Beim Kindesunterhalt sind Barunterhalt und Betreuungsunterhalt zu unterscheiden. Beides sind gleichwertige Unterhaltsleistungen. Sie leisten Betreuungsunterhalt, wenn Sie Ihr Kind in Ihrem Haushalt betreuen. Derjenige Elternteil, der das Kind nicht im Haushalt betreut, leistet Barunterhalt. Wir erklären, was Sie dazu wissen sollten.
Tipp 1: Vereinfachtes Unterhaltsverfahren
Kindesunterhalt lässt sich im vereinfachten Unterhaltsverfahren bei Gericht relativ komplikationslos und zügig festsetzen
Tipp 2: Barunterhaltspflicht in Jugendamtsurkunde anerkennen
Um Streit zu verhindern oder um die eigene Unterhaltspflicht klarzustellen, ist es möglich, gegenüber Ihrem örtlichen Jugendamt die Barunterhaltspflicht in einer Jugendamtsurkunde anzuerkennen.
Tipp 3: Mehr als zwei Unterhaltsberechtigte
Lesen Sie die Düsseldorfer Tabelle genau, nach der sich der Barunterhalt berechnet. Bei mehr als zwei Unterhaltsberechtigten kommt eine Einordnung in eine niedrigere Einkommensstufe in Betracht.
Als Elternteil stehen Sie in der Verantwortung für Ihr Kind. Ihr Kind hat Anspruch darauf, dass Sie es betreuen und/oder wirtschaftlich unterstützen. Schließlich sind Sie mit Ihrem Kind verwandt und deshalb unterhaltspflichtig. Solange Ihr Kind minderjährig ist oder bis zum 21. Lebensjahr in der Schul- oder Berufsausbildung als privilegiertes Kind einem minderjährigen Kind gleichsteht, gilt es als bedürftig und ist deshalb unterhaltsberechtigt.
Während Ihrer Ehe haben Sie als Elternteil gleichermaßen zum Unterhalt Ihres Kindes beigetragen. Sie haben es versorgt, betreut und unterhalten. Trennen Sie sich, müssen Sie klären, wer das Kind künftig betreut. Da Sie nach der Trennung zwei eigenständige Haushalte führen, müssen Sie sich entscheiden, in welchem Ihrer Haushalte Ihr gemeinsames Kind künftig betreut wird. Ihre auch nach der Trennung und Scheidung fortbestehende Unterhaltspflicht gliedert sich jetzt in Betreuungsunterhalt und Barunterhalt auf.
Wie wird der Kindesunterhalt berechnet? Erfahren Sie, was Sie beim Kindesunterhalt beachten müssen.
Ab dem Zeitpunkt Ihrer Trennung betreuen Sie Ihr Kind in Ihrem Haushalt. Sie leisten jetzt Betreuungsunterhalt. Der Begriff rechtfertigt sich daraus, dass Sie Ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind allein dadurch erfüllen, dass Sie es in Ihrem Haushalt betreuen, versorgen und unterhalten. Sie brauchen Ihrem Kind allenfalls noch ein angemessenes Taschengeld in bar zur Verfügung zu stellen, über das es nach eigenem Ermessen verfügen kann. Ihr Betreuungsunterhalt steht dem Kindesunterhalt, den der nicht betreuende Elternteil in Form von Bargeld leistet, rechtlich absolut gleich.
Besteht die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung und Scheidung fort, vertritt derjenige Elternteil das Kind, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Der Begriff der Obhut knüpft an die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse an. Sie betreuen das Kind also dann in Ihrer Obhut, wenn der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung in Ihrem Haushalt liegt und Sie die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes (Pflege, Verköstigung, Kleidung, Tagesablauf, ständig abrufbereite emotionale Zuwendung) vorrangig befriedigen und sicherstellen. Daran ändert sich auch nichts, wenn Ihr Kind den anderen Elternteil regelmäßig in Wahrnehmung des Umgangsrechts besucht und sich in dessen Wohnung längere Zeit aufhält.
Verweigert der unterhaltspflichtige Elternteil die Zahlung von Barunterhalt und sind Sie dringend auf Liquidität angewiesen, können Sie in einem sogenannten vereinfachten Unterhaltsverfahren relativ schnell den Unterhalt vom Familiengericht festsetzen lassen. Das Unterhaltsverfahren gilt insoweit als „vereinfachtes Verfahren“, weil der unterhaltspflichtige Elternteil anhand eines vorgegebenen Vordrucks Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilen muss und seine Unterhaltspflicht nicht oder nur sehr eingeschränkt bestreiten kann. Sie können das vereinfachte Verfahren direkt mündlich beim zuständigen Rechtspfleger Ihres örtlichen Amtsgerichts beantragen oder selbst das dafür vorgesehene Formular verwenden und bei Gericht einreichen. Da der Unterhalt aber nicht einfach zu beurteilen ist, empfiehlt es sich in aller Regel, dass Sie einen kompetenten Rechtsanwalt bzw. eine kompetente Rechtsanwältin beiziehen, um den Unterhalt gegenüber dem anderen Elternteil direkt und notfalls gerichtlich geltend zu machen.
Betreuen Sie Ihr Kind nach der Trennung nicht in Ihrem eigenen Haushalt und überlassen die Betreuung dem anderen Elternteil, erfüllen Sie Ihre Unterhaltspflicht dadurch, dass Sie dem betreuenden Elternteil Bargeld zur Verfügung stellen. Sie leisten den Kindesunterhalt also in Form von Barunterhalt.
Sie können Ihren Barunterhalt nicht mit dem Argument kürzen, der andere Elternteil betreue das Kind und habe selbst geringere finanzielle Aufwendungen. Ihr Barunterhalt bemisst sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Die Tabelle stellt den Lebensbedarf des Kindes pauschal in Form bestimmter Unterhaltsbeträge fest. Die Betreuungsleistungen des anderen Elternteils stehen Ihrem Barunterhalt rechtlich absolut gleich.
Beachten Sie, dass Sie den Barunterhalt stets in Form von Bargeld leisten müssen. Sie können Ihre Zahlungen nicht mit irgendwelchen Naturalleistungen verrechnen. Auch Ihre Versorgungsleistungen, die Sie vielleicht im Zusammenhang mit Ihrem Umgangsrecht erbringen, rechtfertigen es nicht, dass Sie den Barunterhalt kürzen. Sie sind und bleiben verpflichtet, Ihrem Kind den vollen Betrag des Barunterhalts, der ihm nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle zusteht, zur Verfügung zu stellen. Daran ändert auch nichts, dass Sie das Bargeld Ihrem Ex-Partner bzw. Ihrer Ex-Partnerin überlassen. Der Kindesunterhalt ist schließlich Ausgleich dafür, dass der Elternteil, der das Kind in seinem Haushalt betreut, selbst finanzielle Aufwendungen hat, um das Kind zu versorgen und zu unterhalten.
Ein barunterhaltspflichtiger Elternteil kürzte den Unterhalt. Er begründete die Kürzung damit, dass er seine Kinder in ganz erheblichen Umfang betreue. Aufgrund dieses hohen Betreuungsanteils sei es nicht möglich, eine Vollzeittätigkeit auszuüben. Das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 11. Dezember 2015, Az. 13 UF 164/15) stellte fest, dass der Elternteil uneingeschränkt unterhaltspflichtig bleibe. Reduziere er aufgrund seiner umfangreichen Betreuungsleistungen seine Erwerbstätigkeit, seien ihm theoretisch erzielbare (fiktive) Einkünfte bis zum Mindestunterhalt anzurechnen. Allenfalls komme eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle in Betracht. Als Vater zweier minderjähriger Kinder treffe ihn jedenfalls eine gesteigerte Erwerbspflicht. Ein erweiterter Umgang mit den Kindern ändere daran nichts.
Auch das OLG Brandenburg (Beschluss vom 4.9.2019, Az. 13 UF 77/19) stellte klar, dass Elternteile ihre Leistungsfähigkeit für den Kindesunterhalt voll ausschöpfen müssen. Sie können sich nicht mit dem Argument verweigern, dass ihr Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht ausreiche. Vielmehr müsse sich der Elternteil um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten bemühen. Einem gelernten Kfz-Mechatroniker seien Nebenjobs und andere Tätigkeiten mit bis zu 48 Wochenstunden zuzumuten.
Expertentipp: Möchten Sie Streitigkeiten vermeiden oder Ihre Unterhaltspflicht klarstellen, kann sich empfehlen, dass Sie Ihre Barunterhaltspflicht in einer Jugendamtsurkunde gegenüber Ihrem örtlichen Jugendamt anerkennen. Die Urkunde wird gebührenfrei erstellt.
Verdient der betreuende Elternteil eigenes Geld, ändert dies nichts an Ihrer Barunterhaltspflicht gegenüber Ihrem Kind. Nur im Ausnahmefall kann auch der betreuende Elternteil verpflichtet werden, zum Barunterhalt des Kindes beizutragen. Voraussetzung ist, dass der betreuende Elternteil um ein 50 % höheres Einkommen verfügt als Sie selbst. In diesem Fall kann er verpflichtet sein, neben der Betreuung des Kindes auch Barunterhalt zu leisten (BGH Urteil vom 4.5.2011, Az. XII ZR 70/09).
In diesem Fall ist dem betreuenden Elternteil eine Beteiligung am Barunterhalt zuzumuten. Umgekehrt rechtfertigt es dessen höherer Verdienst, Ihren Selbstbehalt als unterhaltspflichtiger Elternteil über den notwendigen Selbstbehalt (1.200/1.450 EUR) hinaus auf einen im individuellen Fall angemessenen Selbstbehalt heraufzusetzen.
Möchten Sie den Barunterhalt berechnen, hilft ein Blick in die sogenannte Düsseldorfer Tabelle. Die Tabelle ist eine Orientierungshilfe zur Bemessung des Barunterhalts, die von allen deutschen Familiengerichten einheitlich angewandt wird. Die Tabelle wird regelmäßig aktualisiert. Auch wenn die Tabelle keine Gesetzeskraft hat, ist sie weitgehend anerkannt. Die Beträge beruhen darauf, dass das Bundesministerium für Justiz den Kindesunterhalt auf der Grundlage des aktuellen Existenzminimumberichts der Bundesregierung regelmäßig neu bestimmt.
Gut zu wissen:
Sie brauchen rückwirkend und für die Vergangenheit nur noch Barunterhalt zu zahlen, wenn der betreuende Elternteil Sie in Verzug gesetzt hat. Sie geraten im Regelfall dann in Verzug, wenn Sie aufgefordert werden, Auskunft über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie in der Zahlungspflicht und damit auch in Verzug, wenn Sie nicht sofort zahlen. Verzug begründet sich auch dann, wenn Sie aufgefordert werden, ab einem bestimmten Zeitpunkt und unter Fristsetzung einen konkret bezifferten Geldbetrag zu zahlen. Letztlich begründet auch die Unterhaltsklage Verzug.
Grund dafür, dass Sie rückwirkend Unterhalt nur bei Verzug zahlen müssen, ist, dass der Unterhalt den aktuellen Lebensbedarf Ihres Kindes abdecken soll. Rückwirkender Unterhalt erfüllt diese Funktion nicht mehr.
Betreuen Sie Ihr Kind abwechselnd im echten Wechselmodell, gibt es keinen allein betreuenden Elternteil mehr. Sie betreuen Ihr Kind nunmehr gemeinsam, wenn auch abwechselnd. Aber auch dadurch, dass Sie gleichberechtigt Betreuungsunterhalt erbringen, werden Sie von Ihrer Barunterhaltspflicht nicht befreit. Vor allem dann, wenn Sie unterschiedlich viel verdienen, kann es nicht sein, dass Sie sich allein durch die Betreuung des Kindes Ihrer Barunterhaltspflicht entledigen. Daher schulden beide Elternteile in Abhängigkeit ihrer Einkommensverhältnisse Barunterhalt. Derjenige Elternteil, der mehr verdient, leistet einen höheren Anteil am Barunterhalt, wer weniger verdient, weniger.
Ihr Kind hat Anspruch darauf, dass es angemessen unterhalten wird und sich gedeihlich entwickeln kann. Mit Ihrer finanziellen Unterstützung und der Zahlung von Barunterhalt leisten Sie nach Ihrer Trennung und Scheidung dazu einen erheblichen Beitrag. Betrachten Sie den Kindesunterhalt daher also nicht ausschließlich als Unterstützungsleistung Ihres vielleicht unliebsamen Ex-Partners bzw. Ihrer Ex-Partnerin.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion