Spätestens mit Ihrer Scheidung müssen Sie sich klar darüber werden, wie Sie Ihre bislang gemeinsam genutzte eheliche Wohnung künftig nutzen oder verwerten möchten. Vor allem wenn ein Ehepartner den Miteigentumsanteil des anderen übernehmen möchte, kommt es darauf an, wie Sie den Wert der Immobilie bewerten. Auch wenn es um den Zugewinnausgleich geht, steht die Bewertung der Scheidung mit gemeinsamer Immobilie im Blickfeld, da sich der Wertzuwachs danach berechnet, was die Immobilie zum Zeitpunkt der Scheidung wert ist. Wir erklären, wie Immobilien bewertet werden und was Sie dabei beachten sollten.
Tipp 1: Objektive Bewertung
Nur mit einer objektiven Bewertung können Sie sichergehen, dass der Wert der Immobilie richtig ermittelt wird. Subjektive Empfindungen sollten nicht mit einbezogen werden.
Tipp 2: Angebotspreis strategisch wählen
Die objektive Bewertung ist das eine, die Festsetzung des Angebotspreises das andere. Sie sollten den aktuellen Markt beobachten und abschätzen, wie viel Verhandlungsspielraum mit eingerechnet werden muss, bevor Sie einen Preis festlegen.
Tipp 3: Teilungsversteigerung vermeiden
Die Teilungsversteigerung führt meistens zu Verlusten für beide Ehepartner, daher sollten Sie sich um eine einvernehmliche Abwicklung bemühen.
Sie könnten es sich ganz einfach machen. Sie bieten Ihre Immobilie an und warten ab, was ein Kaufinteressent bereit ist, für Ihre Immobilie zu bezahlen. Das höchste Angebot entspricht in etwa dem Verkehrswert Ihrer Immobilie. Dann allerdings sind Sie darauf angewiesen, dass Sie Angebote richtig einschätzen können und sind kaum in der Lage, konstruktive Verkaufsverhandlungen mit potentiellen Interessenten zu führen.
Auch verzichten Sie auf die Option, Ihre Immobilie von vornherein zu realistischen Konditionen anzubieten. Möglicherweise verlangen Sie einen viel zu hohen Kaufpreis und schrecken Kaufinteressenten ab oder Sie setzen den Kaufpreis viel zu niedrig an und verzichten auf Geld. Sie sollten also wissen, wie der Verkehrswert Ihrer Immobilie ist und wie Sie Ihre Immobilie bewerten.
Der Verkehrswert sollte Grundlage Ihrer Verkaufsgespräche mit Kaufinteressenten sein. Nur ein realistisches Angebot weckt Kaufinteresse. Umgekehrt können Sie weitaus besser argumentieren, wenn ein Kaufinteressent die Werthaltigkeit Ihrer Immobilie beanstandet.
Expertentipp: Allein die Tatsache, dass die Immobilie Ihre Immobilie ist und Sie die Immobilie selbst geplant, gebaut, finanziert und unterhalten haben und vielleicht unzählige Arbeitsstunden investiert haben, ist für die Bemessung des Verkehrswertes weitgehend uninteressant. Ein Kaufinteressent zahlt nicht, was Sie sich subjektiv vorstellen. Er zahlt nur, was die Immobilie objektiv wert ist oder welchen Wert die Immobilie gerade für einen bestimmten Kaufinteressenten hat.
Möchten Sie Ihre Immobilie verkaufen, können Sie sich auf die Einschätzung eines Immobilienmaklers vor Ort verlassen. Makler, die an Ihrem Wohnort tätig sind, kennen die Marktverhältnisse und sind in der Lage, Ihnen zuverlässig Auskunft zu erteilen, unter welchen Bedingungen Sie Ihre Immobilie anbieten können und inwieweit Ihre Immobilie verkäuflich ist. Vorteilhaft ist, dass viele Makler Bestandskunden haben, von denen der Makler genau weiß, welche Art von Objekt zu welchem Preis gerade gesucht wird.
Ein Verkehrswertgutachten kann sich dann empfehlen, wenn Sie eine hundertprozentig objektive Immobilienbewertung benötigen. Grund kann sein, dass Ihre Ehepartnerin bzw. Ihr Ehepartner eigene Wertvorstellungen von der Immobilie hat und es nicht gelingt, sich auf einen gemeinsamen Nenner zu verständigen. Geht es darum, dass Sie den Miteigentumsanteil des Ehepartners erwerben wollen, kann es sein, dass der Partner einen Kaufpreis jenseits von Gut und Böse verlangt, weil er bzw. sie Ihnen den Miteigentumsanteil nicht gönnt oder den Wert völlig subjektiv einschätzt. Wenn dann jeder Ehepartner einen eigenen Makler beizieht, riskieren Sie, dass es auch insoweit unterschiedliche Wertvorstellungen gibt. In dieser Situation kann ein Verkehrswertgutachten eine vernünftige Grundlage bilden, den Wert der Immobilie festzusetzen.
Gut zu wissen: Wenn es um die Frage geht, wer eine Immobilie bei der Scheidung begutachtet, sollten Sie wissen, dass Immobiliengutachter kein anerkannter Beruf ist. Jeder, der sich kompetent fühlt, kann ein Verkehrswertgutachten erstellen. Sind Sie an einem Verkehrswertgutachten interessiert, sollten Sie also einen von der Architektenkammer oder Industrie- und Handelskammer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen beauftragen. Diese Personen sind meist Bauingenieure oder Architekten und haben besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Immobilienbewertung. Viele Sachverständige sind freiwillig im Bundesverband deutscher Grundstückssachverständiger e.V. organisiert und arbeiten nach den Kriterien für die Verleihung des Verbandssiegels.
Aber auch seriöse Makler verfügen meist über ausreichende Kompetenzen in der Immobilienbewertung, zumal sie tagtäglich mit diesen Aufgaben betraut sind und viel praktische Erfahrungen haben. Auch der Makler berücksichtigt Verkehrswerte, Bodenrichtwerte und Marktberichte. Vorteilhaft kann sein, wenn ein Makler auf vergleichbare Objekte Bezug nimmt, von denen er sicher weiß, welche Kaufpreise sie erzielt haben. Soweit die Immobilienbewertung nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgt und nicht „Pi mal Daumen“, sollte die Bemessung des Verkehrswertes durch einen Immobilienmakler eine ausreichende Grundlage bieten, zielführend Kaufvertragsverhandlungen mit potentiellen Interessenten zu führen.
Erfahren Sie hier, wer die gemeinsame Immobilie nach der Trennung und Scheidung erhält.
Bevor Sie Ihre Immobilie individuell bewerten, sollten Sie diejenigen Informationsquellen zurate ziehen, aus denen Sie erste Informationen erhalten, nach denen Sie Ihre Immobilie einschätzen können. In Betracht kommen:
In den Gemeinden gibt es Gutachterausschüsse. Diese ermitteln die Verkehrswerte von Immobilien anhand vergleichbarer Immobilien und führen die Kaufpreissammlung. Die Ausschüsse sind unabhängig und nicht weisungsgebunden. Notare sind verpflichtet, dem Gutachterausschuss der Gemeinde jeden Kaufvertrag über eine Immobilie in Abschrift zur Verfügung zu stellen. Daraus erstellt der Gutachterausschuss den Bodenrichtwert für die Grundstücke in der Gemeinde. Möchten Sie Ihre Immobilie verkaufen, können Sie beim örtlichen Gutachterausschuss schriftlich Auskunft über den Bodenrichtwert für Ihr Grundstück beantragen. Hilfreich sind auch die über die Bundesländer im Internet angebotenen Geoportale. Wenn Sie dort Ihre Grundbuchdaten eingeben, können Sie den Bodenrichtwert für Ihr Grundstück recherchieren. Verstehen Sie den Bodenrichtwert aber nur als Orientierungshilfe. Die individuellen Merkmale Ihres Grundstücks sind darin nicht erfasst.
Bewohnen Sie Ihre Immobilie selbst, wird der Verkehrswert von Ein- und Zweifamilienhäusern und Wohnungseigentum nach dem Sachwertverfahren ermittelt. Nach dem Sachwertverfahren kommt es auf den Substanzwert des Gebäudes, die Außenanlagen und den Bodenwert des Grundstücks an. Der Gutachter stellt dazu fest, was es heute kosten würde, das Gebäude so zu bauen, wie es ursprünglich gebaut wurde. Dabei fallen Baumängel und Bauschäden sowie die Restnutzungsdauer ins Gewicht. Da Sie das Objekt selbst nutzen, kommt der wirtschaftliche Ertrag durch die Vermietung des Objekts nicht in Betracht. Ist das Objekt hingegen vermietet oder teilvermietet, wird der Verkehrswert nach dem Ertragswertverfahren berechnet.
Fragen Sie einen Makler, was den Verkaufspreis für Ihre Immobilie ausmacht, erhalten Sie so gut wie immer die gleiche Antwort: „Die Lage, die Lage, und nochmals die Lage!“. Sie können Ihr Objekt noch so aufwändig gebaut und so luxuriös ausgestattet haben: Liegt es weitab auf dem Land, wo niemand wohnen möchte, hat es nicht den Verkehrswert, als wenn es in der Stadt liegt, wo der Wohnraum knapp bemessen ist. Kaufinteressenten stellen also auf eine ganze Reihe wertbeeinflussender Faktoren negativer und positiver Art ab, die in den Kaufverhandlungen eine Rolle spielen. Sie sollten folgende Faktoren in Ihre Überlegungen einbeziehen:
Sie sind gut beraten, wenn Sie zunächst so objektiv wie möglich den Verkehrswert Ihrer Immobilie bestimmen. Allerdings braucht der Verkehrswert nicht tatsächlich mit dem Angebotspreis oder Verkaufspreis Ihrer Immobilie übereinzustimmen. Vor allem, wenn Sie ein Verkehrswertgutachten in den Händen halten, bleiben Ihre persönlichen Interessen als Verkäufer teils unberücksichtigt und treffen auch nicht unbedingt das persönliche Kaufinteresse potentieller Kaufinteressenten. Sie sollten die Bemessung des Verkehrswertes also eher als eine Orientierungshilfe verstehen, nach der Sie individuell den Angebotspreis festsetzen oder ein Kaufangebot einschätzen.
Stehen Sie vor der Scheidung oder sind Sie bereits geschieden, wird es einem Kaufinteressenten nicht verborgen bleiben, dass Sie die Immobilie aus Anlass Ihrer Scheidung verkaufen möchten. Sie sollten vermeiden, sich als erpressbar zu offenbaren. Wenn ein Kaufinteressent weiß, dass Sie das Haus vielleicht verkaufen müssen, wird er wahrscheinlich alles daransetzen, den Kaufpreis nach unten verhandeln zu wollen. Sie müssten sich dann auf ein unwürdiges Feilschen einlassen, das im Ergebnis kaum zum Erfolg führt.
Ihre Verhandlungsbasis sollte also so sein, dass Sie nicht den Eindruck erwecken, dass Sie über Nacht verkaufen müssten. Wenn es zudem noch andere ernsthafte Interessenten gibt, haben Sie insoweit gute Karten, als Sie die Interessenten mehr oder weniger gegeneinander ausspielen könnten. Letztlich obliegt es Ihrem Verhandlungsgeschick, wie Sie die Verhandlungen führen.
Es könnte sich allerdings empfehlen, Verkaufsverhandlungen einem kompetenten Makler zu übertragen. Führen Sie die Verhandlungen in eigener Regie, riskieren Sie, sich dem Vorwurf Ihres Ex-Partners auszusetzen, dass Sie die Verhandlungen nicht kompetent genug geführt hätten und ein höherer Kaufpreis zu erzielen gewesen wäre.
Der Verkehrswert einer Immobilie spielt auch eine Rolle, wenn ein Ehepartner den Zugewinnausgleich fordert und der andere Ehepartner alleiniger Eigentümer einer Immobilie ist. Derjenige Ehepartner, der während der Ehe einen höheren Vermögenszuwachs erzielt hat, muss davon die Hälfte an den anderen abtreten. Sind Sie allein Eigentümer der Immobilie, profitiert der Ehepartner vom Wertzuwachs der Immobilie während der Ehe.
Ihr Interesse wird sein, den Immobilienwert möglichst gering anzusetzen, während der Ehepartner daran interessiert sein wird, einen möglichst hohen Immobilienwert anzusetzen. Es liegt in der Natur der Sache, wenn es schwerfällt, sich auf einen gemeinsamen Betrag zu verständigen. Möchten Sie die Immobilie behalten, hilft in diesem Fall tatsächlich nur ein Verkehrswertgutachten. Allenfalls dann, wenn Sie die Immobilie verkaufen, genügt der Verkaufserlös, der dann einen objektiv zu bemessenden Immobilienwert repräsentiert.
Expertentipp: Es könnte sich insoweit empfehlen, anstehende Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen auf die Zeit nach der Scheidung zu verlagern. Der Verkehrswert bemisst sich dann nach dem Zustand der Immobilie vor der Scheidung und verringert den Zugewinnausgleich, während sich der Verkehrswert der Immobilie infolge der Renovierungsmaßnahmen nach der Scheidung erhöht und zu besseren Verkaufsergebnissen führen kann.
Gerichtlich ausgetragene Streitigkeiten wegen dem Zugewinnausgleich sind meist kostenträchtig und zeitaufwändig. Sie tut sich einen Gefallen, wenn Sie sich möglichst außergerichtlich auf einen für beide Parteien akzeptablen Betrag verständigen. Ein Zugeständnis beim Zugewinnausgleich könnten Sie mit einem Zugeständnis bei einer anderen Scheidungsfolge kompensieren.
Können Sie sich nicht darauf verständigen, ob und wie Sie Ihre Immobilie verwerten, bleibt in letzter Konsequenz nur noch die Teilungsversteigerung. Die Teilungsversteigerung ist nichts anderes als eine Zwangsversteigerung, bei der Ihre Immobilie vom Amtsgericht Ihres Wohnortes öffentlich versteigert wird. Dazu wird das Gericht ein Verkehrswertgutachten in Auftrag geben. Derjenige, der im Versteigerungstermin das höchste Gebot abgibt, wird mit dem Zuschlag Eigentümer. Da Sie in Ihrer Immobilie nicht als Mieter wohnen und somit keinen Mieterschutz genießen, müssen Sie ausziehen, wenn der Ersteher Ihrer Immobilie Ihren Auszug verlangt und kein Mietverhältnis akzeptiert.
Gut zu wissen: Sie sollten es nicht auf eine Teilungsversteigerung ankommen lassen. Erfahrungsgemäß sind die Erlöse weitaus geringer, als es dem Verkehrswert einer Immobilie entspricht. Es darf guten Gewissens behauptet werden, dass bereits die Verkehrswertgutachten erhebliche Abschläge vom eigentlichen Verkehrswert machen, mit dem Ziel, eine Immobilie für Versteigerungsinteressenten interessant zu machen und die Versteigerung zum Erfolg zu führen. Sie müssen also mit erheblichen finanziellen Verlusten rechnen. Möglicherweise reicht der Versteigerungserlös nicht aus, um die Bankdarlehen zurückzuzahlen, mit denen Sie die Immobilie finanziert haben. Es empfiehlt sich also dringend, dass Sie sich mit Ihrem Ehepartner soweit verständigen, dass Sie die Immobilie freihändig verkaufen. Im Idealfall betrauen Sie einen örtlichen Makler mit dem Verkauf Ihrer gemeinsamen Immobilie.
Mit Ihrer Scheidung wickeln Sie Ihre eheliche Lebensgemeinschaft ab. Die damit einhergehenden Belastungen sollten Sie nicht noch dadurch vergrößern, dass Sie Ihre gemeinsame Immobilie unter Wert verkaufen oder sich gegenseitig so unter Druck setzen, dass Sie nicht das bestmögliche Verkaufsergebnis erreichen. Lassen Sie sich frühzeitig kompetent beraten und schaffen Sie die Grundlage, auf einer gemeinsamen Basis den Verkauf Ihrer Immobilie zu bewerkstelligen.
Geschrieben von: Volker Beeden