Der Wunsch nach vertraglicher Regelung Ihrer Ehe und für den Fall der Scheidung ist kein Zeichen von Misstrauen, sondern vielmehr die Chance auf Absicherung. Womöglich fragen Sie sich, ob der Partner schon an die Trennung denkt oder Sie doch nicht so liebt, dass er Ihnen blindlings vertraut. Dabei bietet ein Ehevertrag für beide Seiten die Möglichkeit, wichtige Fragen rechtlich bindend zu klären. In diesem Ratgeber zeigen wir auf, worauf es ankommt, sodass Sie eine Antwort auf die Frage "Ehevertrag - ja oder nein?" finden können.
Tipp 1: Gestaltungsmöglichkeiten nutzen
In Ihrem Ehevertrag können Sie den Güterstand und viele weitere Regelungen vereinbaren, die für Ihre Ehe wichtig sind. Dabei sind Sie in der Gestaltung relativ frei.
Tipp 2: Ehe- und Erbvertrag kombinieren
Sie können Ihren Ehevertrag mit einem Erbvertrag kombinieren, um als Ehepaar Ihren letzten Willen festzuhalten.
Tipp 3: Individuelle Beratung
Bevor Sie einen Ehevertrag schließen, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, denn die Notarin bzw. der Notar berät nicht bzgl. individueller Interessen.
In einem Ehevertrag regeln Sie auf individuelle Art und Weise Ihre güterrechtlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse in Ihrer Ehe und für den Fall Ihrer Scheidung. Sie verlassen sich also nicht mehr allein darauf, was das Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgibt. Sie weichen vielmehr von den gesetzlichen Regelungen im zulässigen Rahmen ab und passen diese an Ihre Bedürfnisse an.
Sie können einen Ehevertrag jederzeit abschließen, also sowohl vor Ihrer Ehe im Hinblick auf die anstehende Heirat, während Ihrer Ehe und nicht zuletzt im Hinblick auf eine bevorstehende Scheidung. Möchten Sie wegen der anstehenden Scheidung deren Folgen regeln, wird der Ehevertrag als Scheidungsfolgenvereinbarung bezeichnet.
Vielleicht ist es Ihnen nicht bewusst: Aber Ihre Eheschließung begründet ein vertragsrechtliches Verhältnis. Sie verpflichten sich zur ehelichen Lebensgemeinschaft und füreinander einzustehen. Ihre Heirat hat also erhebliche wirtschaftliche und persönliche Konsequenzen, die sich insbesondere dann offenbaren, wenn Sie sich trennen und scheiden lassen. Denkt ein Ehepartner an einen Ehevertrag, zeugt dies gerade nicht von Misstrauen. Wenn Sie sich gegenseitig vertrauen, werden Sie trotz aller damit verbundenen Vorbehalte hoffentlich auch darüber sprechen können, was denn geschehen soll, wenn Ihre Ehe scheitert.
Gut zu wissen: Verstehen Sie den Abschluss eines Ehevertrages wie einen Versicherungsvertrag. Sie versichern sich für den Fall, dass Ihre Ehe scheitert. Diese Vereinbarung sollte (soweit er sachlich notwendig sein sollte) daher genauso selbstverständlich sein, wie Sie sich für den Fall versichern, dass Sie krank werden oder der Blitz einschlägt und Ihr Haus abbrennt.
Heiraten Sie, leben Sie von Gesetzes wegen im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Kommt es tatsächlich zur Scheidung, wird Ihr beiderseitiger Vermögenszuwachs während Ihrer Ehe durch den Zugewinnausgleich ausgeglichen. Möchten Sie dies vermeiden, können Sie in einem Ehevertrag stattdessen Gütertrennung vereinbaren und damit die Zugewinngemeinschaft ausschließen. Es findet dann kein Vermögensausgleich statt. Alternativ können Sie den gesetzlichen Standardfall der Zugewinngemeinschaft auch nach Ihren Vorstellungen anpassen. Dann spricht man von der modifizierten Zugewinngemeinschaft.
Ehepartner schließen oft Eheverträge in dem Glauben, sie könnten damit die Haftung und die Verantwortung für die Verbindlichkeiten des anderen ausschließen. Tatsache ist aber, dass die Vermögen beider Ehepartner auch bei der Zugewinngemeinschaft stets getrennt bleiben. Leben Sie also im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, haften Sie nicht aufgrund des Güterstandes mit Ihrem Vermögen für bestehende oder künftige Verbindlichkeiten Ihres Partners. Ihre Haftung begründet sich nur dann, wenn Sie ausdrücklich dafür vertraglich die Verantwortung übernehmen, indem Sie beispielsweise den Kreditvertrag für die Finanzierung Ihres gemeinsamen Wohnhauses unterschreiben. Insoweit besteht allein kein Grund, Gütertrennung zu vereinbaren.
Expertentipp: Auch wenn Sie eine Erbschaft erwarten oder mit einem Lottogewinn rechnen, besteht kein Anlass, einen Ehevertrag abzuschließen. Erbschaften, Lottogewinne und Schenkungen werden nicht als Zugewinn ausgeglichen. Die Beträge werden formal Ihrem Anfangsvermögen hinzugerechnet, so dass sich kein Vermögenszuwachs in der Ehe ergibt.
Als typische Lebenssituationen kommen in Betracht:
Verdienen Sie in etwa gleich und haben keinen Kinderwunsch, sind Sie auf den im Fall der Scheidung durchzuführenden Versorgungsausgleich oder Zugewinnausgleich nicht unbedingt angewiesen. Sie erleiden durch Ihre Heirat keine beruflichen Nachteile und sorgen vor, dass Sie im Fall einer Scheidung ohne finanzielle Ansprüche auseinandergehen.
Verfügt ein Ehepartner über wesentlich höhere Vermögenswerte als der andere, kann es sinnvoll sein, in einer solchen „Diskrepanz-Ehe“ den Zugewinnausgleich auszuschließen. Sie schaffen damit eine Vertrauensbasis, indem verhindert wird, dass der eine den anderen nur heiratet, um im Fall der Scheidung gut versorgt zu sein.
Sie heiraten im betagten Alter und bringen Ihre individuellen Lebensverhältnisse in die neue Ehe ein. Sie möchten daran möglichst nichts verändern und sicherstellen, dass auch im Fall einer Scheidung keine gegenseitigen Ansprüche erhoben werden.
Meist werden Eheverträge in Unternehmerehen abgeschlossen. Dabei geht es darum, dass der Unternehmer im Fall der Scheidung nicht Teile oder den Betrieb insgesamt verkaufen muss, um den Zugewinnausgleich zu ermöglichen. Meist wird ein Ehevertrag mit einem Erbvertrag verbunden, der die Erben des verstorbenen Unternehmers davor bewahren soll, das Unternehmen zum Ausgleich der Erbansprüche liquidieren zu müssen.
Haben Sie unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, können Sie ehevertraglich regeln, welches Recht im Fall Ihrer Scheidung maßgeblich sein soll. Sie vermeiden damit, dass Sie nach dem vielleicht unliebsamen Recht Ihres Aufenthaltslandes geschieden werden.
Leben Sie im Ausland, werden Sie im Regelfall nach dem Recht des Aufnahmelandes geschieden. Sind Sie mit den dann maßgeblichen Regelungen des ausländischen Rechts im Scheidungsfall nicht einverstanden, können Sie ehevertraglich vereinbaren, dass Ihre Scheidung nach deutschem Scheidungsrecht abgewickelt werden soll.
Eheverträge lassen sich, da sie vertraglich verpflichtend sind, nicht widerrufen. Sie können einen Ehevertrag allenfalls im gegenseitigen Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner abändern und neugestalten. Dies bietet sich dann an, wenn sich Ihre Interessen verändern und neue Absprachen notwendig erscheinen. Es gibt in der Praxis immer wieder Eheverträge, die sich im Hinblick auf die Lebensverhältnisse als unwirksam erweisen. Typischer Fall ist, dass sich die familiäre Situation völlig anders entwickelt hat, als Sie es erwartet hatten.
Praxisbeispiel: Sie sind bei Abschluss eines Ehevertrages beide berufstätig und wünschen keine Kinder. Als sich Nachwuchs einstellt, bleiben Sie zu Hause, betreuen das Kind und führen den Haushalt. Ihren Beruf geben Sie auf. Sofern Sie ehevertraglich einen Unterhaltsverzicht vereinbart haben sollten, wären Sie im Fall der Scheidung unangemessen benachteiligt. Da sich Ihre Verhältnisse grundlegend geändert haben, sollten Sie den Vertrag anpassen. Andernfalls ist damit zu rechnen, dass sich der Vertrag als unwirksam erweisen könnte.
Eheverträge müssen Sie bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Eheleute notariell beurkunden. Ein einfacher schriftlicher Vertrag oder eine mündliche Absprache bleiben belanglos.
Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.
Soll Ihr Ehevertrag notariell beurkundet werden, können Sie sich vertreten lassen. Auch die Vertretung durch Ihren Ehepartner wäre möglich. Sie brauchen diese Vollmacht nicht selbst notariell zu beurkunden.
Expertentipp: Sie sollten sich bei der Beurkundung nicht vertreten lassen. Es ist dringend anzuraten, dass Sie persönlich beim Notar erscheinen. Die notarielle Beurkundung hat nämlich gerade den Zweck, Sie vor übereilten Vertragsabschlüssen zu bewahren und Ihnen die Möglichkeit zu geben, sich durch den Notar belehren zu lassen. Sie wissen letztlich nicht, was Ihr Ehepartner beurkundet. Sie müssen damit rechnen, dass der Ehevertrag eine Klausel enthält, mit der Sie bei genauerer Betrachtung vielleicht nicht einverstanden sind. Im Regelfall werden Notare also aus gutem Grund darauf bestehen, dass Sie bei der Beurkundung persönlich anwesend sind.
Sie dürfen den Abschluss eines Ehevertrages nicht als bloße Formalie betrachten. Ob sein Inhalt Ihren Interessen entspricht, erkennen Sie regelmäßig erst dann, wenn es darauf ankommt. Dann ist es meist zu spät, irgendetwas daran zu ändern. Sie sollten also sehr wohl darauf bedacht sein, auch in der Ehe Ihre Interessen wahrzunehmen und sich vor Abschluss eines Ehevertrages rechtlich beraten zu lassen. Dann sind Sie auf der sicheren Seite.
Wenn Sie den Ehevertrag notariell beurkunden, wird Sie der Notar informieren und belehren. Sie können sich natürlich auch anwaltlich beraten und den von einem Anwalt angefertigten Vertragsentwurf sodann von einem Notar Ihrer Wahl beurkunden lassen.
Gut zu wissen:Notare müssen unparteiisch sein. Sie dürfen nicht die Interessen eines Ehepartners vertreten. Sie dürfen die Eheleute also nur relativ pauschal informieren und nichts beurkunden, was auf eine einseitige Interessenwahrnehmung eines Ehepartners hinauslaufen würde. In der Praxis bedeutet dies, dass Sie möglichst einen Rechtsanwalt konsultieren sollten, der einen Ehevertrag im Hinblick auf Ihre individuelle Situation entwirftund mit Ihrem Ehepartner verhandelt. Gleiches gilt natürlich umgekehrt, wenn Ihr Ehepartner sich anwaltlich beraten lässt und Ihnen den Entwurf eines solchen Ehevertrages vorlegt. Möchten Sie keinen Ehevertrag von der Stange beurkunden, ist eine individuelle rechtliche Beratung unumgänglich. Dies gilt umso mehr, als Ihre vermögensrechtliche und berufliche Situation von den allgemeinen Maßstäben abweicht und individuell ehevertraglich erfasst und beurteilt werden muss.
Der Notar erhält für die Beurkundung eines Ehevertrages eine Gebühr. Die Gebühr richtet sich nach dem Geschäftswert, also danach, was der Vertrag für Sie einen Wert hat. Der Geschäftswert berechnet sich nach Ihrem gemeinsamen Vermögen. Verbindlichkeiten mindern Ihr Vermögen. Enthält der Vertrag auch eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, sind auch Ihre Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen. Meist wird der Regelwert von 3.000 EUR angesetzt.
Vermögen | Gebühren |
---|---|
25.000 EUR | 230 EUR |
50.000 EUR | 330 EUR |
100.000 EUR | 546 EUR |
Diese Gebührenangaben beziehen sich auf den Fall, dass Sie den Zugewinnausgleich ausschließen und Gütertrennung ohne Zusatzabsprachen vereinbaren. Gehen Sie davon aus, dass jede zusätzliche Vereinbarung den Gebührenwert erhöht. Lassen Sie sich vorab anwaltlich beraten, kommt das Honorar für den Anwalt hinzu. Anwälte berechnen in Abhängigkeit von ihrem Zeitaufwand meist Stundensätze. Sie sollten mit etwa 70 - 150 EUR je Beratungsstunde kalkulieren.
Die Frage, ob sich der Abschluss eines Ehevertrages im Hinblick auf die Heirat empfiehlt oder als verzichtbar erscheint, lässt sich pauschal nicht beantworten. Es kommt immer auf Ihre individuellen Gegebenheiten an. Um diese angemessen zu beurteilen, sollten Sie sich unbedingt rechtlich beraten lassen. Keinesfalls sollten Sie einen von Ihrem Ehepartner vorgelegten Entwurf eines Ehevertrages ohne juristische Begleitung und schon gar nicht blind akzeptieren. Auch hier gilt die Lebensweisheit: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“.
Geschrieben von: Volker Beeden