Beschäftigen Sie sich mit dem Gedanken, sich von Ihrem Ehegatten trennen und scheiden lassen zu wollen, brauchen Sie sich wegen der Scheidungskosten keine allzu großen Sorgen zu machen, wenn Sie nur ein geringes oder gar kein eigenes Einkommen haben. In diesem Fall hilft der Staat mit Verfahrenskostenhilfe. Es handelt sich dabei um eine staatliche Fürsorgeleistung, bei der der Staat die Gebühren für das zuständige Familiengericht und den Anwalt für Sie übernimmt oder zumindest verauslagt.
Tipp 1: Antrag auf VKH für Scheidungsverfahren
Nutzen Sie die Möglichkeit, staatliche Finanzierungshilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen. Sie können Ihren Scheidungsantrag auch davon abhängig machen, dass Ihnen VKH gewährt wird, um zu vermeiden, dass Sie ohne Hilfe dastehen.
Tipp 2: Freibeträge nutzen
Ihnen stehen bestimmte Freibeträge zu, die bei den Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht einbezogen werden. Informieren Sie sich, welche dies sind und wie Ihre Chancen stehen.
Tipp 3: Verfahrenskostenvorschuss hat Vorrang
Bevor Sie sich an den Staat wenden, müssen Sie von Ihrem Ehepartner Verfahrenskostenvorschuss in Anspruch nehmen, um die Staatskasse zu entlasten.
Da die Scheidung nur durch einen Familienrichter am örtlichen Amtsgericht ausgesprochen und der Scheidungsantrag aufgrund des Anwaltszwangs nur durch einen zugelassenen Rechtsanwalt beim zuständigen Gericht eingereicht und im mündlichen Scheidungstermin verhandelt werden darf, fallen Gebühren an. Sie zahlen also Gerichtsgebühren und Anwaltshonorar. Mit der Ehe sind Sie Verpflichtungen eingegangen, haben gegenseitig Verantwortung füreinander übernommen und Ihr Leben aufeinander abgestellt. Es muss dann gewährleistet werden, dass Ihre Trennung und Scheidung in geordneten Bahnen verläuft. Der dafür maßgebliche Aufwand verursacht Kosten.
Expertentipp: Auch wenn Sie Ihre Scheidung online einreichen und bei Ihren Scheidungskosten sparen, können Sie Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen.
Geld hat niemanden reich gemacht.
Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Fürsorgeleistung, falls Ihr Einkommen so gering ist, dass Sie das für Ihre Scheidung notwendige Verfahren nicht selbst bezahlen können oder sich mit dem Kostenaufwand übermäßig belastet würden. Diese müssen Sie extra beantragen. Am besten ist es, wenn Sie den Antrag in Verbindung mit Ihrem Scheidungsantrag bei Gericht stellen. Sie müssen dafür das vom Gericht vorgegebene Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe“ verwenden. Sie erhalten dieses Formular bei Gericht oder bei Ihrem Anwalt.
Gut zu Wissen: Handelt es sich um Verfahren außerhalb des Familienrechtes, so spricht man nicht von einem Verfahren, sondern von einem Prozess. In diesem Fall würde man sich auch um Prozesskostenhilfe (PKH) bemühen. Der Antragsteller würde dann dann statt eines VKH-Antrages einen PKH-Antrag ausfüllen.
Wer ein geringes Einkommen hat, Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bezieht, kann VKH in Anspruch nehmen. Das müssen Sie beachten!
Scheidungsfolgenvereinbarung
Wird Verfahrenskostenhilfe beantragt, verursacht dies eine gewisse Verzögerung des Scheidungsverfahrens. Schließlich muss Ihr Antrag vom Gericht überprüft werden. Rechnen Sie mit einem bis drei Monaten. Gegebenenfalls müssen Sie Unterlagen nachreichen. Ärgerlich wäre, wenn der Antrag abgelehnt würde, weil Sie Ihre Bedürftigkeit nicht nachweisen konnten. Ihr Scheidungsservice kann Sie vorab beraten, inwiefern Sie hinreichende Erfolgsaussichten haben. Sie können Ihren Scheidungsantrag davon abhängig machen, ob Ihnen tatsächlich Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird. Sie können dann immer noch frei entscheiden, ob Sie die Scheidung durchführen oder lieber noch warten wollen. Es kann aber auch sein, dass Ihr Ehepartner den Scheidungsantrag stellt und dann seinerseits die dafür notwendigen Kosten für Ihr gerichtliches Verfahren bezahlt. Sofern Sie die Scheidung einvernehmlich durchführen, brauchen Sie dann selbst keinen eigenen Anwalt zu beauftragen. Es genügt, wenn Sie dem Scheidungsantrag Ihres Ehegatten zustimmen. Eventuelle Scheidungsfolgen können Sie einvernehmlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln.
In Abhängigkeit von Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen wird das Gericht Verfahrenskostenhilfe mit oder ohne Ratenzahlung bewilligen. Liegt Ihr Einkommen unter bestimmten Grenzwerten, erhalten Sie Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung. Somit haben sie eine kostenlose Scheidung betrieben. Verfügen Sie über ein gewisses Einkommen innerhalb bestimmter Grenzen, erhalten Sie Verfahrenskostenhilfe mit Ratenzahlung. In diesem Fall verauslagt der Staat die Gebühren für Gericht und Anwalt. Die verauslagten Beträge müssen Sie dann in 48 Monatsraten an die Gerichtskasse erstatten. Beziehen Sie Arbeitslosengeld oder Hartz IV-Leistungen, bekommen Sie in aller Regel problemlos Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Unabwendbare und anerkennungsfähige Zahlungsverpflichtungen mindern Ihr Einkommen zusätzlich und erhöhen Ihre Chancen. Dies führt dazu, dass Ihr Antrag auch bei einem relativ hohen Einkommen bewilligt werden kann, wenn Sie mit hohen Verbindlichkeiten belastet sind, da Sie bspw. die Kreditraten für Ihre gemeinsam genutzte Ehewohnung bedienen oder Unterhaltsleistungen für Ihren Ehepartner oder Ihre Kinder aufbringen müssen.
Um die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie Ihre Bedürftigkeit nachweisen. Bemessungsgrundlage sind Ihr Einkommen und Vermögen. Ausgehend von Ihrem Bruttoeinkommen wird auf das verfügbare Nettoeinkommen abgestellt, von dem noch weitere Verbindlichkeiten wie Miete, Kapitaldienst für die eheliche Wohnung, Nebenkosten, Werbungskosten und besondere Belastungen abgezogen werden können. Zusätzlich kommen Freibeträge und Schonvermögen in Betracht.
Von Ihrem Einkommen dürfen Sie Freibeträge abziehen (Prozesskostenhilfebekanntmachung zu § 115 ZPO):
Besitzen Sie Vermögenswerte, müssen Sie Ihr verwertbares Vermögen einsetzen, um die Scheidung zu finanzieren (Details regelt § 90 SGB XII). Sie brauchen sich aber nicht komplett zu verausgaben. Das Gesetz gewährt Ihnen ein Schonvermögen von 5.000 EUR. Haben Sie also bspw. bis zu 5.000 EUR auf dem Sparbuch, brauchen Sie dieses Geld nicht für die Scheidungskosten einzusetzen. Zahlen Sie Unterhalt, erhöht sich der Betrag um jeweils weitere 500 EUR. Luxuriöse Vermögenswerte müssen Sie in aller Regel jedoch verwerten und verkaufen. Insbesondere Ihre Wohnverhältnisse müssen im Hinblick auf den Wohnbedarf angemessen sein.
Bei der Beantragung müssen Sie sich dazu äußern, ob Ihnen möglicherweise ein Verfahrenskostenvorschuss gegen Ihren Ehegatten zusteht. Soweit Ihnen Ihr Ehepartner unterhaltspflichtig und dieser auch leistungsfähig ist, ist er nämlich verpflichtet, Ihnen die Scheidungskosten zu finanzieren. Notfalls müssen Sie eine Klage einreichen und ihren Ehepartner auf Zahlung verklagen. Um all diese Aspekte abzuklären, können Sie bei geringem Einkommen auch staatliche Beratungshilfe in Anspruch nehmen. Sie erhalten unter Vorlage Ihrer Einkommensbelege bei Ihrem örtlichen Amtsgericht einen Beratungshilfeschein, mit dem Sie bei einem Anwalt Ihrer Wahl vorsprechen. Der Anwalt berechnet Ihnen einen Eigenanteil von 15 EUR. Im Übrigen zahlt der Staat das Anwaltshonorar. Sollten Sie rechtsschutzversichert sein, müssen Sie davon ausgehen, dass Ihre Rechtsschutzversicherung nur die Erstberatung bei einem Anwalt bezahlt, die Scheidungskosten selbst aber nicht übernimmt.
Scheidungen kosten Geld. Ihre Scheidung scheitert aber nicht daran, dass Sie sie aufgrund Ihrer finanziellen Situation nicht bezahlen können. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, den Kostenaufwand zu bewältigen.
Geschrieben von: Volker Beeden