Gerade wenn Sie in Trennung leben und die Scheidung anstreben, sollten Sie emotionale Entscheidungen und sachliche Einschätzungen unterscheiden. Wir erklären Ihnen ungeachtet aller guten Ratschläge, was Sie bei der Trennung außerdem noch alles beachten sollten, wie Sie Ihre Scheidung mental und in der Sache vorbereiten und wie Sie typische Fehler vermeiden.
Tipp 1: In Kontakt mit dem Ehepartner bleiben
Im Zuge Ihrer Scheidung kommt es zu Entscheidungen, die beide Ehepartner nur einvernehmlich vornehmen (sollten). Daher sollten Sie möglichst in Kontakt bleiben, zumindest um dringende Fragen zu klären, die die rechtlichen Folgen Ihrer Scheidung betreffen.
Tipp 2: Folgenvereinbarungen treffen
Alles, was außergerichtlich vereinbart werden kann, dient dem gemeinsamen Geldbeutel. Eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung trägt dazu bei, dass der Verfahrenswert nicht zusätzlich steigt und Sie kein langwieriges und belastendes Scheidungsverfahren durchmachen müssen.
Tipp 3: Schon früh den Versorgungsausgleich vorbereiten
Kümmern Sie sich rechtzeitig um den Versorgungsausgleich, um die Terminierung des Scheidungstermins nicht unnötig zu verzögern.
Sie können Ihren Scheidungsantrag erst nach Vollzug des Trennungsjahres über Ihren Rechtsanwalt beim Familiengericht stellen. Stellen Sie Ihren Scheidungsantrag also nicht zu früh. Reichen Sie den Scheidungsantrag nämlich vor Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht ein, riskieren Sie, dass der Richter Ihren Antrag gebührenpflichtig zurückweist.
Sie können Ihren Scheidungsantrag allerdings bereits wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres über Ihren Rechtsanwalt beim Familiengericht einreichen. Bis Ihr Antrag in die Sachbearbeitung gelangt, ist das Trennungsjahr dann meist abgelaufen.
Ehepaare kommen immer wieder auf die Idee wahrheitswidrig zu behaupten das Trennungsjahr sei bereits abgelaufen. Tatsächlich leben sie erst wenige Wochen oder Monate getrennt. In diesem Fall setzen Sie sich unnötigen Risiken aus. Sollte Ihr Ehepartner es sich anders überlegen und die einvernehmlich angedachte Scheidung ablehnen, könnte er dem Richter erklären, dass Sie sich wahrheitswidrig abgesprochen haben. Sie riskieren, dass der Richter Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweist. Sie zahlen dann die bereits von Ihnen verauslagten Gerichtsgebühren und die von Ihrem Anwalt berechnete Verfahrensgebühr. Hat er Sie bereits in einer mündlichen Verhandlung vor Gericht vertreten, fällt auch die Terminsgebühr an. Letztlich setzen Sie sich dem Verdacht des strafbaren Prozessbetruges aus. Bleiben Sie also möglichst bei der Wahrheit.
In sogenannten Härtefällen können Sie vorzeitig ausnahmsweise vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Voraussetzung ist, dass Sie Gründe behaupten, die es Ihnen in der Person des Antragsgegners unzumutbar machen, die Ehe bis zum Ablauf des Trennungsjahres fortzusetzen. Härtefallscheidungen sind aber Ausnahmefälle, die Sie nicht überschätzen dürfen. Allein die Tatsache Ihre Trennung begründet keinen Härtefall, der eine umgehende Scheidung ohne Trennungsjahr rechtfertigt. Die Anforderungen an den Sachvortrag sind hoch.
Expertentipp: Blitzscheidungen gibt es nicht. Scheidungen setzen stets den Ablauf des Trennungsjahres voraus. Eine Ausnahme ist allenfalls die Härtefallscheidung. Sie können Ihre Scheidung allenfalls beschleunigen, indem Sie idealerweise die einvernehmliche Scheidung betreiben, Ihren Scheidungsantrag online in die Wege leiten und eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung regeln. Außerdem können Sie frühzeitig dafür sorgen, dass das Familiengericht problemlos den Versorgungsausgleich durchführen kann. So kommen Sie einer Blitzscheidung zumindest nahe.
Sie gehen auch ein erhebliches Kostenrisiko ein. Setzt der Familienrichter auf Antrag Ihres Ehepartners einen frühen ersten Verhandlungstermin an, bei dem sich ergibt, dass keine unzumutbare Härte vorliegt, wird er Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweisen. Sie müssen den Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahres erneut stellen. Ihr Anwalt wird dafür eine neue Verfahrensgebühr in Rechnung stellen. Und die Gerichtsgebühren müssen Sie auch noch einmal bezahlen.
Auch wenn Sie sich wegen Ihrer Trennung und Scheidung einig sind, sollten Sie nicht gemeinsam zu einem Rechtsanwalt gehen. Rechtsanwälte sind nämlich Interessenvertreter und dürfen nur die Partei beraten, die das Mandat erteilt. Würde der Anwalt auch Ihren Ehepartner beraten, entstünde für ihn ein Interessenkonflikt. Der Anwalt würde sich wegen Parteiverrats strafbar machen.
Wie finde ich den für mich richtigen Anwalt? Erfahren Sie hier auch, wie Sie Ihren Anwalt wechseln können.
Expertentipp: Der Wunsch, einen gemeinsamen Anwalt zu nehmen, ist oft darin begründet, dass Ehepaare glauben, Streitigkeiten gerade so vermeiden zu können. Würde sich jeder einen Anwalt nehmen, liefe das auf Streit hinaus. Unproblematisch ist allenfalls die Situation, dass Sie mit Ihrem Ehepartner an einer Besprechung im Vorfeld teilnehmen, bei der es nur darum geht, den Ablauf des Scheidungsverfahrens zu erklären. Allerdings wird Sie der Anwalt sofort belehren, dass er nur für eine Partei tätig werden kann. Sie oder umgekehrt Ihr Ehepartner dürfen die Situation also nicht missverstehen. Die Tatsache, dass ein Anwalt nur einen Ehepartner vertreten kann, ist kein Misstrauensvotum gegenüber dem Partner.
Trotz Ihrer vielleicht schmerzlichen Trennung, sollten Sie die Kommunikation mit Ihrem Ehepartner möglichst aufrechterhalten. Die Abwicklung Ihrer Ehe verlangt Entscheidungen, die Sie oft nur einvernehmlich treffen können oder treffen sollten. Schließlich müssen Sie gemeinsam entscheiden, wer die eheliche Wohnung behält, wie der Hausrat aufgeteilt wird, ob der Partner mit einer einvernehmlichen Scheidung einverstanden ist und inwieweit eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werden können.
Expertentipp: Wenn Sie sich einen „Gesprächskanal“ aufrechterhalten, profitieren Sie vor allem, wenn Sie gemeinsame Kinder haben. Schließlich üben Sie zusammen mit Ihrem Ehepartner auch nach der Trennung und Scheidung gemeinsam das Sorgerecht aus. Dieses tut sich erheblich leichter, wenn Sie sich dann immer noch in die Augen schauen können. Glauben Sie nicht, dass Ihnen die Kommunikation über Ihren Rechtsanwalt leichter fällt. Denken Sie stets an das Wohl Ihrer Kinder.
Es liegt in der Natur der Sache, wenn Sie infolge Ihrer Trennung Schwierigkeiten haben mit Ihrem Ehepartner Klartext zu reden. Oft stellt sich Sprachlosigkeit ein. Trotzdem müssen Sie sich der ungeheuren Aufgabe stellen, Ihre eheliche Lebensgemeinschaft abzuwickeln. Dies gelingt nur, wenn Sie trotz aller Vorbehalte miteinander sprechen. Es ist ein fataler Irrglaube, wenn Ehepaare meinen, ihre Probleme allein und ausschließlich durch den Familienrichter klären lassen zu können. Muss der Familienrichter eine Entscheidung treffen, läuft der Inhalt oft auf einen Kompromiss hinaus, mit dem kein Ehepartner wirklich zufrieden ist.
Expertentipp: Versuchen Sie trotz aller Vorbehalte, Ihre Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen als einvernehmliche Scheidung zu bewerkstelligen. Eventuelle Scheidungsfolgen regeln Sie außergerichtlich in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Vereinbarungen dieser Art lassen sich oft faktisch umsetzen (Beispiel: Sie verlassen die eheliche Wohnung und nehmen sich eine neue Wohnung). Dann genügt die mündliche Absprache. Im Zweifelsfall kann sich aber zumindest eine schriftliche Vereinbarung empfehlen. Sofern Sie die Vereinbarung aber rechtsverbindlich gestalten möchten (z.B. Regelung des Zugewinnausgleichs oder Ehegattenunterhalts), sollten Sie die Vereinbarung notariell beurkunden lassen. Notfalls können Sie die Vereinbarung im mündlichen Scheidungstermin auch zu Protokoll des Gerichts diktieren und protokollieren lassen. Auch dann ist sie rechtsverbindlich.
Wenn wir Ihnen empfehlen, außergerichtlich eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung herbeizuführen, ist das natürlich leichter gesagt als getan. Oft gehen beide Partner zum Rechtsanwalt und tauschen über die Anwälte seitenlange Schriftsätze aus. Kompromisse sind dann eher selten, da jeder auf sein vermeintliches Recht besteht. Insoweit kann es empfehlenswert sein, frühzeitig einen Mediator einzubeziehen. Mediatoren sind sachkundige Dritte, die beide Ehepartner anhören und Vorschläge unterbreiten, wie die Interessen unter einen Hut gebracht werden können. Mediatoren sind neutral und dürfen keinen Ehepartner bevorzugen oder benachteiligen. Das Ergebnis solcher Mediatorengespräche kann Grundlage sein, eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abzuschließen. Mediatoren, die zugleich Rechtsanwalt sind, dürfen Sie oder Ihren Ehepartner anschließend nicht als Rechtsanwalt im Scheidungsverfahren vertreten. Wir vermitteln Ihnen gerne einen Mediator in Ihrer Region.
Expertentipp: Es ist alles andere als ein Klischee, wenn manche Scheidung in einen Rosenkrieg mündet. Rosenkriege sind ruinöse Auseinandersetzungen. Sie kennen weder Sieger noch Verlierer. Auch wenn Sie Ihre Rachegelüste, Enttäuschungen, Wut und den Schmerz Ihrer Trennung kaum überwinden können, sollten Sie alles tun, um wenigstens einen solchen Rosenkrieg zu vermeiden.
Soweit Sie den Versorgungsausgleich nicht ehevertraglich geregelt haben, muss der Familienrichter den Versorgungsausgleich von Amts wegen durchführen. Das Versorgungsausgleichsverfahren verzögert viele Ehescheidungsverfahren erheblich. Grund ist, dass der Rentenversicherungsverlauf unklar ist oder versicherungsrelevante Zeiten nicht erfasst wurden. Das Gericht wird erst den Anhörungstermin für Ihre Scheidung bestimmen, wenn ihm die für den Versorgungsausgleich notwendigen Auskünfte der Rentenversicherungsträger vorliegen. Sie sind also gut beraten, schon im Vorfeld eventuelle Lücken in Ihrem Rentenversicherungskonto abzuklären. Beispielsweise sind oft rentenrelevante Mutterschutzzeiten nicht vermerkt.
Warum muss der Versorgungsausgleich durchgeführt werden? Erfahren Sie hier, worauf es bei dem Versorgungsausgleich ankommt.
Expertentipp: Ist Ihr Rentenversicherungskonto fehlerfrei, hat Ihr Anwalt die Möglichkeit, das Formular für den Versorgungsausgleich gleichzeitig mit dem Scheidungsantrag beim Familiengericht einzureichen. Sie sparen sich damit mehrere Wochen Postlaufzeit und die oft langwierige Sachbearbeitung bei Ihrem Rentenversicherungsträger und bei Gericht. Sie sollten Ihrem Ehepartner ans Herz legen das Gleiche zu tun. Lassen Sie sich dazu bei Ihrem Rentenversicherungsträger beraten. Die Deutsche Rentenversicherung hält hierzu in vielen deutschen Großstädten Beratungsstellen vor. Beachten Sie, dass die Beratungstermine meist lange Vorlaufzeiten haben.
Sind Sie selbst rechtsschutzversichert oder über den Rechtsschutzversicherungsvertrag Ihres Ehepartners familienversichert, zahlt die Rechtsschutzversicherung regelmäßig nur die anwaltliche Erstberatung. Die Versicherung zahlt aber nicht die Verfahrenskosten für Ihre Scheidung vor Gericht. Eine Ausnahme besteht nur bei der ARAG-Rechtsschutzversicherung, sofern Sie den Versicherungsvertrag drei Jahre vorher abgeschlossen haben und die Verfahrenskosten einen bestimmten Betrag nicht übersteigen.
Sofern Sie unseren Scheidungsservice in Anspruch nehmen, können wir Ihnen gerne eine Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt vermitteln, über den Sie Ihre Scheidung abwickeln. Haben Sie nur ein geringes Einkommen, können Sie zudem staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen. Dann übernimmt der Staat vollständig oder gegen eine Rückzahlungsvereinbarung die Gebühren für Gericht und Anwalt.
Expertentipp: Sind Sie rechtsschutzversichert, können Sie sich bei einem Anwalt in einem ersten Beratungsgespräch über Ihre grundsätzlichen Rechte und Pflichten und den Ablauf eines Scheidungsverfahrens informieren und beraten lassen. Anwälte verzichten teilweise aber auch auf die Berechnung von Erstberatungsgebühren. Sollten Sie unseren Scheidungsservice in Anspruch nehmen, vermitteln wir Sie regelmäßig an einen Anwalt, der für Ihre Erstberatung gleichfalls keine Erstberatungsgebühren berechnet.
Trennen sich Ehepaare, ist meist auch die Liquidität knapp bemessen. Vor allem, wenn ein Partner nicht erwerbstätig war, den Haushalt führte und die Kinder betreute und der Ehepartner sich weigert, den anderen finanziell zu unterstützen, steht ein Ehepartner oft finanziell vor dem Nichts. In diesem Fall gilt es, Einnahmequellen aufzutun. Achten Sie darauf, dass Sie im Falle eines gemeinsamen Bankkontos rechtzeitig eine Auflösung des Kontos beantragen. Ab dem Zeitpunkt der Trennung haben Sie als betreuender Elternteil Anspruch auf Kindesunterhalt oder Unterhaltsvorschuss, wenn der nicht betreuende Elternteil den Kindesunterhalt verweigert oder zahlungsunfähig ist. Sie haben Anspruch auf Trennungsunterhalt und unter bestimmten Voraussetzungen nach der Scheidung Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt. Notfalls sollten Sie sich nicht scheuen, öffentliche Leistungen (z.B. Wohngeld) zu beantragen.
Unterhaltsvorschuss, wie und wo Sie ihn beantragen können und was Sie dafür brauchen.
Expertentipp: Um zu beurteilen, ob Ihr Ehepartner unterhaltspflichtig ist, sollten Sie Ihr gesetzliches Auskunftsrecht in Anspruch nehmen. Ihr Partner ist verpflichtet, Sie über seine wirtschaftlichen Verhältnisse umfänglich zu informieren. Auf der Grundlage dieser Auskunft könnten Sie dann gegebenenfalls Ihren Unterhaltsanspruch gerichtlich geltend machen.
Sie können nach Ihrer Trennung Ihre Ehe so abwickeln, wie es das Ehepaar Anja und Christoph in dem TV-Film „Scheidung für Anfänger“ anschaulich und abschreckend vorgeführt hat. Möchten Sie diesen Weg nicht gehen, sollten Sie Ihre Scheidung lieber nach den vorstehend genannten Empfehlungen als „Scheidung für Fortgeschrittene“ bewerkstelligen.
Geschrieben von: iurFRIEND®-Redation