Konnten Sie in der Zeit Ihrer Trennung von Ihrem Ehepartner noch relativ problemlos Trennungsunterhalt geltend machen, ändert sich die Situation mit der Scheidung. Nachehelicher Unterhalt gehört zum Ehegattenunterhalt und setzt voraus, dass Sie nach den Maßstäben im Familienrecht aufgrund ehebedingter Nachteile finanziell bedürftig sind. Können Sie Ihre Bedürftigkeit nicht nachweisen, sind Sie ab dem Zeitpunkt der Scheidung selbst für Ihren Lebensunterhalt verantwortlich. Wir erklären Ihnen, was Sie im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt wissen sollten und wann Sie nach der Scheidung Unterhalt erhalten.
Tipp 1: Weisen Sie Ihre Bedürftigkeit nach
Können Sie Ihre Bedürftigkeit nicht nachweisen, sind Sie selbst für Ihren Lebensunterhalt verantwortlich.
Tipp 2: Ihr Ex- Ehepartner muss leistungsfähig sein
Geld bekommen Sie nur, wenn Ihr Ehepartner leistungsfähig ist. Ihr Ehepartner ist dann leistungsfähig, wenn er Ihnen Unterhalt zahlen kann, ohne seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf zu gefährden.
Tipp 3: Schließen Sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung ab
Im Idealfall verständigen Sie sich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung auf vielleicht zeitlich befristete oder in der Höhe beschränkte Unterhaltszahlungen und ermöglichen damit die einvernehmliche Scheidung.
Der Unterhalt nach der Scheidung ist anders als der Unterhalt nach der Trennung. Geht es um den Ehegattenunterhalt nach der Scheidung, hat jeder Ehepartner seine eigene Sichtweise. Vielleicht glauben Sie, gar nicht genug einfordern zu können oder glauben umgekehrt, dass Ihrem Ehepartner weniger oder vielleicht auch gar nichts zusteht. Ihre Einstellung führt zwangsläufig zu Problemen. Sie provozieren Ihren Partner und schaffen die Voraussetzung, Ihren Unterhaltsrechtsstreit gerichtlich auszutragen. Unterhaltsprozesse sind langwierig, kostenträchtig und im Ergebnis kaum kalkulierbar.
Expertentipp: Wenn Sie sich dem Thema Unterhalt nach der Scheidung sachlich zuwenden, sollten Sie in der Lage sein, die Unterhaltsfrage im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln. Sie profitieren dann auch davon, dass Sie Ihre Scheidung idealerweise einvernehmlich abwickeln. Die einvernehmliche Scheidung ist der optimale Weg, Ihre Ehe so kostengünstig, zügig und emotional schonend wie möglich abzuwickeln. Der nacheheliche Unterhalt sollte also auch einvernehmlich geklärt werden.
Nach der Scheidung sollten Sie auf eigenen Füßen stehen. Oft ist dies schwierig. Schließlich müssen Sie Ihren Haushalt jetzt alleine führen. Es gibt keinen Anspruch mehr darauf, weiter nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu leben. Im günstigsten Fall sind Sie berufstätig und können sich mit Ihrem Einkommen zumindest über Wasser halten. Sie sind dann nicht bedürftig. Ihr Ehepartner ist nicht verpflichtet, Ihnen nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Nur dann, wenn Sie finanziell bedürftig sind, haben Sie Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung.
Expertentipp: Hat Ihnen Ihr Ehepartner für den Zeitraum Ihrer Trennung Trennungsunterhalt gezahlt, endet Ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt in dem Zeitpunkt, in dem die Scheidung rechtskräftig wird. Trennungsunterhalt hat eine andere Zielrichtung. Es geht darum, dass Sie wegen der Trennung nicht gleich in ein finanzielles Loch fallen und die Möglichkeit haben, sich auf die neue Situation einzustellen. Haben Sie beispielsweise in der Ehe die Kinder betreut und den Haushalt geführt, brauchen Sie nicht gleich wieder zu arbeiten, nur um sich selbst ernähren zu können. Auch wenn Sie bereits erwerbstätig waren, brauchen Sie nicht gleich voll ins Erwerbsleben zu starten. Vielmehr haben Sie in Ihrer Trennungsphase eine gewisse Übergangszeit, die es Ihnen ermöglicht, sich auf die Zeit nach der Scheidung vorzubereiten. Es kommt also nicht darauf an, dass Sie eine der Unterhaltstatbestände nachweisen, die Voraussetzung für den nachehelichen Unterhalt sind. Details dazu später.
Ist Ihr Ehepartner bedürftig, sind Sie nach der Scheidung unterhaltspflichtig. Der Grund besteht darin, dass Sie sich auch mit der Scheidung nicht ohne Weiteres aus Ihrer ehelichen Verantwortung verabschieden können. Sie bleiben auch nach der Scheidung für Ihren Ehepartner verantwortlich. Da Sie einander geheiratet haben, haben Sie in der Sprache des Gesetzes „füreinander Verantwortung übernommen“, die auch nach der Scheidung fortwirkt. Insoweit war Ihre Ehe nicht nur eine Lebensgemeinschaft, sondern auch eine Schicksalsgemeinschaft.
Im Normalfall haben Sie Ihre Lebensführung aufeinander abgestimmt und die häuslichen Aufgaben verteilt. Soweit Ihr Ehepartner beispielsweise einen ausgeübten Beruf aufgegeben oder eine Berufsausbildung abgebrochen hat oder die Kinder und den Haushalt betreut hat, dürfen ihm/ihr daraus keine Nachteile erwachsen, wenn Ihre Ehe geschieden wird. Da dem Partner dadurch ehebedingte Nachteile erwachsen sind, sind Sie auch nach der Scheidung für den Lebensunterhalt Ihres Ehepartners verantwortlich. Es ist die Rede von der „nachehelichen Solidarität“.
Seit der Unterhaltsrechtsreform im Jahr 2008 steht der Grundsatz der Eigenverantwortung im Vordergrund. Werden Sie geschieden, sind Sie spätestens ab dem Zeitpunkt der Scheidung selbst für Ihren Lebensunterhalt verantwortlich. Ihr Ehepartner hat keine Unterhaltspflichten. So lautet jedenfalls der Grundsatz des Unterhaltsrechts.
Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn Sie infolge Ihrer ehebedingten Verhältnisse unterhaltsbedürftig und damit auf die finanzielle Unterstützung Ihres Ex-Partners angewiesen sind. Um zu definieren, in welchen Fällen Sie bedürftig sind, beschreibt das Gesetz in §§ 1570 – 1579 BGB sieben unterschiedliche Unterhaltstatbestände. Darin werden typische Lebenssituationen aufgegriffen, die dadurch entstanden sind, dass Sie geheiratet haben und in eine eheliche Lebensgemeinschaft eingebunden waren.
Sie haben Anspruch auf Ehegattenterhalt nach der Scheidung, wenn Sie einen der folgenden Unterhaltstatbestände begründen und nachweisen können:
Ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt begründet sich daraus, dass Sie bedürftig sein müssen. Sie sind bedürftig, solange und soweit Sie sich aus Ihren Einkünften und Ihrem Vermögen nicht selbst unterhalten können. Wenn Sie einen der vorgenannten sieben Unterhaltstatbestände begründen können, sind Sie im Regelfall auch bedürftig. Dennoch dürfen Sie eine solche Lebenssituation nicht pauschal betrachten, sondern müssen im Detail stets begründen, warum und inwieweit sich aus gerade dieser Lebenssituation Ihre Bedürftigkeit ergibt und deshalb ein Unterhaltsanspruch gegen Ihren Ex-Ehepartner begründet ist.
Expertentipp: Sie brauchen den Stamm Ihres Vermögens nicht zu verwerten, wenn die Verwertung unwirtschaftlich wäre. Gehört Ihnen beispielsweise eine kleine bei der Bank bereits abbezahlte Eigentumswohnung, brauchen Sie die Wohnung nicht unbedingt zu verkaufen, um von dem Erlös leben zu können. Schließlich sparen Sie dadurch die Miete und müssten, wenn Sie die Wohnung verkaufen würden, in Miete ziehen. Ihr Ehepartner kann den nachehelichen Unterhalt also nicht mit dem Argument verweigern, Sie müssten erst die Wohnung verkaufen und den Erlös für Ihre Lebensführung verwenden.
Dass Sie bedürftig sind, genügt allein noch nicht, um in den Genuss von Unterhaltszahlungen zu kommen. Geld bekommen Sie nur, wenn Ihr Ehepartner leistungsfähig ist. Ihr Ehepartner ist dann leistungsfähig, wenn er Ihnen Unterhalt zahlen kann, ohne seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf zu gefährden. Ihm muss immer ein Selbstbehalt verbleiben. Der monatliche Selbstbehalt oder Eigenbedarf beläuft sich auf 1.510 EUR.
Expertentipp: Sind Sie gegenüber mehreren Personen unterhaltspflichtig (z.B. Kindesunterhalt und nachehelicher Unterhalt), reicht Ihr verfügbares Einkommen möglicherweise nicht aus, um alle Unterhaltspflichten zu erfüllen. In einem solchen „Mangelfall“ wird Ihr verfügbares Einkommen unter den unterhaltsberechtigten Personen anteilsmäßig aufgeteilt. Dabei sind vorrangig minderjährige und diesen gleichgestellte „privilegierte“ Kinder zu bedienen. Erst in der nächsten Rangfolge kommt der Ex-Ehepartner zum Zuge.
Sie können so lange nachehelichen Unterhalt erfordern, wie Sie einen der gesetzlichen Unterhaltstatbestände begründen und nachweisen können. Solange Ihre ehebedingten Nachteile fortbestehen, besteht auch ein Zahlungsanspruch. Der Anspruch entfällt, sobald Ihre Bedürftigkeit endet.
Expertentipp: Sie beziehen Betreuungsunterhalt wegen der Betreuung Ihres Kleinkindes. Als das Kind drei Jahre alt wird, können Sie das Kind in einem Ganztagskindergarten unterbringen und wieder arbeiten und eigenes Geld verdienen. Ihre Bedürftigkeit entfällt. Somit entfällt auch Ihr Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.
Nachehelicher Unterhalt kann, wenn Sie darüber eine Vereinbarung treffen oder der Richter ein Urteil fällt, zeitlich befristet oder in der Höhe beschränkt sein. Im Idealfall haben Sie in einer Scheidungsfolgenvereinbarung außergerichtlich geregelt, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Sie Unterhalt bekommen oder Unterhalt zahlen. Dabei kann Ihr unterhaltspflichtiger Ehepartner die Unterhaltsvereinbarung auch ändern, wenn sich seine Lebenssituation so ändert, dass er selbst nicht mehr arbeiten kann oder nur noch so viel verdient, dass er sich gerade selbst unterhalten kann.
Diese Checkliste unterstützt Sie Schritt für Schritt bei dem Entwerfen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Heiratet Ihr Ex-Ehepartner erneut und verdient der neue Ehepartner gutes Geld, bleibt dessen Einkommen unberücksichtigt. Die Unterhaltspflicht bestimmt sich nur danach, wie viel Ihr Ex-Ehepartner verdient.
Expertentipp: Liegt das Einkommen Ihres Ex-Partners unter dessen Selbstbehalt, erniedrigen die Gerichte vielfach den Selbstbehalt. Infolgedessen kann Ihr Ehepartner Ihnen mehr Unterhalt zahlen. Grund ist, dass seine Lebenshaltungskosten infolge der Wiederheirat geringer ausfallen, als wenn er alleine leben würde. Er profitiert davon, dass sein neuer Partner Einkommen hat, an dem er direkt oder indirekt beteiligt ist. Die Gerichte mindern deshalb den Selbstbehalt um ca. 10 bis 25 %.
Eine sehr gute Idee! Sofern Sie mit Ihrem Ehepartner vernünftig kommunizieren können, sollten Sie den Unterhalt in einer Unterhaltsvereinbarung festschreiben. Eine solche Vereinbarung zum Unterhalt ist nichts anderes als eine Scheidungsfolgenvereinbarung, mit der Sie vor allem auch die einvernehmliche Scheidung bewerkstelligen können und die streitige Scheidung vermeiden. Bedenken Sie dabei, dass Sie eine Vereinbarung nur erreichen, wenn Sie Ihre Forderung angemessen beziffern und Ihren Partner nicht mit überzogenen Forderungen provozieren. Ihr Ehepartner wird dann sicher eher bereit sein, über Ihre Forderung zu verhandeln und eine angemessene Zahlung zu akzeptieren.
Unterhaltsstreitigkeiten, sei es nach der Trennung oder nach der Scheidung, sind langwierige und aufwändige Prozesse vor Gericht. Oft liegt die Unterhaltspflicht auf der Hand. Es erscheint dann wenig sinnvoll, sich wegen vielleicht weniger Euro zu streiten. Im Idealfall vereinbaren Sie in einer Scheidungsfolgenvereinbarung eine angemessene, zeitliche oder der Höhe nach vielleicht begrenzte Zahlung nachehelichen Unterhalts.
Geschrieben von: Volker Beeden