Eine Beziehung lebt davon, dass Sie verstehen, was der Partner oder die Partnerin für Bedürfnisse hat. Interessieren Sie sich nicht dafür oder ignorieren gar den Partner beharrlich, leben Sie aneinander vorbei. Früher oder später kündigt der Partner innerlich und lebt sein eigenes Leben. In der Konsequenz führt der Weg zur Trennung und Scheidung. Lassen Sie uns darüber nachdenken, welchen Stellenwert Bedürfnisse in einer Beziehung haben und was Sie tun können oder unterlassen sollten, um Ihre Beziehung zu erhalten.
Tipp 1: Partner durchs Leben begleiten
Auch das Bedürfnis, den Partner durchs Leben zu begleiten, selbst Liebe und Zuneigung auszudrücken oder das Bedürfnis, dass der Partner mit seinen Initiativen die Beziehung belebt, sind elementare Pfeiler einer Beziehung.
Tipp 2: Innerlicher Distanz vorbeugen
Werden elementare Bedürfnisse nicht erfüllt, kommt es zur innerlichen Distanzierung, die in letzter Konsequenz zur Trennung und Scheidung führt.
Tipp 3: Kleine Schritte machen
Um Ihre Beziehung zu stärken, empfiehlt es sich, kleine Schritte konstruktiv zu nutzen, um an der Beziehung zu arbeiten.
Wahrscheinlich glauben Sie, selbst am besten zu wissen, was Sie für Bedürfnisse haben. Aber wissen Sie auch, welche Bedürfnisse Ihre Partnerin oder der Partner hat? Der Mensch scheint praktisch nur aus Bedürfnissen zu bestehen. Gerade in einer Beziehung äußern sich diese Bedürfnisse im tagtäglichen Zusammenleben. Bedürfnisse, die sich in jeder Form von Beziehung ergeben, treten in einer partnerschaftlichen Beziehung ganz konkret in Erscheinung.
Einfach ist es, wenn Sie das Bedürfnis haben, zu essen, zu trinken oder zu schlafen. Schwieriger wird es, wenn es um Gefühle geht, aus denen sich Bedürfnisse heraus entwickeln. Es gibt positive Gefühle, die sich in Zuneigung, Liebe, Anerkennung und Wertschätzung äußern, aber auch negative Gefühle, die Hass, Wut, Ärger, Abneigung oder Rache zum Ausdruck bringen.
Viele Ehen scheitern nicht etwa, weil die Ehepartner nicht zusammenpassen, sondern weil sie keine Vorstellung haben, was für eine intakte Beziehung erforderlich ist. Eine Ehe muss wie ein Haus ständig instandgehalten werden und, wenn es notwendig ist, auch instandgesetzt werden. Eine Ehe lebt von Kreativität und neuen Initiativen.
Wir scheinen in einer Gesellschaft zu leben, in der jeder nur noch „will“. Das Zauberwort „ich möchte“ scheint kaum noch jemand zu kennen. Wenn Sie Ihre Bedürfnisse so äußern, dürfte der Partner Ihre Aussage als einen autoritären Befehl empfinden. Da Sie dem Partner in einer gleichberechtigten Beziehung keine Befehle geben sollten, provozieren Sie den Partner zur Gegenwehr.
Verstehen Sie Bedürfnisse möglichst zweiseitig. Sie haben ein Bedürfnis und wünschen, dass dieses Bedürfnis durch den Partner erfüllt wird. Die Chance, dass der Partner dieses Bedürfnis erfüllt, dürfte größer sein, wenn er oder Sie Ihr Bedürfnis versteht, akzeptiert und sich motiviert fühlt, Sie in der Erfüllung dieses Bedürfnisses zu unterstützen.
Es fällt oft nicht einfach, über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen und sich zu artikulieren. Insgeheim erwarten wir, dass der Partner bzw. die Partnerin von sich aus weiß und erkennt, dass ich ein bestimmtes Bedürfnis habe. Eigentlich spekulieren wir dann darauf, dass der Partner in unserem Sinne handelt. Dann allerdings müsste der Partner hellseherische Fähigkeiten besitzen.
Auch wenn Sie Zeichen setzen, dürfen Sie nicht unmittelbar erwarten, dass der Partner diese sofort in Ihrem Sinne interpretiert und danach handelt. Besser ist es, Sie sprechen offen aus, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Dabei kommt es darauf an, dass Sie Ihre Wünsche so artikulieren, dass der Partner sich nicht provoziert, beleidigt oder gedemütigt fühlt. Vermeiden Sie negative Eindrücke. Versuchen Sie, Ihre Wünsche und Bedürfnisse konstruktiv vorzutragen und geben dem Partner damit die Möglichkeit, gleichfalls konstruktiv darauf zu reagieren. Denken Sie wie ein Diplomat.
Zum Beispiel: Sie waren gefühlt ewig nicht mehr im Kino. Wenn Sie dem Partner jetzt vorwerfen, dass er oder sie in den vergangenen Monaten überhaupt kein Interesse an einem Kinobesuch gezeigt habe, äußern Sie sich negativ. Vielleicht wird sich der Partner befleißigt fühlen, sich zu verteidigen und gesundheitliche, berufliche oder sonstige Gründe dafür anzuführen, dass der Besuch im Kino bis dato kein Thema war. Konstruktiver wäre es daher, wenn Sie äußern, dass Sie gerne ins Kino gehen möchten, weil gerade ein neuer Blockbuster läuft und Sie glücklich wären, wenn Sie begleitet würden. So geben Sie dem Partner einen Ansatz, darauf auf der gleichen konstruktiven Ebene zu reagieren. Er empfindet Ihre Nachfrage zumindest nicht als Kritik. Lehnt er dennoch ab, ist die Ablehnung weniger eine Verteidigung gegen einen Vorwurf, sondern mehr eine sachliche Begründung: Film A ist eine Zumutung, Film B wäre besser.
Jede eheliche Beziehung dürfte auf bestimmten grundlegenden Bedürfnissen aufbauen. Vielleicht sind Ihnen diese Bedürfnisse gar nicht bewusst. Dennoch ist davon auszugehen, dass auch Sie genau diese Bedürfnisse in sich tragen und mehr oder weniger bewusst danach handeln. Es kommen eine ganze Reihe typischer Bedürfnisse in Betracht (in Anlehnung an Richard Erskine: Beziehungsbedürfnisse ZTA 4, 2008).
Ihre Eheschließung gibt Ihnen ein Gefühl der Sicherheit. Vielleicht hatten Sie das Bedürfnis, nicht allein durchs Leben gehen zu wollen und Ihre persönliche, emotionale und wirtschaftliche Existenz in Verbindung mit einem Partner oder einer Partnerin absichern zu wollen. Der Wunsch und bestenfalls die Gewissheit, den Herausforderungen des Lebens nicht allein gegenüber zu stehen, wirkt beruhigend und schafft Perspektiven fürs Leben.
Sie haben geheiratet, nicht nur, weil Sie Zuneigung und Liebe empfinden, sondern weil Sie auch Wertschätzung durch den Partner oder die Partnerin erfahren haben. Sie möchten sich verstanden fühlen. Sie möchten wahrgenommen werden. Sie möchten kein Beiwerk sein. Sie möchten, dass der Partner Ihre Einstellung zum Leben zumindest insoweit akzeptiert, dass er oder sie nicht ständig versucht, Sie im eigenen Sinne umgestalten zu wollen.
Wenn Sie fühlen, dass der Partner Sie als Mensch mit all Ihren positiven und hoffentlich auch negativen Aspekten akzeptiert, fühlen Sie sich wertgeschätzt. Die Wertschätzung durch den Partner erhöht Ihr Selbstwertgefühl und sichert Ihren Platz im Leben ab.
Vielleicht fühlen Sie sich allein und schutzlos dem Leben und all seinen Herausforderungen ausgeliefert. Daraus entsteht ein Bedürfnis nach Schutz. Diesen Schutz kann der Partner oder die Partnerin bieten, wenn Sie gemeinsam durchs Leben gehen und Sie wissen, dass Sie den Partner im Rücken haben. Selbst wenn Ungewissheit oder Gefahr droht, wissen Sie, dass Sie jederzeit Unterstützung und Rückhalt finden und nicht zu befürchten brauchen, dass Sie allein auf sich gestellt sind.
Menschen sind bisweilen auch Einsiedler und Eremiten. In der Mehrzahl sind Menschen aber an der Gesellschaft anderer Menschen interessiert. Daraus entwickeln sich gerade in der Partnerschaft gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse, die die Partnerschaft zusammenschweißen, je intensiver diese Erfahrungen und Erlebnisse daherkommen.
Haben Sie gemeinsam ein Haus gebaut, Kinder in die Welt gesetzt und aufgezogen, gemeinsame Urlaubsreisen unternommen, wirtschaftliche Krisen erlebt oder gemeinsam Schicksalsschläge überstanden, haben Sie Gemeinsamkeiten, die Sie durch Ihr ganzes Leben begleiten. Ihr Bedürfnis nach gemeinsamen Erfahrungen kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass Sie im Alltag Wert darauf legen, gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin etwas zu unternehmen, sei es auch nur der gemeinsame Spaziergang oder der Besuch im Restaurant. Gäbe es dieses Bedürfnis nicht, wäre Ihre Partnerschaft nur eine Fassade.
Ihr Partner ist eine eigenständige Persönlichkeit, so wie Sie selbst auch. Ihre Partnerschaft lebt davon, dass Sie gegenseitig füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen. Dies bedingt, dass Sie auch das Bedürfnis haben, dem Partner zur Seite zu stehen, ihn oder sie zu beeinflussen und durchs Leben zu begleiten. Sie fühlen sich wohler, wenn Sie spüren, dass Sie einen gewissen Einfluss auf den Partner haben und der Partner mehr oder weniger so handelt, wie Sie es sich vorstellen. Wenn Sie merken, dass Sie eine emotionale Reaktion auslösen und Veränderungen bewirken können, empfinden Sie eine tiefgehende Genugtuung. So stärken Sie Ihre Partnerschaft.
Praxisbeispiel: Ihr Partner teilt mit, dass er im Beruf befördert wird, dann aber bereit sein muss, umzuziehen. Sie tun sich schwer damit, Ihre gewohnte Umgebung zu verlassen. Sie sprechen darüber, dass es Ihnen nicht so wichtig ist, wenn der Partner beruflich Karriere macht und mehr Geld verdient. Gesteht der Partner zu, dass die Nachteile eines Umzugs die Vorteile überwiegen und die Karriere nicht unbedingt alles überflügelt, haben Sie etwas bewirkt, das Sie insgeheim befriedigt und Ihre Beziehung sicherlich bestärkt.
So wie Sie das Bedürfnis haben, den Partner durchs Leben zu begleiten, haben Sie zumindest insgeheim auch das Bedürfnis, in Ihren eigenen Handlungen und Erfahrungen durch den Partner bestätigt zu werden. Wenn Sie etwas tun, gibt es nichts Befriedigendes, als wenn der Partner oder die Partnerin teilhat und Sie bestätigt. Wenn der Partner Sie versteht, Sie mental oder physisch unterstützt, Ihnen glaubt, was Sie sagen und Ihre Gefühle und Bedürfnisse spiegelt, steigert sich Ihr Selbstvertrauen und damit auch Ihr Vertrauen in Ihre Partnerschaft.
Praxisbeispiel: Sie pflegen Ihre demente Mutter. Ihre Belastung ist hoch. Sie ertragen die Aufgabe leichter, wenn der Partner Sie darin bestärkt, dass Sie das Richtige tun und Ihr Engagement lobenswert ist. Bestenfalls erfahren Sie auch tatkräftige Unterstützung.
Natürlich sind Liebe und Zuneigung elementare Pfeiler einer jeden Beziehung. Diese Art von Bedürfnissen beruht aber darauf, dass zugleich auch andere Bedürfnisse vorrangig erfüllt werden. Wenn Sie keine Wertschätzung durch den Partner erfahren, leidet darunter irgendwann auch die Liebe. Die Zuneigung füreinander lässt nach. Insoweit bedingen sich diese Bedürfnisse gegenseitig. Liebe und Zuneigung stehen und fallen also damit, dass zumindest parallel dazu andere Bedürfnisse erfüllt werden.
Umgekehrt drücken Sie mit Ihrer Liebe und Zuneigung zugleich Fürsorge, Dankbarkeit und Wertschätzung aus. Nimmt der Partner diese wohlwollend und anerkennend entgegen, fühlen Sie sich verbunden und empfinden die beiderseitigen Bedürfnisse wie das Salz in der Suppe. Nicht zuletzt werden Sie damit Ihrer Verantwortung gerecht, in der Ehe füreinander einzustehen und füreinander Verantwortung zu tragen.
Eine gute Beziehung lebt davon, dass Sie gemeinsam etwas unternehmen, Ideen haben und Ihr Leben gestalten. Je kreativer Sie darin sind, desto konstruktiver, positiver, befriedigender und erfreulicher ist Ihr gemeinsames Leben. Fällt Ihnen und dem Partner nichts ein, bleibt Ihre Beziehung leblos, monoton und langweilig. Im Idealfall wechseln Sie sich in der Ideenfindung ab.
Je überraschender und unvorhersehbarer Sie eine Idee vortragen, desto mehr erscheinen Sie oder umgekehrt Ihr Partner als der- oder diejenige, der dazu beiträgt, Ihre Beziehung zu gestalten. Einer muss also stets die Initiative ergreifen. Machen Ihrem Partner verschiedene Angebote. Erwarten Sie nicht unbedingt, dass jede Initiative das Wohlwollen Ihres Partners findet. Kritik muss erlaubt sein. Auch eine Ablehnung sollte Sie nicht in Ihrem Glauben an Ihre gute Beziehung erschüttern. Verstehen Sie Ihre Initiativen als Idee, aus der Sie gemeinsam eine Unternehmung, ein Projekt oder eine noch konstruktivere Initiative entwickeln.
Praxisbeispiel: Sie sind gärtnerisch veranlagt. Sie schlagen vor, im Garten ein Beet anzulegen und eigenes Gemüse aufzuziehen. Ihr Partner findet die Idee gut und macht sich sogleich an die Arbeit, die Beete anzulegen. Hätten Sie diese Idee nicht gehabt, bliebe Ihr Garten so wie er ist.
Eine Ehe ist tagtäglichen Belastungsproben ausgesetzt. Bedürfnisse lassen sich zumindest auf Dauer nicht ignorieren. Wird ein Bedürfnis nicht erfüllt, leidet darunter die Beziehung:
Diese Checkliste zeigt Ihnen Gründe auf, die für und gegen eine Trennung sprechen.
Werden Bedürfnisse in der Beziehung nicht ernst genommen und artikuliert, bleiben Paare oft nur um des lieben Friedens willen oder wegen der Kinder zusammen. In irgendeiner Art und Weise manifestiert sich die Situation. Sie unternehmen nichts mehr gemeinsam, gehen nicht mehr aus, verreisen nicht mehr, haben keinen Sex mehr miteinander, sitzen abends wortlos vor dem Fernseher und jeder tut letztlich das, was er oder sie selbst will.
Schweigen ist der Tod vieler Beziehungen. Ihre Beziehung wird nur besser, wenn beide Partner zufrieden sind. Daher ist es wichtig, dass Sie sich für Ihre eigenen Bedürfnisse einsetzen und umgekehrt Ihr Partner oder Ihre Partnerin das gleiche tut. Erwarten Sie nicht, dass Sie von einem Moment auf den anderen alles ändern können. Gehen Sie in kleinen Schritten vor. Fangen Sie dort an, wo Sie glauben, einen Ansatzpunkt zu haben, sei er auch noch so winzig klein.
Wertschätzen Sie jede Reaktion des Partners. Versuchen Sie darauf konstruktiv aufzubauen. Viele kleine Schritte ermöglichen letztlich einen großen Schritt. Lassen Sie auch Ihr Bauchgefühl entscheiden. Nicht alles lässt sich in einer Beziehung rational erklären.
Reagiert Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin in einer bestimmten Art und Weise, sollten Sie sich fragen, was dahinter steckt, warum er oder sie so reagiert, was die Ursache dafür ist oder welche Gefühle eine bestimmte Handlung oder Verhaltensweise ausgelöst haben. Gelingt es, die Motivation des Partners herauszufinden, können Sie leichter entscheiden, wie Sie damit umgehen und wie Sie weitermachen.
Berücksichtigen Sie insbesondere auch, dass Sie selbst Ursache des Problems sein könnten. Seien Sie selbstkritisch, aber nicht überkritisch. Kommt es zu einem Gespräch mit dem Partner, akzeptieren Sie auch eine gewisse Kritik des Partners an Ihrer Person und versuchen Sie, Ihr Verhalten an der Kritik auszurichten. Weisen Sie nicht jede Kritik pauschal und kompromisslos von sich. Analysieren Sie, inwieweit die Kritik vielleicht zutrifft und inwieweit Sie aufeinander zugehen könnten. Reagieren Sie nicht unmittelbar. Schlafen Sie erst darüber und geben Ihre Einschätzung nächsten Tag dazu ab.
Achten Sie dabei auf die Körpersprache des Partners. Auch die nonverbale Kommunikation gibt Auskunft und Information, was der Partner denkt, fühlt und insgeheim vielleicht artikulieren möchte. Interpretieren Sie darüber nicht jede Reaktion gleich negativ. Versuchen Sie möglichst, neutral oder positiv zu beurteilen.
Guter Rat für eine Beziehung ist immer schwierig. Der beste Psychologe und Therapeut sind letztlich Sie selbst. Nur Sie kennen Ihr Inneres. Ein Dritter kann nur danach urteilen, was Sie artikulieren. Denken Sie daran, dass jede Beziehung durch Täler verläuft, es aber auch immer wieder bergauf gehen kann.
Geschrieben von: Jennifer Habernach & Volker Beeden