Vielleicht neigen Sie auch dazu, Krisen zu ignorieren. Geht es um Ihre Ehe, sollten Sie jedenfalls nicht den Kopf in den Sand stecken. Betrachten Sie Ihre Ehe als eine Investition. Sie haben geheiratet, ein gemeinsames Leben aufgebaut, mit Ihrem Ehepartner einen Hausstand begründet, Kinder bekommen und vielleicht ein Haus gebaut. All das könnte jetzt auf dem Spiel stehen.
Dieser Ratgeber begründet sich auf eigenen Erfahrungen. Vielleicht können wir Ihnen damit helfen, Ihre Ehekrise als Krise, aber auch als Chance zu begreifen , um Ihre Lebensgemeinschaft durch schwierige Zeiten zu führen. Erwarten Sie aber bitte keine psychotherapeutischen Theorien. Wir berichten aus dem prallen Leben .
Die Zahl „7“ hat eine magische Kraft. Nur so lässt sich der Glaube erklären, dass das 7. Ehejahr eine Ehekrise begründet. Tatsächlich liegt die durchschnittliche Ehedauer nach Angaben der Statistiker bei 15 Jahren. Der Mythos rührt vielleicht eher daher, dass der Mensch mit sieben Jahren seine Milchzähne verliert, nach weiteren sieben Jahren die Pubertät endet und nach nochmals sieben Jahren der Jugendliche als Erwachsener anerkannt wird. Wenn Sie jetzt noch berücksichtigen, dass Ihr Körper im Abstand von etwa sieben Jahren sämtliche Zellen erneuert, interpretieren Sie den Mythos in einem ganz anderen Licht.
Expertentipp: Sind Sie jetzt tatsächlich sieben Jahre verheiratet, stellen Sie, objektiv betrachtet, vielleicht sogar fest, dass sich Ihre Ehe im Laufe der vergangenen sieben Jahre bewährt hat: Sie haben schwierige Phasen überstanden, finanzielle oder berufliche Probleme gemeistert und daher eigentlich Anlass, die nächsten 7 Jahre Ihrer Ehe mit Optimismus zu erwarten. Insoweit könnte man das siebte Ehejahr als ein zukunftsweisendes und konstruktives Schicksalszeichen betrachten.
Als Sie geheiratet haben, war Ihre Beziehung optimal intakt. Deshalb haben Sie Ihren Partner wahrscheinlich geehelicht. Es liegt in der Natur des Menschen, dass wir uns entwickeln und diese Entwicklungen auch auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und insbesondere auf die Partnerschaft durchschlagen. Eine Beziehung bleibt so gut wie nie so wie sie einmal war. Alles ist im Fluss. Sie werden zugestehen müssen, dass es völlig normal ist, wenn sich auch in der ehelichen Lebensgemeinschaft Probleme einstellen. Gründe dafür gibt es im Alltag immer wieder genug.
Wenn es im Gesetzbuch heißt, dass Sie als Ehepartner füreinander Verantwortung tragen, bedeutet dies konkret, dass Sie auch in einer vermeintlichen Krisensituation Ihren Ehepartner nicht gleich verteufeln oder geringschätzen sollten, sondern mindestens moralisch verpflichtet sind, gemeinsam Lösungen zu suchen. Wenn Sie Ihr Problem nicht auf der Stelle lösen können, besteht kein Grund, pessimistisch zu denken. Nur dann, wenn Sie konstruktiv denken und immer in der Hoffnung überlegen, dass Sie eine Lösung finden werden, werden Sie eine Lösung auch finden. Pessimistisches und negatives Denken schafft keine Lösungen. Nur konstruktives positives Denken ermöglicht den Fortschritt. Sollten Sie sich also in einer Ehekrise befinden, besteht noch lange kein Grund, sofort an Trennung oder gar an Scheidung zu denken. Viele Paare machen die Erfahrung, dass sie gerade nach einer überstandenen Ehekrise wieder glücklich sind und ihre eheliche Beziehung gefestigt daraus hervorgegangen ist.
Vielleicht könnten Königin Elisabeth II, (91 Jahre alt) und Prinz Philip (96 Jahre alt) ein Vorbild für Sie abgeben. Sie haben am 20.11.1947 geheiratet und sind bis heute 72 Jahre miteinander verheiratet. Vor zwei Jahren feierten sie die Gnadenhochzeit. Sie sind seit mehr als sieben Jahrzehnten in Familie und Freuden vereint, sie waren in traurigen Zeiten wie dem tragischen Tod ihrer Schwiegertochter beieinander und trotzen offenbar jeder Krise. Der Umstand, dass diese Paar keinerlei finanzielle Sorge hat, erklärt noch längst nicht, warum es das Paar so lange miteinander aushält. Vielleicht blicken Sie jetzt voller Erstaunen, Bewunderung und vielleicht auch mit ein bisschen Neid auf diese britische glückliche Ehe. Ob es wirklich Glück ist, sei dahingestellt. Vielleicht ist es auch der Respekt voreinander oder die Verantwortung für das königliche Amt. Hätte das Paar eine der offenbar vielfältigen und immer wieder eintretenden Ehekrisen zum Anlass genommen, sich zu trennen, hätte es nie die Gnade gehabt, solange miteinander vereint zu sein. Auch wenn Sie selbst nicht königlichen Blutes sind, kann das Paar, das in besonderem Maße in der Öffentlichkeit steht, durchaus Vorbild sein. „Long live the Queen!“ And the King also!
Expertentipp: Ihr Ehepartner sollte Ihr Partner, Ihr Kamerad und Ihr Freund sein. Unter Partnern ist es üblich, dass man sich gegenseitig hilft. Was der eine nicht kann, weiß der andere. Was der eine nicht sieht, erkennt der andere. Nur gemeinsam ist man stark. Wenn man gemeinsam stark ist und gemeinsam Probleme meistert, wachsen Sie zusammen. Dann kann auch eine Ehekrise Ihrer Partnerschaft wenig anhaben und Sie tun sich wesentlich leichter, eine Ehekrise zu bewältigen.
Betrachten Sie Ihre Ehe auch als eine Art Vertrag. Ehen sind keine Konsumartikel. Sie haben sich mit der Eheschließung verpflichtet, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Eine Ehe ist kein Mobilfunkvertrag, den Sie mit Kündigungsfrist einfach wieder kündigen können, um gleich danach einen neuen Vertrag abzuschließen. Eine Ehe ist auf Dauer angelegt. Sie beruht nicht allein darauf, dass Sie allein Vorteile haben. Vielmehr sollten Sie sich verpflichtet fühlen, auch die Interessen Ihres Partners zu berücksichtigen und Ihre Interessen und Ihre Lebensführung so einzurichten, dass Sie kompatibel bleiben.
Wir leben in einer Zeit, in der wir uns selbst verwirklichen und immer anspruchsvoller zu werden scheinen. Wir betrachten immer den anderen, wenn etwas schiefläuft. Berücksichtigen Sie, dass Sie für Ihr Glück zunächst einmal selbst verantwortlich sind. Empfinden Sie Ihre Beziehung als eine Ehekrise und fühlen Sie sich unglücklich, sollten Sie Ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Analysieren Sie Ihr Leben.
Was genau ist der Grund dafür, dass Sie sich unzufrieden und unglücklich fühlen, so dass daraus eine Ehekrise entstanden ist? Vielleicht ist es nur Ihr nerviger Job, der Ihnen tagtäglich das Leben schwermacht, so dass Ihre Unzufriedenheit auch auf Ihre Beziehung durchschlägt. Viele Paare verhalten sich dann so, dass sie sich verabschieden, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es in ihrer Idealvorstellung erwartet haben. Auch wenn Sie sich unglücklich fühlen, kann es sich durchaus lohnen, in der Beziehung zu bleiben und für den Fortbestand zu kämpfen. Investieren Sie Arbeit und Mühe. Berücksichtigen Sie, dass eine gute Beziehung der beste Schutz gegen körperliche Erkrankungen und physischen Stress ist. Auch insoweit kann es sich lohnen, in Ihre Beziehung zu investieren.
Spätestens dann, wenn Sie Anzeichen für eine Ehekrise feststellen oder vermuten, sollten Sie sich überlegen, was Sie jetzt tun oder unterlassen sollten. Solche Anzeichen zu ignorieren wäre fahrlässig. Vielleicht brodelt es in Ihrem Ehepartner. Wenn Sie jetzt warten, bis es irgendwann aus ihm oder ihr herausbricht, ist es vielleicht zu spät. Klar ist, dass sich Krisen nicht vermeiden lassen. Doch nicht jede Ehekrise ist gleich ein Trennungsgrund. Ehekrisen haben ihren Grund eher darin, dass die Partnerschaft Risse bekommen hat.
Eine Partnerschaft beruht auf gegenseitigem Vertrauen und Wertschätzung. Jede Verhaltensweise oder Handlung, die dieses Vertrauen oder die Wertschätzung beeinträchtigt, führt früher oder später in eine Ehekrise. Sie vermeiden solche Entwicklungen, indem Sie von vornherein darauf achten, dass Sie Ihren Ehepartner als Partner betrachten, an Ihrem Leben teilhaben lassen, gemeinsame Aktivitäten entfalten und Ihr Leben als Ihr gemeinsames Leben verstehen.
Es scheint in einer Beziehung sehr stabilisierend zu sein, wenn die Partner unterscheiden, welche Probleme sofort besprochen und gelöst werden sollten und welche noch Zeit haben. Wenn Sie sich nur auf die schwierigen Themen konzentrieren, untergraben Sie das Vertrauen in Ihre Beziehung. Wenn Sie sich fortlaufend mit schwer lösbaren Themen herumschlagen, provozieren Sie Frust, Aggressionen und Enttäuschungen. Sie diskutieren endlos und führen Probleme herbei, die eigentlich gar nicht sein müssten. Wenn Sie sich aber darin üben, kleinere Probleme zu lösen, schaffen Sie die Grundlage, auch größere Probleme anzugehen.
Forscher kennen das Phänomen der Stressübertragung. Als Mensch können Sie sich nicht nur mit Viren infizieren, sondern auch mit der schlechten Laune Ihres Partners. Kommen Sie von der Arbeit gestresst nach Hause, ist das Risiko groß, dass Sie auch Ihren Partner mit Ihrem Stress anstecken und eine Krise produzieren, die eigentlich gar keine ist. Ein Ausweg kann darin bestehen, dass Sie auf eine gute “Work-Life-Balance“ achten und Beruf und Privatleben so gut wie möglich voneinander trennen.
Eheliche Verfehlungen, insbesondere die eheliche Untreue, lösen regelmäßig typische Ehekrisen aus. Ob sich daraus auch ein Trennungs- und ein Scheidungsgrund konstruieren lässt, bedarf einer eigenständigen Bewertung. Natürlich kommt es darauf an, wie schwerwiegend und emotional belastend eine Eheverfehlung sich darstellt. Möglicherweise ist das Vertrauen so sehr zerstört, dass als logische Konsequenz nur noch die Trennung aus der Krise führt. Andererseits sind oder waren Sie einander verbunden. Vielleicht ringen Sie sich dazu durch, dem Partner oder der Partnerin zu verzeihen und versöhnen sich. Dieser Weg ist schmerzhaft und erfordert enorme emotionale Selbstdisziplin, aber auch das Eingeständnis, dass menschliches Fehlverhalten eben menschlich ist und nicht jedes Fehlverhalten Grund ist, Ihre eheliche Lebensgemeinschaft aufzugeben.
Diese Checkliste zeigt Ihnen Gründe auf, die für und gegen eine Trennung sprechen.
Berücksichtigen Sie, dass eine Fehlverhaltensweise meist nicht aus dem Nichts heraus entsteht, sondern meist eine Vorgeschichte hat, für die auch Sie möglicherweise Verantwortung tragen. Wenn Sie berücksichtigen, dass eine Partnerschaft gemeinsame Verantwortung bedeutet, sollten Sie die Kraft aufbringen, Ihrem Partner sein Fehlverhalten zu verzeihen. Betrachten Sie die Situation als Grund, Ihre Beziehung auf den Prüfstand zu stellen und neu zu organisieren.
Eine Paartherapie ist eine Eheberatung, mit dem Ziel, Ihre aus der Richtung geratene Ehe wieder ins rechte Lot zu rücken. Sie sollten sich von dem Wort Therapie nicht abschrecken lassen. Es geht nicht darum, Sie psychotherapeutisch zu behandeln. Aufgabe eines Paartherapeuten ist es vielmehr, im Gespräch Handlungsmuster zu erkennen, die in Ihrer Beziehung Ursache für Streitigkeiten sind. Es geht darum, Ihnen aufzuzeigen, wie Sie Ihre Beziehung neu beleben und wieder festigen können. Dabei sprechen Sie darüber, was ihre Beziehung begründet. Wichtig ist, dass auch positive Aspekte in den Vordergrund gestellt werden und nicht nur Negatives angesprochen wird. Sie lernen, wieder miteinander zu sprechen und die oft fehlende oder schwierige Kommunikation mit dem Partner auszugleichen.
Oft ist es so, dass unter Ehepaaren vieles unausgesprochen bleibt. Nicht jeder sieht sich in der Lage, sich im direkten Gespräch mit dem Partner so zu artikulieren, dass er/sie zum Ausdruck bringt, was ihn bedrückt und der andere versteht, was man ihm eigentlich sagen will. Dann kann es hilfreich sein, eine dritte Person in das Gespräch einzubeziehen. Diesem Paartherapeuten können Sie Ihr Problem vielleicht leichter schildern und verdeutlichen, als es im direkten Kontakt zu Ihrem Ehepartner möglich wäre.
Der Paartherapeut wird das, was Sie ihm sagen, emotionslos entgegennehmen und Ihrem Ehepartner so übersetzen, dass er oder sie es versteht. In einem solchen Gespräch werden oft Verhaltensweisen offenbar, die Sie selbst auf diese Weise gar nicht wahrgenommen haben. Ihnen werden sozusagen die Augen geöffnet. Oft sind es Kleinigkeiten, die eine Beziehung belasten. Sie lassen sich dementsprechend mit wenig Aufwand aus dem Weg räumen. Je früher Sie diesen Aufwand betreiben, desto geringer ist das Potenzial, dass sich Ihre Beziehung zu einer echten Ehekrise entwickelt.
Paare, die sich trennen, bereuen ihre Entscheidung oft, weil sie danach feststellen, dass sie ihre Trennung spontan und aus einer emotionalen Belastungssituation heraus vollzogen haben. Sie haben nicht berücksichtigt, wie sich die Zeit nach einer Trennung darstellen wird. Eine Ehekrise ist das eine. Ein Leben ohne den Partner ist das andere. Wenn Sie sich trennen, müssen Sie wissen, wie Ihr Leben nach der Trennung aussehen wird. Sie müssen wissen, wovon Sie leben, wie Ihre Kinder damit umgehen, wie Sie alles, was Sie gemeinsam erlebt und sich angeschafft haben, auseinander dividieren und wie Sie Ihren Weg in eine eigene Zukunft gehen können. Wenn Sie beide Szenarien miteinander vergleichen, stellen Sie vielleicht schnell fest, dass eine Ehekrise das weitaus geringere Übel ist als die Lebenskrise, in der Sie sich nach einer Trennung und Scheidung vielleicht wiederfinden.
Eine Ehekrise stellt Ihre Zukunft auf den Prüfstand. Sie haben Verantwortung für sich selbst, Ihre Beziehung und auch Ihren Partner. Um Auswege und Lösungen zu finden, dürfen Sie sich nicht darauf ausruhen, Ihrem Partner Vorwürfe zu machen oder sich selbst als unvollkommen zu empfinden. Eine Ehekrise muss noch längst nicht das Ende Ihrer Beziehung bedeuten. Sie kann auch eine Chance darstellen. Voraussetzung ist aber, dass Sie sich damit auseinandersetzen und konstruktiv vorgehen.
Geschrieben von: Volker Beeden