Auch wenn Sie sich getrennt haben, können Sie Ihre Ehepartnerin bzw. Ihren Ehepartner nicht einfach aus der Ehewohnung aussperren. Grundsätzlich besteht weiterhin Anspruch auf Zutritt zu Ihrer gemeinsamen Wohnung und Sie können nicht einfach die Türschlösser austauschen lassen. Es gibt jedoch in bestimmten Einzelfällen die Möglichkeit, sich die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen zu lassen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Handlungsmöglichkeiten Sie haben.
Tipp 1: Zutritt nicht eigenmächtig vereiteln
Riskieren Sie keine unnötigen Kosten, indem Sie voreilig die Türschlösser austauschen und den Zutritt zur Wohnung verwehren, bevor Sie das alleinige Nutzungsrecht gesichert haben. Respektieren Sie das uneingeschränkte Zutrittsrecht, solange es besteht.
Tipp 2: Wohnsituation einvernehmlich klären
Klären Sie die Wohnsituation mit Ihrer Ex-Partnerin bzw. Ihrem Ex-Partner, um unnötigen Streit zu vermeiden und den Weg zur einvernehmlichen Scheidung zu ebnen.
Tipp 3: Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abschließen
Sie können Ihre getroffene Vereinbarung in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung rechtsverbindlich festhalten, um Sie zur Not auch gegen den Willen Ihrer Ex-Partnerin bzw. Ihres Ex-Partners durchzusetzen.
Grundsätzlich bleibt Ihre Ehewohnung auch nach der Trennung Ihre gemeinsame Wohnung. Sie müssen jedoch Ihre eheliche Lebensgemeinschaft auflösen, um das Trennungsjahr zu vollziehen und Ihren Scheidungsantrag einreichen zu können. In der Regel zieht zu diesem Zweck einer der Ex-Partner aus und mietet sich eine neue Wohnung. Einige Ehepaare können jedoch aus finanziellen Gründen nicht unbedingt zwei getrennte Wohnungen finanzieren oder benötigen längere Zeit, um den Umzug abzuwickeln.
Wenn Sie innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt leben möchten, müssen Sie die Trennung von Tisch und Bett einhalten. Dazu teilen Sie die Räumlichkeiten so gut wie möglich auf und führen Ihren eigenen Haushalt. Solange Sie sich einigen können, sollte dies kein Problem sein. Doch was passiert, wenn Sie nicht weiter zusammen in einer Wohnung leben möchten und keiner von Ihnen freiwillig auszieht? In der Regel können Sie Ihre Noch-Ehepartnerin bzw. Ihren Noch-Ehepartner nicht dazu zwingen, auszuziehen. Unabhängig davon, wer von Ihnen Eigentümer der Immobilie ist oder wer den Mietvertrag unterzeichnet hat, haben Sie als Ehepartner beide einen Anspruch darauf, Ihre Ehewohnung zu nutzen.
Ein guter Streit endet mit einer Einigung, nicht mit einem Sieg!
Da Ihre Ehewohnung auch nach der Trennung weiterhin Ihre gemeinsame Wohnung bleibt, dürfen Sie die Türschlösser nicht einfach gegen den Willen des anderen Ehepartners austauschen, um Ihrer Ehepartnerin bzw. Ihrem Ehepartner den Zugang zu verwehren. Dann würden Sie in so genannter verbotener Eigenmacht nach § 858 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handeln. Sie würden also widerrechtlich handeln und riskieren, die Kosten eines gerichtlichen Eilverfahrens tragen zu müssen. Denn der ausgesperrte Ehepartner kann sich aufgrund seines Anspruchs den Zugang zur Wohnung wieder verschaffen. Im Idealfall sollten Sie also eine einvernehmliche Lösung für Ihre Wohnsituation finden. Erst wenn die Wohnung rechtlich nicht mehr als Ehewohnung einzuordnen ist, auf die beide Partner Anspruch haben, und es Ihre alleinige Wohnung ist, können Sie Ihrer Ex-Partnerin bzw. dem Ex-Partner den Zugang verwehren.
Expertentipp: Sie können das Nutzungsrecht auch in Ihrer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung rechtlich bindend festhalten. Dann können Sie die Regelung im Streitfall auch gegen den Willen des anderen Ehepartners durchsetzen und haben eine vertragliche Grundlage für Ihr Handeln.
Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie die Zuweisung zur alleinigen Nutzung der Ehewohnung beantragen. So kann ein Ehepartner nach § 1361 b Absatz 1 BGB von dem anderen Ehepartner verlangen, die Wohnung zu verlassen, wenn dies nötig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Unbillige Härte ist gegeben, wenn es unzumutbar ist, weiterhin mit dem Ehepartner unter einem Dach zu leben. Um eine Entscheidung herbeizuführen, muss zwischen den verschiedenen Interessen abgewogen werden. Welches Interesse überwiegt im konkreten Fall: Das Interesse des einen Ehepartners, weiterhin in der Wohnung zu bleiben oder das Interesse den anderen Ehepartners am Auszug und die Möglichkeit, die Wohnung alleine zu nutzen?
Gut zu wissen: Je nach Einzelfall und Größe der Wohnung kann auch nur ein Teil der Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden. Hier kommt es ganz auf die individuellen Umstände an.
Eine Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz kommt nur in Frage, wenn Sie noch nicht getrennt sind. Eine Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz ist in der Regel auch nur vorübergehend, da eine Wohnungszuweisung für maximal 12 Monate erfolgt. Nach der Trennung geht die Zuweisung nach § 1361 b Absatz 1 BGB als speziellere Regelung vor.
Der Ehepartner kann sein Zutrittsrecht jedoch auch freiwillig aufgeben. Dazu kann er eine entsprechende Erklärung abgeben, dass er nicht mehr in der Wohnung leben und endgültig nicht zurückkehren möchte. Sind seit dem Auszug sechs Monate vergangen, wird gesetzlich unwiderleglich vermutet, dass er endgültig ausgezogen ist und dem in der Wohnung Verbliebenen das alleinige Nutzungsrecht überlässt. In den sechs Monaten nach seinem Auszug kann er die Wohnung weiterhin betreten, er muss jedoch einen besonderen Grund vorweisen können. Ohne besonderen Grund ist er darauf angewiesen, von dem in der Ehewohnung lebenden Ehepartner hereingelassen zu werden. Was einen besonderen Grund darstellt, hängt von dem Umständen im Einzelfall ab.
Praxisbeispiel: In einem Beschluss vom Oberlandsgericht Bremen (Az. 5 WF 62/17) vom 22. August 2017 lehnte das Gericht einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ab. In dem zugrunde liegenden Fall begehrte die Ehefrau Zutritt zur Wohnung für einen Makler und weitere Dritte, nachdem sie diese dem Ehemann zur alleinigen Nutzung überlassen hatte. Um für ihr Verkaufsvorhaben den Zutritt zu sichern, beantragte sie Verfahrenskostenhilfe. Das Gericht sah in der Verkaufsabsicht keinen besonderen Grund, der sie zum Zutritt berechtigt, sodass keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand und lehnte den Antrag ab.
Spätestens nach der Scheidung müssen Sie die Wohnverhältnisse endgültig klären. Für die dauerhafte Zuweisung spielen die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie nunmehr eine große Rolle. Nach § 1568 a Absatz 1 BGB kann ein Ehepartner die dauerhafte Überlassung nur verlangen, wenn er auf die Nutzung unter Berücksichtigung der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse verstärkt darauf angewiesen ist. Es muss stets für den Einzelfall abgewogen werden, welche Lösung fair ist und den überwiegenden Interessen gerecht wird.
Folgende Faktoren können eine Rolle bei der Zuweisung der Wohnung spielen, die sowohl Sie bei einer einvernehmlichen Regelung, als auch das Gericht im streitigen Verfahren zu beachten haben.
Erfahren Sie hier, wer die gemeinsame Immobilie nach der Trennung und Scheidung erhält.
Machen Sie sich rechtzeitig Gedanken über Ihre Wohnsituation nach der Trennung und Scheidung. Im Idealfall können Sie sich einvernehmlich einigen. Für den Streitfall sieht das Gesetz bestimmte Regelungen vor, nach denen die Wohnung in Teilen oder im Ganzen zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden kann. Lassen Sie sich am besten für Ihre individuelle Situation beraten.
Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion