Mit der Scheidung endet Ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt. Jetzt sind Sie für sich selbst verantwortlich. Nur dann, wenn Sie bedürftig sind und Ihren Lebensunterhalt nicht gewährleisten können, haben Sie einen Unterhaltsanspruch. Die Unterhaltspflicht nach der Scheidung ist in sieben sogenannte "Unterhaltstatbeständen" gesetzlich geregelt. Diese Unterhaltstatbestände greifen Lebenssituationen auf, in denen es einem Ehegatten nicht möglich oder zuzumuten ist, selbst einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wir erklären Ihnen, welche Unterhaltspflichten nach der Scheidung in Betracht kommen und auf welche Gegebenheiten Sie unbedingt achten sollten.
Tipp 1: Treffen Sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung
Im Idealfall regeln Sie die Unterhaltspflicht nach der Scheidung einvernehmlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, mit der Sie die gegenseitige Bereitschaft zum Abschluss einer solchen Vereinbarung fördern.
Tipp 2: Achten Sie auf die Auskunftspflicht
Um den Unterhaltsanspruch zu beziffern, ist der unterhaltspflichtige Ehepartner auskunftspflichtig und muss seine Auskünfte durch geeignete Unterlagen belegen.
Tipp 3: Begrenzen Sie den Unterhalt
Sie könnten den Unterhalt der Höhe nach oder zeitlich begrenzen. Zum Ausgleich einer zeitlichen Begrenzung könnte der unterhaltspflichtige Ehepartner sich bereit erklären, für einen zu vereinbarenden Zeitraum einen höheren Unterhalt zu zahlen.
Heiraten Sie, führt die Ehe oft zur wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Partners vom anderen. Vielleicht haben Sie Ihre Berufsausbildung unterbrochen oder Ihre Berufstätigkeit aufgegeben oder eingeschränkt. Diese Abhängigkeit als Folge Ihrer Eheschließung ist von beiden Partnern zu verantworten. Kommt es dann nach der Scheidung zu Nachteilen, die sich aus der Ehe ergeben haben, so kommt es zu einer nachehelichen Unterhaltspflicht. Diese ehebedingten Nachteile beruhen auf der Eheschließung beziehungweise auf der Rollenverteilung in der Ehe. Typisches Beispiel ist, wenn Sie nach der Scheidung Ihr Kleinkind betreuen oder aus Anlass Ihrer Eheschließung Ihren Beruf aufgegeben oder eine Berufsausbildung abgebrochen haben.
Expertentipp: Sie regeln im Hinblick auf Ihre Eheschließung die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen und haben bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen. So formuliert es § 1356 BGB. Aus dieser Vorgabe ergibt sich die nacheheliche Solidarität der Ehepartner.
Hatten Sie in Ihrer Trennungsphase bislang Anspruch auf Trennungsunterhalt, so waren Sie für den Zeitraum der Trennung versorgt. Logischerweise endet der Anspruch auf Trennungsunterhalt zu dem Zeitpunkt, zu dem Ihre Scheidung rechtskräftig wird. Benötigen Sie auch nach der Scheidung Unterhalt, so müssen Sie den Unterhalt als nachehelichen Ehegattenunterhalt gesondert geltend machen. Für den Ehegattenunterhalt gelten andere Voraussetzungen als für den Trennungsunterhalt.
Ein Überblick zum Thema Unterhalt und Tipps für die Unterhaltsberechnung.
Es ist dann nur konsequent, wenn diese wirtschaftlichen Gegebenheiten über die Scheidung hinaus Relevanz haben und der Ehepartner auch nach der Scheidung in einer Art nachehelicher Verantwortung bleibt. Hinzu kommt, dass Sie nach der Scheidung getrennte Haushalte unterhalten müssen und die wirtschaftliche Belastung beider Ehepartner höher ausfällt, als sie zusammengelebt haben. Ist dann ein Ehepartner aufgrund seiner Lebenssituation außerstande, für sich selbst zu sorgen, ist er in der Sprache des Gesetzes bedürftig. Das Gesetz regelt in sieben Unterhaltstatbeständen (§§ 1570 – 1579 BGB) unter welchen Voraussetzungen eine Unterhaltspflicht nach der Scheidung besteht.
Die Menschen sind da, um einander zu helfen, und wenn man eines Menschen Hilfe in rechten Dingen nötig hat, so muß man ihn dafür ansprechen.
Die Unterhaltsrechtsreform des Jahres 2008 beschränkte die nacheheliche Solidarität auf ein Minimum. Ziel war, die frühere Praxis nach dem Motto „einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“ zu beenden. Die Reform stellte darauf ab, dass beide Ehepartner nach der Scheidung eigenverantwortlich leben sollten.
Fordern Sie Unterhalt nach der Scheidung, müssen Sie die Voraussetzungen eines der gesetzlich geregelten Unterhaltstatbestände darlegen und beweisen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Ehepartner zwangsläufig darüber streiten, wann es einem Ehepartner zuzumuten ist, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Behaupten Sie beispielsweise, wegen einer Krankheit oder wegen Ihres Alters nicht mehr arbeiten zu können, wird Ihr Ex-Partner vielleicht genau das Gegenteil behaupten. Unterhaltsfragen sind daher immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Letztlich entscheidet immer die individuelle Lebenssituation.
Das Gesetz beschreibt sieben Lebenssituationen, in denen aufgrund ehebedingter Nachteile eine Unterhaltspflicht nach der Scheidung besteht:
Gerichtlich ausgetragene Unterhaltsstreitigkeiten sind oft problematisch. Fordern Sie Unterhalt, erhalten Sie in diesem Zeitraum kein Geld. Werden Sie verurteilt, Unterhalt zu zahlen, müssen Sie unter Umständen mit hohen Nachzahlungen rechnen. Besser ist, wenn Sie die Unterhaltspflicht außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung festschreiben und damit auch Ihre einvernehmliche Scheidung ermöglichen. Vor allem dann, wenn die Voraussetzungen eines Unterhaltstatbestandes offensichtlich sind, sind Sie gut beraten, sich einvernehmlich auf eine Regelung zu verständigen.
Diese Checkliste unterstützt Sie Schritt für Schritt bei dem Entwerfen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Um eine gemeinsame Unterhaltsvereinbarung zu treffen, sollten Sie bestmöglich auf die gegenseitigen Bedürfnisse eingehen und die Interessen beider Partner berücksichtigen. Wichtig ist, dass die Unterhaltspflicht überschaubar und kalkulierbar wird.
Expertentipp: Jede Vereinbarung, die Sie wegen der Unterhaltspflicht nach der Scheidung treffen, darf keinen der Ehepartner benachteiligen. Verzichten Sie beispielsweise teilweise oder vollständig auf Ihren Unterhalt und sind deshalb auf öffentliche Leistungen angewiesen, wäre Ihre Vereinbarung nichtig. Außerdem müssen Sie jede Vereinbarung, die Sie vor Ihrer Scheidung treffen, notariell beurkunden.
Um Ihren Unterhaltsanspruch nach der Scheidung zu beziffern, sind Sie darauf angewiesen, dass Ihr Ehepartner seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nachweist. Dazu ist mit § 1605 BGB einen gesetzlicher Auskunftsanspruch festgelegt worden. Dieser Auskunftsanspruch hat auch den Zweck, durch sachgerechte Informationen einen Rechtsstreit zu vermeiden.
Expertentipp: Der auskunftspflichtige Ehepartner ist verpflichtet, seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch geeignete Belege nachzuweisen. Dazu muss er regelmäßig seine letzten Gehaltsabrechnungen und den Einkommensteuerbescheid vorlegen. Auch die Einkommensteuererklärung kann informativ sein, um steuerlich relevante Abzüge erkennen und in das unterhaltspflichtige Einkommen einbeziehen zu können. Ihr Ehepartner kann die Vorlage der Einkommensteuererklärung allerdings verweigern, wenn er ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass seine Angaben vertraulich bleiben (OLG Brandenburg 10 WF 7/15).
Wer Erwerbseinkünfte verschweigt, riskiert seinen Unterhaltsanspruch. In einem Fall des OLG Oldenburg (3 UF 92/17) hatte die Ehefrau einen Minijob bei ihrer Unterhaltsforderung nicht erwähnt. Ihre Unterhaltsforderung wurde deshalb abgewiesen.
Die Unterhaltspflicht nach der Scheidung ist ein komplexes Thema. Sie sind gut beraten, die Unterhaltspflicht einvernehmlich zu regeln. Wenn Sie Unterhalt fordern, sollten Sie Ihre Forderung angemessen beziffern und Ihren Partner nicht unnötigerweise provozieren. Umgekehrt, wenn Sie Unterhalt zahlen müssen, sollten Sie die Forderung nicht pauschal bestreiten und sich im Hinblick auf die Lebenssituation des ehemaligen Partners konstruktiv verhalten. Das Geld, das Sie für einen Unterhaltsprozess vielleicht investieren müssen, kann besser angelegt sein, wenn Sie es von vornherein für den Unterhalt verwenden.
Geschrieben von: Volker Beeden