Spätestens mit der Trennung offenbart sich, dass eine Ehe mehr ist als eine emotionale Beziehung. Ehe ist eine rechtliche Institution. Alles, was damit zusammenhängt, hat auch irgendeine rechtliche Bedeutung. Wenn Sie die Grundsätze des Ehe- und Scheidungsrechts kennen, sind Sie im Vorteil. Sie treffen Ihre Entscheidungen sachlicher und zuverlässiger. Handeln Sie in Unkenntnis dessen, was das Ehe- und Scheidungsrecht vorgibt, riskieren Sie, dass Ihre vielleicht brüchig gewordene Ehe erst recht in ein emotionales und juristisches Nichts führt. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Aspekte, die für Ehe, Trennung und Scheidung wichtig sind. Trennungsfragen stehen natürlich im Mittelpunkt.
Tipp 1: Liegt ein Aufhebungsgrund vor?
Soweit das Gesetz einen Aufhebungsgrund bestimmt, braucht Ihre Ehe nicht geschieden, sondern kann aufgehoben werden. Als Fälle kommen Bigamie, Zwangsehen, Kinderehen und die Heirat unter Blutsverwandten in Betracht.
Tipp 2: Informieren Sie sich über die Voraussetzungen der Scheidung
Steht die Scheidung an, müssen Sie wissen, unter welchen Voraussetzungen Sie die Scheidung betreiben können, wann Sie vorzeitig vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden oder die Scheidung aufgrund Ihrer Lebensumstände verzögern können.
Tipp 3: Zielen Sie auf eine einvernehmliche Scheidung ab
Im Idealfall verständigen Sie sich auf die einvernehmliche Scheidung und regeln eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich und kostengünstig in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Sie vermeiden damit den Rosenkrieg, der meist eine kostenträchtige, zeitaufwendige und nervenstrapazierende streitige Scheidung provoziert.
Menschliches Zusammenleben braucht Ordnung. Ohne Ordnung herrscht Chaos. Auch in der Ehe ist das nicht anders. Selbst wenn Sie unverheiratet zusammenleben, muss es Regeln geben, die Ihre Beziehung ordnen. Erst recht muss das so sein, wenn Sie heiraten und Ihrer Beziehung rechtlich eine Form geben.
Praxisbeispiel: Sie sind total verliebt und kaufen sich gemeinsam ein Haus. Sie werden allein als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Ihr Partner, der nicht ins Grundbuch eingetragen wird, steckt seine gesamten Ersparnisse in die Sanierung des Hauses, in der Erwartung, er begründet damit ein gemeinsames Leben. Da Ihnen die Tapeten nicht gefallen, setzen Sie den Partner nach kurzer Zeit vor die Tür. Er fordert seine Investitionen in „Ihr“ Haus zurück. Jetzt braucht es Regeln, nach denen sich die Rechte und Pflichten beider Parteien bestimmen lassen. Genauso ist es, wenn Sie heiraten und dann mit der Scheidung konfrontiert werden. Ihr Lebensalltag erzwingt also die Notwendigkeit, dass es Regeln gibt, die naturgemäß in Gesetzen formuliert werden. Ohne gesetzliche Regelungen funktioniert unser Leben nicht.
Lassen Sie uns zurückgehen auf Los: Wie war das mit Ihrer Verlobung? Sollten Sie sich vorab verlobt haben, sollten Sie wissen, dass sich daraus keine Verpflichtung ergibt, den Partner auch zu heiraten. Die Verlobung dient der Bewährung und soll beiden Partnern aufzeigen, ob sie wirklich den Bund der Ehe miteinander eingehen wollen. Allein das Verlöbnis begründet aber keine ehetypischen Rechte und Pflichten, die sich erst mit der Heirat ergeben. Verlobte haben also kein gesetzliches Erbrecht und keine gesetzlichen Unterhaltspflichten. Allenfalls im Strafprozess besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht. Sollten Sie Ihrem Partner zum Zeichen des Verlöbnisses Geschenke überreicht haben, dürfen Sie diese entschädigungslos zurückverlangen.
Gut zu wissen: Sie können zwar jederzeit vom Verlöbnis zurücktreten, sollten aber berücksichtigen, dass Sie Ihren Partner oder dessen Eltern in Erwartung der Heirat möglicherweise zu Aufwendungen veranlasst haben, die Sie ersetzen müssen, wenn Sie die Verlobung ohne angemessenen Grund auflösen. Hat Ihr Partner beispielsweise die Hochzeit organisiert, sollten Sie einkalkulieren, dass Sie die Aufwendungen ersetzen müssen, wenn Sie ohne vernünftigen Grund die Hochzeit absagen. Ein wichtiger Grund könnte darin bestehen, dass Ihr Partner den Junggesellenabschied mit Ihrer besten Freundin gefeiert hat, während die Panik vor der Ehe kaum als wichtiger Grund anerkennungsfähig sein dürfte.
Dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen (Artikel 6 Grundgesetz) dürfte Sie weniger interessieren. Ihre Gedanken drehen sich wahrscheinlich um die Trennung und damit die Auflösung Ihre Ehe. Aber immerhin: Das Eherecht beeinflusst nicht die Freiheit Ihre Entscheidung, ihre Ehe fortzuführen oder sich zu trennen. Trennung und Scheidung sind private Entscheidungen. Der Gesetzgeber versucht lediglich, Sie in Ihrer Entscheidung zu unterstützen, indem er den Partnern mit dem Trennungsjahr aufgibt, sich ihrer Gefühle klar zu werden, so dass Sie erst nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung beantragen können. Ist die Scheidung unumgänglich, gibt der Gesetzgeber Regelungen an die Hand, nach denen Sie Ihre Lebensgemeinschaft abwickeln können.
Gut zu wissen: Früher war alles anders, aber keinesfalls besser. Bis in die Zeit von Aufklärung und Reformation stand die Ehe nicht zur Disposition der Ehegatten. Vor allem in Zeiten und in Regionen, in denen das katholische Kirchenrecht das Leben der Menschen prägte, war die Ehe unauflöslich. Die Ehe hatte und hat auch heute noch nach katholischer Rechtslehre den Charakter eines Sakraments und galt als göttliche Institution eines heiligen Standes. Sie war „Gnadenmittel göttlicher Heilsordnung“.
Als Scheidungsgründe kamen nur schwerwiegende Gründe in Betracht, die eine Scheidung in Ausnahmefällen allenfalls unter kirchlicher Aufsicht erlaubten. Erst das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 führte dazu, dass das Ehe-und Scheidungsrecht aus dem kirchlichen Rechtsverständnis herausgelöst und in staatliches Recht überführt wurde. Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 1.1.1900 übernahm das Ehe- und Scheidungsrecht als staatliches Recht. Die Rechtsentwicklung mündete letztlich darin, dass das ursprünglich geltende Verschuldensprinzip bei der Scheidung 1976 vom Zerrüttungsprinzip abgelöst wurde. Ehen werden danach geschieden, wenn sie unabhängig vom Verschulden oder Fehlverhalten eines Ehepartners zerrüttet und damit gescheitert sind.
Wenn Sie sich in der Abwägungsphase befinden, in der Sie Ehe und Scheidung im Hinblick auf Ihre Rechte und Pflichten gegeneinander abwägen, sollten Sie wissen, welche Rechte Sie in Ihrer Ehe und welche Rechte Sie im Fall einer Scheidung haben. Auch in der Zeit der Trennung ist es wichtig, seine Rechte zu kennen.
Sie sind als Ehegatten verpflichtet, die eheliche Lebensgemeinschaft zu pflegen und tragen füreinander Verantwortung (§ 1353 S. 2 BGB). Sie fragen jetzt, was es bedeutet? Ehepflichten sind zu verstehen als:
Gut zu wissen: Verlangt Ihr Ehegatte, dass Sie die eheliche Lebensgemeinschaft pflegen, sind Sie dennoch zu nichts verpflichtet, wenn sich das Verlangen als Missbrauch dieses Rechts darstellt (z.B. Vergewaltigung in der Ehe) oder wenn Ihre Ehe so zerrüttet ist, dass sie offensichtlich gescheitert ist und Sie keinen anderen Ausweg als die Trennung sehen.
Vielleicht haben Sie in der Boulevardpresse gelesen, dass Ehegatten nach § 120 Abs. III FamFG die Erfüllung persönlicher Ehepflichten einklagen können. Aber: Auch wenn der Richter nach dieser Vorschrift beispielsweise beschließen könnte, dass ein Ehepartner, der infolge ehewidriger Beziehungen die Haushaltsführung vernachlässigt, zur pflichtgemäßen Haushaltsführung anzuhalten, könnten Sie einen solchen richterlichen Beschluss nicht zwangsweise vollstrecken. Genau dies formuliert die besagte Vorschrift, wenn festgestellt wird:
„Die Verpflichtung zur Herstellung des ehelichen Lebens unterliegt nicht der Vollstreckung“.
Ein solcher Beschluss könnte allenfalls ein Appell zur Pflichterfüllung beinhalten. In der heutigen Gerichtspraxis gibt es so gut wie keine Beispiele mehr, in denen das Verfahren in Anspruch genommen oder rechtlich entschieden worden wäre. Es dürfte Ihnen auch klar sein, dass Sie mit einer solchen Klage wohl jegliche mental-seelische Beziehung zu Ihrem Ehepartner endgültig ruinieren würden.
Jeder Ehegatte ist verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Familienunterhalt beizutragen (§ 1360a BGB). Als Beitrag kommen die Haushaltsführung, Kinderbetreuung oder Erwerbstätigkeit in Betracht. Alle diese Beiträge sind unterhaltsrechtlich gleichwertig. Die Gleichwertigkeit von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit zeigt sich, wenn Sie aus Anlass Ihrer Scheidung den Versorgungsausgleich durchführen lassen. Haben Sie infolge einer geringen oder überhaupt keiner Erwerbstätigkeit weniger Rentenanwartschaften erworben als Ihr erwerbstätiger Ehegatte, führt der Versorgungsausgleich dazu, dass die Differenz untereinander aufgeteilt wird.
Sie sind in der Ehe berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie zu tätigen und in diesem Rahmen auch Ihren Ehepartner vertraglich zu verpflichten (§ 1357 BGB). Diese Schlüsselgewalt betrifft aber nur solche Rechtsgeschäfte, über deren Abschluss Sie sich nach Ihren konkreten Lebensverhältnissen üblicherweise nicht vorher verständigen und die Sie als Ehegatte selbstständig zu erledigen pflegen. Sie können im Möbelhaus nicht der Versuchung widerstehen, die neue Couchgarnitur in Auftrag zu geben. Da Ihre Haushaltskasse wegen des letzten Urlaubs noch ziemlich klamm ist und Sie kein eigenes Einkommen haben, kaufen Sie auf Kredit. Ob Sie damit im Rahmen Ihrer ehelichen Schlüsselgewalt handeln, ist eine Frage, über die sich das Möbelhaus auch mit Ihrem Ehegatten unterhalten darf, sollte er sich weigern, Kaufvertrag und Kreditvertrag zu erfüllen. Teilzahlungsgeschäfte können jedenfalls der Schlüsselgewalt unterfallen, wenn der Kaufgegenstand der angemessenen Bedarfsdeckung der Familie dient und die Anschaffung auf Kredit nach den Umständen als angemessen erscheint.
Nicht zur Schlüsselgewalt gehören jedenfalls Maßnahmen der Vermögensanlage und Vermögensverwaltung. Hier ist und bleibt jeder Ehegatte persönlich verantwortlich und hat nicht das Recht, den anderen in seinen Verantwortungsbereich rechtlich einzubeziehen. Kauft der Ehepartner also ein Mietshaus oder schließt er einen Rentenversicherungsvertrag ab, können Sie selbst nicht rechtlich in die Verantwortung für die Erfüllung solcher Verträge einbezogen werden. Gleiches gilt für Geschäfte, die Ihre Lebensbedingungen grundlegend bestimmen oder verändern. Solche Geschäfte müssen Sie stets gemeinsam entscheiden oder tragen allein die Verantwortung. Beispiel: Kauf einer Eigentumswohnung, Beauftragung eines Maklers zum Erwerb einer Wohnung, Kündigung oder Anmietung einer Wohnung.
Manche Ehe scheitert wegen des Geldes. Verursacht dann ein Ehepartner übermäßig Schulden, müssen auch Sie damit rechnen, dass der Gerichtsvollzieher im Auftrag eines Gläubigers in Ihrer gemeinsamen Ehewohnung Hausrat und Wertgegenstände pfändet. Dummerweise bzw. zweckmäßigerweise vermutet das Gesetz zugunsten des Gläubigers eines Ehepartners, dass die aufgrund Ihrer Zugriffsmöglichkeit in Ihrer gemeinsamen Ehewohnung befindlichen Gegenstände beiden Ehepartnern gehören und deshalb der Pfändung unterliegen (§ 1362 BGB). Sie dürfen zunächst beruhigt sein. Sie haften nicht für die Verbindlichkeiten Ihres Ehepartners. Dessen Gläubiger können Sie nicht in Anspruch nehmen. Haben Sie beispielsweise den teuren Fernseher selbst gekauft und mit eigenem Geld bezahlt, können Sie notfalls im Wege der Drittwiderspruchsklage bei Gericht nachweisen, dass der Fernseher Ihnen allein gehört und deshalb nicht der Pfändung unterliegt. Zum Nachweis sollten Sie eine Rechnung auf Ihren Namen vorlegen können. Der Gerichtsvollzieher braucht sich auf eine Diskussion über die Eigentumsverhältnisse nicht einzulassen! Er arbeitet allein auf Basis der gesetzlichen Eigentumsvermutung. Nur in offensichtlichen Fällen wird er bereit sein, die Eigentumsverhältnisse anzuerkennen.
Sie sind in der Ehe gesetzlicher Erbe Ihres Ehepartners. Segnet Ihr Ehepartner das Zeitliche, erben Sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft neben Ihren gemeinsamen Kindern die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte teilen sich Ihre Kinder.
Banken gewähren Kredite nur gegen Sicherheiten. Als Sicherheit kommt auch die Bürgschaft in Betracht. Haben Sie sich für einen Kredit Ihres Ehegatten verbürgt, kann die Bürgschaft durchaus sittenwidrig sein und Ihnen die Chance eröffnen, sich gegen die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft mit Erfolg zur Wehr zu setzen.Voraussetzungen sind:
Gut zu wissen: Banken bestehen deshalb gerne auf Bürgschaften unter Ehegatten, weil sie Vermögensverschiebungen befürchten. So könnte Ihr Ehegatte einen Kredit erhalten, Ihnen danach sein Vermögen übertragen und sich dann als vermögenslos outen. Vollstreckungsmaßnahmen der Bank gingen ins Leere. Soweit Sie vertraglich nicht verpflichtet sind, könnte die Bank Sie nicht in Anspruch nehmen. Soweit Sie allerdings eine Bürgschaft erteilt haben, sind Sie gleichwohl als Bürge in der Haftung. Die Bank könnte mit der Bürgschaft derartige Vermögensverschiebungen verhindern. Sie können eine Sie krass überfordernde Bürgschaft also dann nur wirklich abwehren, wenn die Bank keine Anhaltspunkte dafür findet, dass Sie vorsätzliche Vermögensverschiebungen vorgenommen haben (BGH XI ZR 50/01).
Der Entschluss, sich zu trennen, geht oft mit einer langwierigen Entscheidungsfindung einher. Genauso oft erfolgt der Anschluss auch spontan aufgrund aktueller Gegebenheiten, die das Fass zum Überlaufen bringen. Möchten Sie die Trennung vollziehen, sind folgende Aspekte wichtig:
Viele Ehe scheitern, weil die Ehepartner nicht mehr miteinander sprechen können. Jeder zieht sich in sein Schneckenhaus zurück. Sprachlosigkeit macht sich breit. Oder umgekehrt provoziert jedes Wort gleich einen handfesten Streit. Könnten Sie miteinander reden, könnten Sie möglicherweise vieles klären und eine gemeinsame Linie finden. Auch wenn Sie glauben, nur noch über einen Rechtsanwalt mit Ihrem Ehepartner sprechen zu können, sind Sie auf einem schwierigen Weg. Meist geht es darum, etwas zu fordern und Forderungen abzuwehren. Lösungen erweisen sich auf dieser Ebene als schwierig. In diesem Fall kann die Mediation eine Hilfestellung bieten. Als Mediator kommen vornehmlich Rechtsanwälte oder Sozialarbeiter in Betracht. Ist ein Rechtsanwalt als Mediator tätig, kann er Sie oder Ihren Ehepartner im Scheidungsverfahren nicht vertreten.
Expertentipp: Bei der Mediation geht es nicht darum, etwas als richtig oder falsch darzustellen, den anderen zu kritisieren oder zu bevormunden. Mediation ist keine Eheberatung. Eine Mediation will nur helfen, Ihren Konflikt irgendwie zu lösen. Die Lösung kann darin bestehen, dass Sie im besten Fall wieder zueinander finden oder eben Ihre Ehe möglichst einvernehmlich abwickeln. Der Mediator ist Ihr beider Sprachrohr. Er übersetzt, was Sie sagen. Er übersetzt Ihre Worte so, dass sie nicht provozieren und auf Lösungen ausgerichtet sind. Sie können sich mit einem Mediator im Einzelgespräch unterhalten oder das Gespräch im Beisein Ihres Ehepartners führen. Im Idealfall mündet die Mediation darin, dass Sie sich auf die einvernehmliche Scheidung und eine Scheidungsfolgenvereinbarung verständigen.
Es gibt Ehen, die werden nicht geschieden, sondern aufgehoben. Eine Aufhebung kommt aus einer ganzen Reihe von Gründen in Betracht. Wird die Ehe aufgehoben, kann und braucht sie nicht geschieden zu werden.
Expertentipp: Ob Ihre Ehe geschieden oder aufgehoben wird, steht nicht zu Ihrer Disposition. Letztlich kommt es darauf an, wie Sie Ihren Wunsch, die Ehe aufzulösen, gegenüber dem Gericht begründen. Tragen Sie beispielsweise vor, dass Ihr Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits anderweitig verheiratet war (Bigamie), muss das Gericht Ihre Ehe wegen des gesetzlich bestehenden Eheverbot bei Bigamie aufheben. Eine Scheidung kommt nicht in Betracht. Oder wurden Sie zur Eheschließung genötigt, kann die Ehe zwar aufgehoben werden, setzt aber den manchmal vielleicht schwierigen Nachweis voraus, dass Sie tatsächlich genötigt wurden. Ist der Nachweis schwierig zu führen, sollten Sie eher die Scheidung betreiben. Welcher Weg der Richtige ist, lässt sich nur im anwaltlichen Beratungsgespräch feststellen.
Möchten Sie die Aufhebung Ihrer Ehe wegen eines im Eherecht bezeichneten Aufhebungsgrundes betreiben, können Sie das an Ihrem Wohnort zuständige Familiengericht aufsuchen. Sie können auch das örtliche Standesamt über Ihre Situation informieren und darum bitten, die Aufhebung Ihrer Ehe zu betreiben. Wird Ihre Ehe aufgehoben, wird sie ab dem Zeitpunkt aufgehoben, in dem das Gericht über die Aufhebung entscheidet. Die Aufhebung hat also keine rückwirkende Kraft.
Besteht der Aufhebungsgrund in einer arglistigen Täuschung, müssen Sie den Aufhebungsantrag innerhalb eines Jahres und im Fall einer widerrechtlichen Drohung innerhalb von drei Jahren beim Familiengericht stellen (§ 1317 BGB). Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem Sie die Täuschung aufgedeckt haben oder Ihre Zwangslage ein Ende gefunden hat. Bei einer Scheinehe gibt es keine Fristen. Allerdings ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn Sie kurze Zeit in ehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt haben.
Da Ihre Ehe nicht rückwirkend, sondern erst mit dem Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses aufgehoben wird, erkennt das Gesetz ein nacheheliches Rechtsverhältnis an (§ 1318 BGB). Im Detail:
Sie können die Scheidung beantragen, wenn Ihre Ehe gescheitert ist. Die Tatsache, dass Sie Ihre Ehe gescheitert ist, können Sie unterschiedlich begründen.
Sie können in Ausnahmefällen auch schon vor Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung beantragen (Härteklausel des § 1565 Abs. II BGB). Voraussetzung ist, dass Ihnen die Fortsetzung Ihrer Ehe aus Gründen in der Person des anderen Ehegatten nicht zuzumuten ist. Sie berufen sich dann auf einen Härtefall.
Praxisbeispiel: Seit Ihr Ehepartner weiß, dass Sie die Scheidung wünschen, bedroht er Sie und Ihr gemeinsames Kind mit körperlicher Gewalt. Er stellt Ihnen außer Haus nach, beschimpft Sie gegenüber Bekannten und lamentiert nachts unter Ihrem Schlafzimmerfenster. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, Fakten zu schaffen, indem Sie vorzeitig die Scheidung erreichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Ehepartner die Scheidung dann akzeptiert, ist erfahrungsgemäß höher, als wenn er fortlaufend darauf hofft, die Scheidung vielleicht verzögern zu können und eine Versöhnung zu erreichen.
Es kann auch die Situation eintreten, dass Sie durch die Scheidungsabsichten Ihres Ehepartners so sehr belastet werden, dass Ihnen die Scheidung derzeit nicht zuzumuten ist. Auch aus dieser Sicht können Sie einen Härtefall geltend machen (Härteklausel des § 1568 BGB). Eine Ehe soll nicht geschieden werden, wenn ihre Aufrechterhaltung im Interesse minderjähriger Kinder aufgrund der Lebensverhältnisse ausnahmsweise notwendig ist (z.B. akute Depression würde sich verfestigen) oder die Scheidung für einen Ehepartner aufgrund außergewöhnlicher Lebensumstände eine unzumutbar schwere Härte darstellen würde (z.B. Suizidgefahr bei bestehender Krankheit oder Gebrechlichkeit oder in hohem Alter).
Besteht die Vermutung, dass Sie Ihren Ehepartner nur geheiratet haben, um einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, haben Sie keinen Anspruch auf Witwenrente. Diese Vermutung ist zumindest bei sehr kurzen Ehen begründet, die zum Todeszeitpunkt des gesetzlich rentenversicherten Ehepartners weniger als ein Jahr bestanden haben. Nur wenn besondere Umständen diese Vermutung entkräften, steht dem Hinterbliebenen auch bei einer Ehe von weniger als einem Jahr die Witwenrente zu.
Praxisbeispiel: Mussten Sie nach der Scheidung aufgrund des Versorgungsausgleichs einen Teil Ihrer gesetzlichen Rente an Ihren Ex-Partner abgeben, können Sie nach dessen Tod wieder Ihre volle Rente erhalten. Voraussetzung ist, dass der verstorbene Ex-Partner den Rentenzuschlag aus dem Versorgungsausgleich nicht länger als drei Jahre erhalten hat. Nach Ablauf von drei Jahren bleibt es bei Ihrer gekürzten Rente.
Sie können zu jedem Zeitpunkt Ihrer Ehe einen Ehevertrag abschließen. Steht die Scheidung an, empfiehlt sich, dass Sie einen Ehevertrag in der Form einer Scheidungsfolgenvereinbarung mit Ihrem Ehepartner verhandeln und vereinbaren. In einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln Sie die mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Rechte und Pflichten. Mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung ermöglichen Sie die einvernehmliche kostengünstige und zügige Scheidung und vermeiden die kostenträchtige und oft langwierige streitige Scheidung. Tun Sie sich damit schwer, sollten Sie vielleicht die Dienste eines Mediators in Anspruch nehmen.
Expertentipp:Ihre Scheidungsfolgenvereinbarung sollten Sie möglichst frühzeitig vor dem Scheidungstermin vor Gericht notariell beurkunden. Nur die notarielle Beurkundung gewährleistet, dass die Vereinbarung rechtsverbindlich ist und notfalls auch vollstreckt werden kann. Alternativ können Sie die Scheidungsfolgenvereinbarung auch im mündlichen Scheidungstermin vor dem Richter gerichtlich protokollieren lassen. In diesem Fall benötigen allerdings beide Ehepartner einen Rechtsanwalt, der jeden der Ehepartner vor Gericht vertritt. Es kann sich dabei als riskant erweisen, wenn Ihr Ehepartner Ihrer Scheidungsfolgenvereinbarung im Entwurf zunächst zustimmt und sich dann im Scheidungstermin aber weigert, die Vereinbarung zu akzeptieren. Besser ist, wenn Sie die Vereinbarung frühzeitig notariell verbindlich festschreiben.
Das Ehe- und Scheidungsrecht ist ein umfangreiches Rechtsgebiet. Es vollzieht die vielfältigen Lebenssituationen von Ehepartnern nach. Es gibt keine pauschalen Antworten. Jede Situation und jede Frage braucht eine individuelle Beurteilung. Wir können Ihnen nur die Richtung vorgeben und Sie darauf aufmerksam machen, an welcher Wegmarke Sie besonders aufmerksam sein sollten. Wenn Sie diese Wegmarken erkennen, sind Sie auf dem richtigen Weg.
Geschrieben von: Volker Beeden