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Schei­dungs­sta­tis­tik 2022

Bild: Scheidungsstatistik 2022

Wie vie­le Schei­dun­gen ver­zeich­net das Jahr 2022 in Deutsch­land?

Statistiken sind mehr als die bloße Auflistung von Zahlen. Gerade, wenn Sie sich mit der Thematik Scheidung beschäftigen, kann ein Blick in die Scheidungsstatistik vielleicht helfen, Ihre Entscheidungsfindung in die eine oder andere Richtung zu fördern. Denn wer weiß, wie es anderen Paaren geht, kann die eigene Situation besser einordnen. Das Statistische Bundesamt hat am 28. Juni 2023 die Scheidungsstatistik 2022 veröffentlicht. Diese gibt neben anderen Statistiken Auskunft über die Zahl der Scheidungen und enthält interessante Details.

Kur­ze Zu­sam­men­fas­sung

  • Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 390.700 Eheschließungen. 137.400 Ehen wurden geschieden.
  • 89,5 % der Scheidungen erfolgten im gegenseitigen Einvernehmen der Ehepartner. 6,6 % der Paare stellten beide den Scheidungsantrag. In 3,9 % der Fälle verweigerte der Ehegatte oder die Ehegattin die Zustimmung zur Scheidung.
  • 80,1 % der Scheidungen erfolgte nach Vollzug des Trennungsjahrs. 18,9 % der Ehen wurden nach dreijähriger Trennung geschieden. Scheidungen aufgrund eines Härtefalls vor Ablauf des Trennungsjahrs wurden in weniger als 1 % der Fälle verzeichnet.
  • 69.600 der geschiedenen Ehepaare hatten minderjährige Kinder. Insgesamt waren mehr als 115.800 Minderjährige betroffen.

1. Was sagt die Schei­dungs­sta­tis­tik 2022?

Die Ehe- und Scheidungsstatistik des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2022 belegt folgende Daten (Quelle: destatis.de):

  • Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 390.700 Ehen neu geschlossen. Dies bedeutet einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr um rund 33.000 oder 9,2 %. Davon wurden 10.000 Ehen (2021: 8.700) zwischen Personen gleichen Geschlechts geschlossen. Ohne Umwandlungen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe waren es 9.200 gleichgeschlechtliche Eheschließungen im Jahr 2022.

    2021 war die Zahl der Eheschließungen noch auf einen Tiefststand gefallen. Als Grund für den Anstieg in 2022 wird ein Nachholeffekt nach den coronabedingten Einschränkungen in den Vorjahren vermutet. Weil Gastronomiebetriebe geschlossen hatten, Trauungstermine schwierig zu organisieren waren und allgemein die Stimmung gedrückt war, dürften viele Paare ihre Eheschließung in die Zeit nach Corona verschoben haben.
  • In 2022 wurden 137.400 Ehen geschieden. Die Zahl sank gegenüber dem Vorjahr um 5.400 oder 3,8 %. Bereits im Jahr 2020 war die Zahl der Scheidungen um 0,7 % zurückgegangen. Insoweit ist festzustellen, dass die Zahl der Scheidungen mit Ausnahme des Jahres 2019 seit 2012 kontinuierlich gesunken ist. Im Jahr 2000 lag die Zahl noch bei 194.408 Fällen.

    Wegen der Coronakrise war anfangs vermutet worden, dass die Zahl der Scheidungen ansteigen würde. Als Grund wurde die räumliche Enge angeführt, in der Partner in dieser Zeit zusammenleben mussten, teils weniger Einkommen hatten und durch die Krise als solche auch psychisch belastet waren. War ein Partner an Corona erkrankt und musste in Quarantäne leben, war im Regelfall die gesamte Familie betroffen.
     
  • In der Paarkonstellation betrafen 136.216 Ehen die Verbindung zwischen Mann und Frau, 443 Ehen gleichgeschlechtliche Männer und 694 Ehen gleichgeschlechtliche Frauen.
  • In 2022 wurden 1.100 gleichgeschlechtliche Paare geschieden. Dies waren 100 oder 10 % mehr als im Jahr 2021. Grund ist, dass mit dem Eheöffnungsgesetz die „Ehe für alle“ im Jahr 2017 eingeführt wurde und die Scheidungsquote gleichgeschlechtlicher Partner sich erst jetzt nach und nach bemerkbar macht.

    Gleichgeschlechtliche Partner, die hingegen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, können diese nicht durch Scheidung, sondern nur durch Aufhebung der Lebenspartnerschaft beenden. In 2022 wurden 809 Lebenspartnerschaften aufgehoben. Lebenspartnerschaften von Frauen waren mit 448 Fällen häufiger betroffen als von Männern mit 361 Fällen. Da wegen der „Ehe für alle“ keine neuen Lebenspartnerschaften mehr eingetragen werden, sinkt die Zahl der Aufhebungen kontinuierlich und verschiebt sich naturgemäß zu den Scheidungen.
  • Wenn man die Scheidungen in den einzelnen Bundesländern betrachtet, waren die meisten Scheidungen in Nordrhein-Westfalen (30.448) zu verzeichnen, gefolgt von Bayern (20.290). In Berlin wurden 5.841 Scheidungen erfasst und in Baden-Württemberg 17.080. Die wenigsten Scheidung gab es in Bremen mit 1.121 Fällen.
  • 89,5 % der Ehescheidungen erfolgten mit Zustimmung des Ehegatten oder der Ehegattin zum Scheidungsantrag des Partners und konnten im gegenseitigen Einvernehmen abgewickelt werden. 6,6 % der Paare reichten den Scheidungsantrag zusammen ein. In 3,9 % der Fälle stimmten der Ehegatte oder die Ehegattin dem Antrag des Partners nicht zu, so dass die Scheidung aller Wahrscheinlichkeit nach streitig verlief.
  • Etwa 24.300 oder 17,7 % der geschiedenen Paare waren mindestens 25 Jahre verheiratet. Die durchschnittliche Ehedauer betrug 15 Jahre und einen Monat. Dies bedeutet einen kontinuierlichen Anstieg gegenüber 1997, als die Ehen durchschnittlich nach zwölf Jahren und vier Monaten geschieden wurden.
  • Das durchschnittliche Alter der geschiedenen Partner betrug in 2022 bei Männern 47,8 Jahre und bei Frauen 44,7 Jahre. Ausweislich der Statistik bedeutet dies über die Jahre hinweg einen kontinuierlichen Anstieg. Im Jahr 2000 beispielsweise waren Männer bei der Scheidung durchschnittlich 41,2 Jahre und Frauen 38,6 Jahre alt.
    Grund für das ansteigende Alter kann sein, dass Ehen früher in jüngerem Alter geschlossen wurden als heute und sich Paare möglicherweise früher auseinanderlebten, als wenn sie im fortgeschrittenen Alter heirateten. Ehen wurden früher auch als Zweckehen geschlossen, während heute das persönliche Verhältnis der Partner zueinander eine größere Rolle spielt.
  • 80,1 % der geschiedenen Ehen wurden nach Vollzug des Trennungsjahrs nach einem Jahr geschieden. Der Anteil von Scheidungen nach dreijähriger Trennung betrug 18,9 %. Nach drei Jahren Trennung wird die Scheidung auch gegen den Willen des Ehepartners ausgesprochen. Lediglich in 1 % der Fälle erfolgte die Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs oder nach ausländischem Recht. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die Scheidung aufgrund eines Härtefalls der absolute Ausnahmefall ist. Härtefälle sind Fälle, in denen es einem Ehepartner aus in der Person des anderen liegenden Gründen nicht zuzumuten ist, den Ablauf des Trennungsjahrs abwarten zu müssen (Beispiel: Gewalt in der Ehe).
  • 69.600 oder 50,7 % der geschiedenen Ehepaare hatten minderjährige Kinder. Davon hatten wiederum 49,1 % ein Kind, 39,7 % zwei und 11,2 % drei oder mehr Kinder. Insgesamt waren im Jahr 2022 mehr als 115.800 minderjährige Kinder von der Scheidung ihrer Eltern betroffen.

2. Schei­dungs­quo­te ein­zel­ner Jahr­gän­ge?

Die Scheidungsquoten geben keinen Aufschluss darauf, welches Risiko besteht, dass eine Ehe oder die Ehen bestimmter Jahrgänge geschieden werden. Die Quoten beziehen sich auf alle Jahrgänge, die im Jahr 2022 verheiratet waren und die Scheidung beantragt hatten. Wollte man das Risiko eingrenzen, müsste man die Scheidungsquote eines bestimmten Jahrgangs heranziehen. Hierzu gibt es jedoch keine Statistiken.

3. „Ver­flix­tes sieb­tes Ehe­jahr“: Wahr­heit oder My­thos?

Die Statistik widerlegt den Mythos, dass es ein verflixtes siebtes Ehejahr gibt. Auch in 2022 lag die durchschnittliche Ehedauer bei 15 Jahren und einem Monat. Insoweit ist zu vermuten, dass der Mythos mit der scheinbar magischen Kraft der Zahl „7“ zusammenhängt. So dauert es sieben Jahre, bis ein Kind seine Milchzähne verliert, weitere sieben Jahre bis die Pubertät endet und mit 21 Jahren mutiert der Jugendliche rechtlich zum Erwachsenen. Außerdem erneuert der menschliche Organismus im Abstand von etwa sieben Jahren sämtliche Zellen.

4. Be­ein­flus­sen Ehe­ver­trä­ge die Schei­dungs­quo­ten?

Wer einen Ehevertrag abschließt, verbindet damit möglicherweise auch die Erwartung, dass sich damit die Beziehung zum Partner oder zur Partnerin stabilisieren lasse. Statistiken scheinen aber genau das Gegenteil nahezulegen. Eheverträge könnten dazu führen, dass sich eine Ehe zumindest der Perspektive als weniger stabil erweist. Es kann vermutet werden, dass ein Ehevertrag gewisse Sicherheiten bietet, wenn beispielsweise klare Regelungen zum Zugewinnausgleich oder über den Ehegattenunterhalt getroffen sind und der scheidungswillige Partner genau weiß, auf was er oder sie sich mit der Scheidung einlässt. Das mit der Scheidung oft einhergehende unkalkulierbare Risiko scheint mit Abschluss eines Ehevertrags ermessbarer geworden zu sein und könnte einen Ehepartner darin bestärken, mit der Scheidung dieses nun kalkulierbarere gewordene Risiko einzugehen.

Andererseits lässt sich argumentieren, dass das Risiko, infolge einer Scheidung unversorgt zu bleiben und die sich ergebenden finanziellen Risiken alleine kaum bewältigen zu können, dazu führt, auf die Scheidung zu verzichten. Gibt es hingegen ein Ehevertrag, könnte dies den Trend zur Scheidung beeinflussen. Insoweit wirken Eheverträge einerseits stabilisierend, können andererseits aber auch die Entschlusskraft, sich scheiden zu lassen, durchaus fördern.

Ungeachtet dessen ist es immer eine gute Empfehlung, in begründeten Lebenssituationen (z.B. Unternehmerehe, Ehepartner mit unterschiedlich hohen Vermögen oder stark abweichendem Lebensalter) in einem Ehevertrag klare Verhältnisse festzuschreiben. Auf jeden Fall ist ein Ehevertrag immer eine solide Grundlage, wenn es darum geht, eine Trennung und Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen der Ehepartner als einvernehmliche Scheidung abzuwickeln und eine streitige Scheidung nebst Rosenkrieg zu vermeiden. Im Hinblick auf die Scheidung ist ein Ehevertrag nichts anderes als eine Scheidungsfolgenvereinbarung.

5. Wel­che Le­bens­um­stän­de be­ein­flus­sen die Schei­dungs­quo­ten?

Ausweislich der Scheidungsstatistiken beeinflussen die gesellschaftlichen Entwicklungen auch die Scheidungsquoten. Auch wenn die Ehe nach dem Verständnis des Eherechts auf Lebenszeit geschlossen werden soll, ändert diese traditionelle Vorstellung nichts daran, dass auch eine eheliche Beziehung als Lebensabschnittsbeziehung verstanden und die Scheidung nicht mehr als Tabubruch betrachtet wird.

Nach den Scheidungsstatistiken kamen in den Jahren 1951 - 1960 in Deutschland auf eine Scheidung noch 12,65 Eheschließungen. Das Verhältnis reduzierte sich nachhaltig und erreichte in den Jahren 2001 - 2010 mit 1,94 Eheschließungen auf eine Scheidung einen vorläufigen Tiefpunkt. In den letzten Jahren ist das Verhältnis zugunsten der Eheschließungen wieder angestiegen.

Die Scheidungsquote betrug 1960 = 10,66 %, stieg im Jahr 1980 auf 18,4 % und erreichte im Jahr 2003 mit 213.975 Scheidungen (Scheidungsquote 56 %) ihren Höhepunkt. Etwa ab dem Jahr 2015 scheint die Zahl der Scheidungen mit ca. 32 % eine Quote erreicht zu haben, die ein stabiles Niveau mit scheinbar sinkender Tendenz erwarten lässt. Danach ist es so, dass etwa jede dritte Ehe geschieden wird.

Die Bereitschaft, sich scheiden zu lassen, dürfte durch folgende Aspekte bestimmt werden: …

  • Das zwischenmenschliche Verständnis dessen, was Ehe bedeutet, hat sich gewandelt. Ehen werden nicht mehr unbedingt als Zweckgemeinschaft verstanden, in der die Versorgung eines Partners im Vordergrund steht, sondern sind durch das persönliche Verhältnis der Partner zueinander geprägt.
  • Das ursprünglich religiös geprägte Eheverständnis hat sich gewandelt. Die Ehe wird nicht mehr unbedingt als Sakrament und die Scheidung nicht mehr als Verstoß gegen göttliches Recht betrachtet.
  • Die rechtliche Einschätzung dessen, was Ehe bedeutet, hat sich gewandelt. Heute genügt es, die Zerrüttung der Ehe darzulegen. Auf ein nachweispflichtiges Verschulden kommt es nicht mehr an.
  • Frauen sind zunehmend selbst erwerbstätig und sind weniger auf die Versorgung durch den Ehepartner angewiesen.
  • Die Partner haben wachsende Erwartungen an ihre Beziehung. Die Aufgabe der Kindererziehung und Versorgung der Familie sind in den Hintergrund getreten. Auch ein zunehmender Konsum und ein erhöhtes Freizeitbedürfnis stellen an die Ehe und die eheliche Beziehung andere Anforderungen als früher.
  • Ziehen die Kinder aus dem Elternhaus aus, haben Eltern oft den Eindruck, ihren Lebensinhalt zu verlieren und gehen auf die Suche nach neuen Lebensinhalten. Die Suche führt oft dazu, dass die bestehende Beziehung zerbricht und eine neue Beziehung neuen Lebensinhalt verspricht.
  • Ehepartner sind heute älter, wenn sie heiraten. Die Eheschließung erfolgt bewusster. Das durchschnittliche Heiratsalter lediger Frauen in Deutschland betrug im Jahr 2021 = 32,2 Jahre und hat sich seit 1991 von 26,1 um über sechs Jahre erhöht.

    Das durchschnittliche Heiratsalter lediger Männer betrug in 2021 = 34,8 Jahre und hat sich seit 1991 von 28,5 um mehr als sechs Jahre erhöht. 1970 heirateten Männer noch mit 23 Jahren und Frauen mit 21 Jahren.
  • Alternative Lebensformen, wie die eheähnliche Lebensgemeinschaft oder auch die gleichgeschlechtliche Ehe haben zunehmend gesellschaftliche Akzeptanz gefunden und führen dazu, dass sich Ehepartner häufiger trennen und Ihre Lebensweise neu definieren.
  • Der Partner oder die Partnerin werden zunehmend als austauschbar betrachtet.
  • Die Midlifecrisis des Menschen wird zunehmend ausgelebt und nicht mehr als vorübergehende Phase unterdrückt. Wird sie ausgelebt, geht sie oft zu Lasten des Partners.

Geschrieben von: Volker Beeden

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