Ohne Trennung keine Scheidung. Leider droht die Trennung oft am Geld zu scheitern. Schließlich müsste ein Ehepartner aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung ausziehen und einen eigenen Hausstand finanzieren. Was liegt also näher, als die Trennung unter einem Dach zu versuchen. Die Frage ist, ob das wirklich realistisch geht oder welche Aspekte dagegen stehen. Wir versuchen mit diesem Textbeitrag, Ihnen Entscheidungshilfen an die Hand zu geben.
Tipp 1: Trennung von Tisch und Bett
Auflösung der häuslichen Gemeinschaft unter einem Dach bedeutet, dass Sie die Räumlichkeiten in Ihrer Wohnung aufteilen, wechselseitige Versorgungsleistungen unterlassen und keine partnerschaftlichen Gemeinsamkeiten mehr zulassen.
Tipp 2: Ihre eheliche Wohnung steht bis zur Scheidung Ihnen beiden zu
Sie können nicht ohne weiteres verlangen, dass Ihr Ehepartner aus der Wohnung auszieht. Solange Sie in der Trennungszeit leben und Ihre Ehe formal fortbesteht, bleibt Ihre eheliche Wohnung Ihre gemeinsame Wohnung. Es spielt zunächst keine Rolle, welcher Ehepartner Eigentümer der Wohnung ist oder wer den Mietvertrag unterschrieben hat.
Tipp 3: Teilen Sie sich die Miete
Gegenüber dem Vermieter ist derjenige zahlungspflichtig, der als Mietvertragspartei im Mietvertrag steht. Sind Sie beide im Mietvertrag als Vertragspartei bezeichnet, schuldet jeder die Miete jeweils zur Hälfte.
Getrennt sind Sie, wenn Sie nicht mehr miteinander leben und Ihre eheliche Lebensgemeinschaft beenden wollen. Ihre Trennung ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Ihre Ehe gescheitert ist und Sie oder Ihr Ehepartner nach dem Vollzug des Trennungsjahres die Scheidung beim Familiengericht einreichen können.
Nach der Definition des Gesetzes leben Sie getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und kein Ehepartner diese erkennbar wiederherstellen will, weil er/sie die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Interessanterweise erkennt das Gesetz auch an, dass die häusliche Gemeinschaft auch dann nicht mehr besteht, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (§ 1567 BGB).
Auch wenn die gesetzliche Definition nachvollziehbar erscheint, ergeben sich in der Praxis gewisse Schwierigkeiten. Sie sollten also genau wissen, worauf es bei der Trennung ankommt und wie Sie Ihre Trennung gesetzeskonform vollziehen.
Gut zu wissen: Ihre Trennung ist ein wichtiger Aspekt in der mündlichen Verhandlung über Ihre Scheidung. Der Richter wird Sie im Regelfall ausdrücklich fragen, ob Sie tatsächlich getrennt voneinander leben und ob Sie das Trennungsjahr vollzogen haben. Geben Sie beispielsweise abweichende Trennungszeitpunkte an oder behauptet Ihr Ehepartner, Sie hätten sich versöhnt und leben nach wie vor in der gemeinsamen ehelichen Wohnung zusammen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Richter Ihren Scheidungsantrag zurückweisen wird.
Hat ein Ehepartner den Wunsch, aus der gemeinsamen Mietwohnung oder der gemeinsamen Immobilie auszuziehen, steht er oft vor dem Problem, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichen, eine eigene neue Wohnung anzumieten oder zu kaufen. Schließlich kostet ein Umzug Geld und bedarf eines gewissen organisatorischen Aufwandes. Insoweit kann die Trennung unter einem Dach eine gute Alternative sein. Sie bleiben mit Ihrem Ehepartner dann in der bisherigen gemeinsamen ehelichen Wohnung wohnen. Dann kommt es aber trotzdem darauf an, dass Sie die Trennung irgendwie vollziehen. Fehler rächen sich.
Ihr Leitsatz muss sein, dass Sie die häusliche Gemeinschaft soweit wie möglich aufheben. Sie müssen Ihr Leben vom Leben Ihres Noch-Ehepartners abtrennen und Ihr Leben in der Wohnung selbst gestalten. Dafür sind folgende Kriterien maßgeblich:
Gut zu wissen: Sie können trotz Ihrer Trennung selbstverständlich gute Freunde bleiben und auch unter einem Dach weiterhin zusammenleben. Dieser fromme Wunsch funktioniert aber nur, wenn Sie sich wirklich hundertprozentig einig sind und jeder sich darauf verlassen kann, dass der andere die Trennung akzeptiert und nichts unternimmt, was Ihre Scheidung scheitern lassen könnte. Dazu muss sich jeder emotional im Griff haben und die Kraft und das Selbstvertrauen besitzen, dem Partner täglich in die Augen zu schauen. Ihnen muss dabei klar sein, dass eine Trennung oft nur wirklich funktioniert, wenn die Partner einen gewissen räumlichen Abstand voneinander gewinnen. Fehlt dieser räumliche Abstand, führen Sie vielleicht nur den Zustand fort, den Sie eigentlich beenden wollten.
Sofern Sie Ihre häusliche Gemeinschaft aufgelöst haben und die zuvor bezeichneten Grundsätze einhalten, können Sie auch bis zu dem Tag unter einem Dach getrennt leben, an dem der Familienrichter Ihre Scheidung ausspricht. Sie könnten auch nach der Scheidung noch unter einem Dach zusammen wohnen. Dann bilden Sie eine Art Wohngemeinschaft, so als wären Sie einander fremd. Ob diese Art des Zusammenlebens auf Dauer zweckmäßig ist, müssen Sie selbst entscheiden. Allerdings könnten Sie aus rein rechtlichen Erwägungen nach der Scheidung gezwungen werden, für die gemeinsame Wohnung eine Lösung zu finden. Mithin kommt es dann auf den Eintrag im Grundbuch an oder darauf, wer den Mietvertrag unterschrieben hat.
Expertentipp: Eine gerichtliche Wohnungszuweisung erreichen Sie in Ausnahmefällen dann, wenn Sie im Hinblick auf Ihre minderjährigen Kinder auf die Nutzung der Wohnung vorrangig angewiesen sind und das Zusammenleben unter einem Dach Probleme aufwirft, die sich nur vermeiden lassen, wenn ein Partner auszieht.
Auch wenn Sie die Trennung unter einem Dach organisatorisch umsetzen, müssen Sie sich ernsthaft fragen, ob Sie die Trennung auf diesem Weg tatsächlich realisieren können. In der Praxis trennen sich Ehepartner überwiegend streitig, weil es schwerwiegende Konflikte und unüberbrückbare Differenzen gibt. Oft sind eheliche Verfehlungen Anlass für die Trennung. Zwangsläufig tragen Sie derartige Zerwürfnisse emotional aus. Es könnte Ihnen schwerfallen, auf engstem Raum sachlich miteinander umzugehen. Oft entstehen aus dann geringfügigen Anlässen massive Auseinandersetzungen, so dass das Zusammenleben unter einem Dach unzumutbar wird.
Es gibt einen anderen Grund, der die Trennung in einem Dach schwierig gestaltet. Möchte sich Ihr Ehepartner nicht von Ihnen trennen und nicht scheiden lassen, wird er/sie bestrebt sein, die häusliche Gemeinschaft fortzusetzen. Vielleicht wird er/sie die Trennung schlicht ignorieren und die zunächst abgesprochene Auflösung Ihrer häuslichen Gemeinschaft torpedieren. Sie setzen sich dann fortlaufenden Schwierigkeit aus, da Sie die Trennung aufrechterhalten müssen. Ihre psychische Belastung kann Ausmaße annehmen, die Ihre Lebensqualität unzumutbar beeinträchtigt. Dann bleibt Ihnen vielleicht nichts anderes übrig, als doch auszuziehen.
Gegen eine Trennung unter einem Dach spricht das Risiko, dass Ihr Partner spätestens im mündlichen Scheidungstermin behaupten könnte, Sie leben nach wie vor unter einem Dach zusammen und haben die Trennung eben nicht vollzogen. Da Sie die Trennung zur Überzeugung des Gerichts aber nachweisen müssen, könnten Sie große Schwierigkeiten haben, Ihren Scheidungsantrag zu rechtfertigen.
Sie können sich in der Trennungsphase jederzeit versöhnen. Scheitert Ihre Versöhnung, unterbrechen Sie dadurch nicht den Lauf des Trennungsjahres. Das Problem dabei ist, dass Versöhnungsversuche allenfalls ca. sechs Wochen dauern sollten. Dauert die Versöhnung länger, wird das Trennungsjahr schließlich doch unterbrochen. Sie müssten das Trennungsjahr dann neu starten, wenn die Versöhnung doch noch scheitert. Sie könnten sich also veranlasst sehen, Ihre laufende Versöhnung allein deshalb abzubrechen, weil Sie den Verlauf des Trennungsjahres nicht gefährden wollen. Hinzu käme die Schwierigkeit, dass Sie Versöhnungszeit und Trennungszeit nicht klar und deutlich dokumentieren und gegebenenfalls nachweisen könnten. Wann also waren Sie versöhnt und wann waren Sie wieder getrennt?
Die Situation könnte eskalieren, wenn Ihr Ehepartner einen neuen Lebenspartner in Ihre gemeinsame Wohnung aufnehmen will. Immerhin könnten Sie den Einzug des Liebhabers verhindern. Da es sich um Ihre eheliche Wohnung handelt, die auch trotz Ihrer Trennung noch Ihre eheliche Wohnung bleibt, darf der Ehepartner nichts veranlassen, was die gemeinsame Nutzung dieser Wohnung beeinträchtigt. Sie könnten also verlangen und notfalls bei Gericht durchsetzen, dass der Liebhaber die Wohnung verlässt oder gar nicht erst einzieht.
Ihre einvernehmliche Trennung kann schnell einen hohen Leidensdruck erzeugen. Wird dann der Ehepartner auch noch gewalttätig oder bedroht Sie massiv, sollten Sie beim Familiengericht beantragen, Ihnen die eheliche Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. In der Zeit Ihrer Trennung kommt es nicht darauf an, ob Sie den Mietvertrag mitunterzeichnet haben oder Eigentümer der Wohnung sind. Entscheidend ist allein, dass Sie die Wohnung als eheliche Wohnung nutzen und Anspruch darauf haben, zumindest für den Zeitraum der Trennung in der Wohnung verbleiben zu dürfen. Wichtig ist, dass Sie den Nachweis führen können, dass Ihr Ehepartner gewalttätig geworden ist oder Sie bedroht hat. Gegebenenfalls rufen Sie die Polizei oder lassen von Ihrem Arzt Ihre Verletzungen dokumentieren.
Haben Sie ein gemeinsames Kind, könnte oder dürfte es Ihrem Partner schwerfallen, beim Auszug aus der ehelichen Wohnung das Kind nicht mehr nach Belieben sehen zu können. Dieses Risiko ist aber mit jeder Trennung von Ehepartnern als Eltern eines Kindes verbunden. Leben Sie dann alle gemeinsam mit dem Kind unter einem Dach zusammen, könnte es Ihrem Ehepartner noch schwerer fallen, sich auf die Trennung einzustellen und Ihre Trennung zu akzeptieren. Insoweit könnte es psychologisch und menschlich zweckmäßiger sein, dass ein Ehepartner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht und Sie gemeinsame Fakten schaffen. Das Zusammenleben unter einem Dach könnte den Prozess der Trennung gefährden.
Auch wenn Sie Ihre Liquidität als Grund für die Trennung unter einem Dach heranziehen, sollten Sie sich vorher informieren, welche Möglichkeiten bestehen und welche Rechte Sie haben, um Ihren Lebensunterhalt zu gewährleisten. Vielleicht haben Sie Anspruch auf Trennungsunterhalt, der es Ihnen ermöglichen könnte, eine eigene Wohnung anzumieten. Haben Sie ein Kind und betreuen das Kind nach der Trennung, haben Sie für Ihr Kind Anspruch auf Kindesunterhalt. Ansonsten sollten Sie Ansprüche auf öffentliche Leistung prüfen. So kommen Sozialhilfe und Wohngeld in Betracht. Prüfen Sie alle Möglichkeiten, die Ihnen den Neustart und den Start in ein eigenes Leben ermöglichen und erleichtern könnten.
Gegenüber dem Vermieter ist derjenige zahlungspflichtig, der als Mietvertragspartei im Mietvertrag steht. Sind Sie beide im Mietvertrag als Vertragspartei bezeichnet, schuldet jeder die Miete jeweils zur Hälfte. Verdienen Sie selbst kein eigenes Geld, kann der Ehepartner allein zahlungspflichtig sein. Leben Sie nach der Trennung unter einem Dach weiterhin zusammen, sollte sich an der Art und Weise, wie Sie bislang die Miete gezahlt haben, nichts ändern.
Leben Sie unter einem Dach getrennt, dürfte Ihre Wohngemeinschaft keine Dauerlösung sein. Selbst wenn Ihre räumlichen Möglichkeiten großzügig bemessen sind, dürfen Sie die psychische Belastung für alle Beteiligten nicht unterschätzen. Auch Ihr Scheidungsverfahren könnte auf Hindernisse treffen. Da Sie ohnehin geschieden werden wollen, werden Sie früher oder später nicht um eine abschließende Regelung herumkommen. Vielleicht ist es besser, wenn Sie Ihre Energie, die Sie jetzt in Ihre Trennung unter einem Dach investieren, gleich dafür verwenden, eine dauerhafte bessere Lösung zu finden.
Geschrieben von: Volker Beeden