rechercheaufwand, den richtigen Anwalt suchen und finden zu müssen, ist wesentlich geringer. Nehmen Sie dann noch einen Scheidungsservice in Anspruch, können Sie sich problemlos und schnell an einen kompetenten und im Ehe- und Scheidungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt vermitteln lassen.
Ihr anwaltlich nicht vertretener Ehepartner kann vor dem Familiengericht nicht verhandeln und keine Anträge stellen. Wollte er über Ihren Scheidungsantrag verhandeln oder irgendwelche Anträge stellen, müsste er sich wegen des Anwaltszwangs anwaltlich vertreten lassen.
Bei der einvernehmlichen Scheidung ist dies aber kein Nachteil. Da Sie sich wegen Ihrer Scheidung einig sind und eventuelle Scheidungsfolgen unstreitig sind oder Sie eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich bereits geregelt haben, gibt es vor Gericht auch nicht zu verhandeln. Der Familienrichter braucht nur über Ihre Scheidung und gegebenenfalls über den Versorgungsausgleich zu beschließen.
Bestreitet Ihr Ehepartner jedoch die Voraussetzungen der Scheidung, indem er oder sie beispielsweise das Trennungsjahr beanstandet oder möchte er eine Scheidungsfolge verhandeln, z.B. das Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind, verläuft Ihre Scheidung nicht mehr als einvernehmliche Scheidung, sondern läuft auf eine streitige Scheidung hinaus. In diesem Fall muss sich Ihr Ehepartner selbst anwaltlich vertreten lassen. Nur über einen eigenen Rechtsanwalt kann der Ehepartner Anträge stellen und vor Gericht verhandeln.
Sie sollten sich nicht der Klischeevorstellung hingeben, dass Sie Ihre Scheidung und alle damit verbundenen Scheidungsfolgen immer und unabdingbar vor dem Familiengericht verhandeln und durch den Familienrichter entscheiden lassen müssten. Vielmehr haben Sie es selbst der Hand, Ihre Scheidung einvernehmlich abzuwickeln und alle mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Rechte und Pflichten im gegenseitigen Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner zu regeln. Dann ist die Scheidung mit nur einem Anwalt möglich. Die Vorteile der einvernehmlichen Scheidung mit nur einem Anwalt liegen auf der Hand.
Lassen Sie sich jedoch streitig scheiden und beantragen die Regelung einer Scheidungsfolge, verursacht jeder Antrag über die Regelung einer Scheidungsfolge einen zusätzlichen Verfahrenswert. Streiten Sie sich beispielsweise über das Umgangsrecht für Ihr Kind, fällt ein zusätzlicher Verfahrenswert von 4000 EUR an. Der dadurch entstehende Gesamtverfahrenswert für Ihr Scheidungsverfahren erhöht sich entsprechend. Sie zahlen nicht nur mehr Gebühren für die Gerichtskasse. Vielmehr berechnet auch Ihr Rechtsanwalt höhere Gebühren. Vor allem muss sich auch Ihr Ehepartner selbst anwaltlich vertreten lassen. Diesen zweiten Rechtsanwalt muss er nach Maßgabe der Verfahrenswerte für Ihr streitiges Scheidungsverfahren selbst bezahlen. Der Gebührenaufwand für Ihr Scheidungsverfahren erhöht sich also erheblich.
Verläuft Ihre Scheidung jedoch streitig, müssen Sie und Ihr Ehepartner zu jedem Schriftsatz des Partners Stellung nehmen. Der dafür erforderliche Zeitaufwand kann enorm sein, zumal Sie Ihre Stellungnahme stets mit Ihrem Anwalt besprechen müssen. Der Anwalt muss das, was Sie sagen, zu Papier bringen und dem Gericht übermitteln. Da vom Gericht für Stellungnahmen meist mindestens zwei bis vier Wochen Frist eingeräumt werden und kaum vorherzusagen ist, wann alle Sachargumente vorgetragen sind, müssen Sie mit einem erheblichen Zeitablauf rechnen, bis der Familienrichter endlich Ihren Scheidungstermin anberaumen kann.
Es gibt im Scheidungsrecht keinen gemeinsamen Rechtsanwalt. Auch wenn Sie sich mit Ihrem Ehepartner über alle Scheidungsfolgen einig sind, stehen Sie sich trotzdem potenziell als Gegner gegenüber. Trotz aller Einigkeit müssen Sie einkalkulieren, dass sich die Gegebenheiten ändern können.
Ungeachtet dessen können Sie durchaus gemeinsam mit Ihrem Ehepartner einen Rechtsanwalt aufsuchen. Allerdings darf Sie der Anwalt nur allgemein über die Voraussetzungen und den Ablauf eines Scheidungsverfahrens informieren. Sobald sich in der Unterredung mit dem Anwalt unterschiedliche Interessen offenbaren und der Ehepartner oder Sie selbst vielleicht abweichende Vorstellungen äußern, muss Sie der Anwalt als potentielle Gegner betrachten.
Insofern muss der Anwalt von vornherein darauf hinweisen, dass er kein Mandat annehmen und ein eventuell bereits übernommenes Mandat sofort niederlegen muss, wenn im gemeinsamen Besprechungstermin unterschiedliche Interessen zutage treten und Ihre gemeinsame Information nicht zum Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung führt. Dann darf der Anwalt wieder Sie noch Ihren Ehepartner im Scheidungsverfahren vertreten.
Diese Checkliste unterstützt Sie Schritt für Schritt bei dem Entwerfen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Sind Sie sich aber vorbehaltlos einig, so dass ein Interessengegensatz faktisch ausgeschlossen erscheint, kann der Anwalt eine Scheidungsfolgenvereinbarung für Sie formulieren. Darin regeln Sie alle mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Rechte und Pflichten. Streng genommen darf der Anwalt den Scheidungsantrag dann allerdings nicht mehr für Sie oder Ihren Ehepartner beim Familiengericht einreichen. Allenfalls dann, wenn Ihr Scheidungsverfahren nur noch eine Formalie darstellt, kann ein Anwalt bereit sein, auch bei Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung für einen Ehepartner den Scheidungsantrag bei Gericht einzureichen, wenn der andere Ehepartner auf eine anwaltliche Vertretung ausdrücklich verzichtet.
Expertentipp: Anwälte sind Interessenvertreter. Schlichter sind Anwälte nur, wenn sie ausdrücklich als Mediatoren auftreten. Sind Sie sich mit Ihrem Ehepartner über alles einig, sollten Sie nicht ohne Absprache zu zweit in der Kanzlei des Anwalts erscheinen. Es ist ratsam, wenn Sie möglichst allein den Kontakt mit dem Anwalt aufnehmen. Nach dem Gespräch mit dem Anwalt können Sie entscheiden, ob Sie Ihren Ehepartner einbeziehen und ein gemeinsames Gespräch in der Kanzlei des Anwalts führen und dabei den Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung ins Auge fassen. Ihr Anwalt kann Sie beraten, was in Ihrem Fall zweckmäßig ist.
Streben Sie die Scheidung mit nur einem Anwalt an, kann sich zur Regelung von Scheidungsfolgen der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung empfehlen. In einer solchen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung regeln Sie alle Rechte und Pflichten, die mit Ihrer Trennung und Scheidung einhergehen.
Sie können in einer solchen Scheidungsvereinbarung im gegenseitigen Einvernehmen alles vereinbaren, was Sie für richtig, fair und angemessen halten. Das Gesetz gibt zwar einen gewissen rechtlichen Rahmen vor, lässt Ehepartnern aber weitreichende Gestaltungsfreiheiten. Mit dem Abschluss einer solchen Scheidungsvereinbarung vermeiden Sie, dass Ihre Scheidung als streitige Scheidung verläuft. Zugleich ermöglichen und bereiten Sie damit den Weg für Ihre einvernehmliche Scheidung.
Eine Scheidungsfolgenvereinbarung empfiehlt sich oft auch aus der Erwägung, dass Sie in einer gerichtlichen Auseinandersetzung im Hinblick auf bestehende gesetzliche Regelungen ohnehin keine oder kaum eine andere Regelung erreichen würden. Abgesehen von dem mit einer streitigen Auseinandersetzung verbundenen Aufwand ist das Ergebnis gerichtlicher Entscheidungen oft nicht wirklich kalkulierbar. Oft entscheidet der Richter einen Streit so, dass Sie das Ergebnis genauso gut erreicht hätten, wenn Sie im Hinblick auf bestehende gesetzliche Regelungen bereit gewesen wären, Kompromisse einzugehen.
Praxisbeispiel: Ihr Ehepartner wünscht ein Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind. Da das Gesetz ein Umgangsrecht ausdrücklich im Interesse des Kindeswohls und des nicht betreuenden Elternteils anerkennt, sollten Sie von vornherein bereit sein, ein solches Umgangsrecht anzuerkennen. Dies gilt umso mehr, als Ihr Ex-Partner an dem Kind interessiert ist und bereit ist, Verantwortung als Elternteil zu tragen. Wenn Sie von dieser gesetzlichen Vorgabe ausgehen, sollte es möglich sein, im gegenseitigen Einvernehmen ein angemessenes Umgangsgerecht praxisgerecht auszugestalten.
Können Sie sich auf den Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung verständigen, sollten Sie auf die notarielle Beurkundung achten. Diese notarielle Beurkundung ist ohnehin vorgegeben, wenn Sie in der Scheidungsfolgenvereinbarung finanzielle Aspekte regeln wollen. Eine Regelung zum Umgangsrecht wäre zwar noch formfrei ohne Notar möglich, während eine Vereinbarung über den Zugewinnausgleich oder den Ehegattenunterhalt nach der Scheidung immer durch den Notar beurkundet werden muss.
Nur die notarielle Form gewährleistet, dass Ihre Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung rechtsverbindlich ist und gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann. Jede andere, nicht notariell beurkundete Vereinbarung steht immer zur Disposition des Partners. Als Alternative kann sich anbieten, dass Sie Ihre Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung noch im mündlichen Scheidungstermin durch den Familienrichter protokollieren lassen. Auch dann wird die Vereinbarung rechtsverbindlich.
Die Scheidung mit nur einem Anwalt ist möglich. Voraussetzung ist, dass Ihre Scheidung einvernehmlich erfolgt und Sie eventuell regelungsbedürftige Scheidungsfolgen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln können. Gelingt es, Ihre Scheidung einvernehmlich mit nur einem Anwalt abzuwickeln, schaffen Sie die Voraussetzungen, Ihre eheliche Vergangenheit möglichst schnell hinter sich zu lassen und Ihre Kraft in den Aufbau einer neuen Lebensperspektive zu investieren.
Geschrieben von: Volker Beeden