Alle Ratgeber
 

Darf ich den Ehe­part­ner aus der Ehe­woh­nung aus­sper­ren?

Bild: Darf ich den Ehepartner aus der Ehewohnung aussperren?

Wie sind Zu­tritts- und Wohn­recht nach Tren­nung und Schei­dung ge­re­gelt?

Auch wenn Sie sich getrennt haben, können Sie Ihre Ehepartnerin bzw. Ihren Ehepartner nicht einfach aus der Ehewohnung aussperren. Grundsätzlich besteht weiterhin Anspruch auf Zutritt zu Ihrer gemeinsamen Wohnung und Sie können nicht einfach die Türschlösser austauschen lassen. Es gibt jedoch in bestimmten Einzelfällen die Möglichkeit, sich die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuweisen zu lassen. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Handlungsmöglichkeiten Sie haben.

Kur­ze Zu­sam­men­fas­sung

  • Nach der Trennung haben grundsätzlich beide Partner Anspruch darauf, die Ehewohnung weiterhin zu nutzen.
  • Wenn es für einen Ehepartner im Einzelfall unzumutbar ist, weiterhin unter einem Dach zu leben, kann die Wohnung teilweise oder im Ganzen zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden.
  • Spätestens nach der Scheidung muss eine dauerhafte Entscheidung über die Wohnsituation gefällt werden.

Prak­ti­sche Tipps für Sie

Tipp 1: Zutritt nicht eigenmächtig vereiteln
Riskieren Sie keine unnötigen Kosten, indem Sie voreilig die Türschlösser austauschen und den Zutritt zur Wohnung verwehren, bevor Sie das alleinige Nutzungsrecht gesichert haben. Respektieren Sie das uneingeschränkte Zutrittsrecht, solange es besteht.

Tipp 2: Wohnsituation einvernehmlich klären
Klären Sie die Wohnsituation mit Ihrer Ex-Partnerin bzw. Ihrem Ex-Partner, um unnötigen Streit zu vermeiden und den Weg zur einvernehmlichen Scheidung zu ebnen.

Tipp 3: Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung abschließen
Sie können Ihre getroffene Vereinbarung in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung rechtsverbindlich festhalten, um Sie zur Not auch gegen den Willen Ihrer Ex-Partnerin bzw. Ihres Ex-Partners durchzusetzen.

Ehe­woh­nung nach der Tren­nung

Grundsätzlich bleibt Ihre Ehewohnung auch nach der Trennung Ihre gemeinsame Wohnung. Sie müssen jedoch Ihre eheliche Lebensgemeinschaft auflösen, um das Trennungsjahr zu vollziehen und Ihren Scheidungsantrag einreichen zu können. In der Regel zieht zu diesem Zweck einer der Ex-Partner aus und mietet sich eine neue Wohnung. Einige Ehepaare können jedoch aus finanziellen Gründen nicht unbedingt zwei getrennte Wohnungen finanzieren oder benötigen längere Zeit, um den Umzug abzuwickeln.

Wenn Sie innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt leben möchten, müssen Sie die Trennung von Tisch und Bett einhalten. Dazu teilen Sie die Räumlichkeiten so gut wie möglich auf und führen Ihren eigenen Haushalt. Solange Sie sich einigen können, sollte dies kein Problem sein. Doch was passiert, wenn Sie nicht weiter zusammen in einer Wohnung leben möchten und keiner von Ihnen freiwillig auszieht? In der Regel können Sie Ihre Noch-Ehepartnerin bzw. Ihren Noch-Ehepartner nicht dazu zwingen, auszuziehen. Unabhängig davon, wer von Ihnen Eigentümer der Immobilie ist oder wer den Mietvertrag unterzeichnet hat, haben Sie als Ehepartner beide einen Anspruch darauf, Ihre Ehewohnung zu nutzen.

Ein guter Streit endet mit einer Einigung, nicht mit einem Sieg!

Voltaire (1634 – 1778)

Darf ich nach der Trennung die Türschlösser austauschen?

Da Ihre Ehewohnung auch nach der Trennung weiterhin Ihre gemeinsame Wohnung bleibt, dürfen Sie die Türschlösser nicht einfach gegen den Willen des anderen Ehepartners austauschen, um Ihrer Ehepartnerin bzw. Ihrem Ehepartner den Zugang zu verwehren. Dann würden Sie in so genannter verbotener Eigenmacht nach § 858 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handeln. Sie würden also widerrechtlich handeln und riskieren, die Kosten eines gerichtlichen Eilverfahrens tragen zu müssen. Denn der ausgesperrte Ehepartner kann sich aufgrund seines Anspruchs den Zugang zur Wohnung wieder verschaffen. Im Idealfall sollten Sie also eine einvernehmliche Lösung für Ihre Wohnsituation finden. Erst wenn die Wohnung rechtlich nicht mehr als Ehewohnung einzuordnen ist, auf die beide Partner Anspruch haben, und es Ihre alleinige Wohnung ist, können Sie Ihrer Ex-Partnerin bzw. dem Ex-Partner den Zugang verwehren.

Expertentipp: Sie können das Nutzungsrecht auch in Ihrer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung rechtlich bindend festhalten. Dann können Sie die Regelung im Streitfall auch gegen den Willen des anderen Ehepartners durchsetzen und haben eine vertragliche Grundlage für Ihr Handeln.

Zuweisung der ehelichen Wohnung

Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie die Zuweisung zur alleinigen Nutzung der Ehewohnung beantragen. So kann ein Ehepartner nach § 1361 b Absatz 1 BGB von dem anderen Ehepartner verlangen, die Wohnung zu verlassen, wenn dies nötig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Unbillige Härte ist gegeben, wenn es unzumutbar ist, weiterhin mit dem Ehepartner unter einem Dach zu leben. Um eine Entscheidung herbeizuführen, muss zwischen den verschiedenen Interessen abgewogen werden. Welches Interesse überwiegt im konkreten Fall: Das Interesse des einen Ehepartners, weiterhin in der Wohnung zu bleiben oder das Interesse den anderen Ehepartners am Auszug und die Möglichkeit, die Wohnung alleine zu nutzen?

Gut zu wissen: Je nach Einzelfall und Größe der Wohnung kann auch nur ein Teil der Wohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden. Hier kommt es ganz auf die individuellen Umstände an.

  • Fälle häuslicher Gewalt
  • Fälle mit Gefährdung des Kindeswohls
  • Schwere Verfehlungen, wie starker Alkohol- und Drogenkonsum

Eine Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz kommt nur in Frage, wenn Sie noch nicht getrennt sind. Eine Zuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz ist in der Regel auch nur vorübergehend, da eine Wohnungszuweisung für maximal 12 Monate erfolgt. Nach der Trennung geht die Zuweisung nach § 1361 b Absatz 1 BGB als speziellere Regelung vor.

Zutrittsrecht zur ehelichen Wohnung

Der Ehepartner kann sein Zutrittsrecht jedoch auch freiwillig aufgeben. Dazu kann er eine entsprechende Erklärung abgeben, dass er nicht mehr in der Wohnung leben und endgültig nicht zurückkehren möchte. Sind seit dem Auszug sechs Monate vergangen, wird gesetzlich unwiderleglich vermutet, dass er endgültig ausgezogen ist und dem in der Wohnung Verbliebenen das alleinige Nutzungsrecht überlässt. In den sechs Monaten nach seinem Auszug kann er die Wohnung weiterhin betreten, er muss jedoch einen besonderen Grund vorweisen können. Ohne besonderen Grund ist er darauf angewiesen, von dem in der Ehewohnung lebenden Ehepartner hereingelassen zu werden. Was einen besonderen Grund darstellt, hängt von dem Umständen im Einzelfall ab.

Praxisbeispiel: In einem Beschluss vom Oberlandsgericht Bremen (Az. 5 WF 62/17) vom 22. August 2017 lehnte das Gericht einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ab. In dem zugrunde liegenden Fall begehrte die Ehefrau Zutritt zur Wohnung für einen Makler und weitere Dritte, nachdem sie diese dem Ehemann zur alleinigen Nutzung überlassen hatte. Um für ihr Verkaufsvorhaben den Zutritt zu sichern, beantragte sie Verfahrenskostenhilfe. Das Gericht sah in der Verkaufsabsicht keinen besonderen Grund, der sie zum Zutritt berechtigt, sodass keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand und lehnte den Antrag ab.

Ehe­woh­nung nach der Schei­dung

Spätestens nach der Scheidung müssen Sie die Wohnverhältnisse endgültig klären. Für die dauerhafte Zuweisung spielen die Eigentumsverhältnisse an der Immobilie nunmehr eine große Rolle. Nach § 1568 a Absatz 1 BGB kann ein Ehepartner die dauerhafte Überlassung nur verlangen, wenn er auf die Nutzung unter Berücksichtigung der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse verstärkt darauf angewiesen ist. Es muss stets für den Einzelfall abgewogen werden, welche Lösung fair ist und den überwiegenden Interessen gerecht wird.

Folgende Faktoren können eine Rolle bei der Zuweisung der Wohnung spielen, die sowohl Sie bei einer einvernehmlichen Regelung, als auch das Gericht im streitigen Verfahren zu beachten haben.

  • Eigentumsverhältnisse: Ist einer der Ehepartner alleiniger Eigentümer, so ist eine Zuweisung nach der Scheidung an den anderen Ehepartner nur in Ausnahmefällen möglich. 
  • Kindeswohl: Wenn Sie gemeinsame Kinder haben, so steht deren Wohl stets im Mittelpunkt. Sie sollten bei jeder Entscheidung, die Sie im Hinblick auf die Trennung und Scheidung treffen müssen, bedenken, was für Ihre Kinder am besten ist. Sie sollten Ihre Kinder nicht aus dem gewohnten Umfeld reißen und Ihnen Sicherheit und Stabilität vermitteln. Der Elternteil, der die Kinder betreut, hat also meistens die besseren Chancen auf dauerhafte Zuweisung der Ehewohnung.
  • Besonderheiten der Wohnung : Wenn Sie einen Wohnberechtigungsschein für die Wohnung benötigen, ist die weitere Zuweisung ebenfalls daran gekoppelt, dass Sie weiterhin die Voraussetzungen für den Wohnberechtigungsschein erfüllen. Handelt es sich um eine Dienstwohnung, so kann die Wohnung in der Regel nur dem Ehepartner zugewiesen werden, dem die Dienstwohnung im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zur Verfügung gestellt wird.

Gemeinsame Immobilien der Ehe-Partner

Ge­mein­sa­me Im­mo­bi­li­en der Ehe-Part­ner

Erfahren Sie hier, wer die gemeinsame Immobilie nach der Trennung und Scheidung erhält.

Download

Aus­blick

Machen Sie sich rechtzeitig Gedanken über Ihre Wohnsituation nach der Trennung und Scheidung. Im Idealfall können Sie sich einvernehmlich einigen. Für den Streitfall sieht das Gesetz bestimmte Regelungen vor, nach denen die Wohnung in Teilen oder im Ganzen zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden kann. Lassen Sie sich am besten für Ihre individuelle Situation beraten.

Glossar zum Artikel:

  • (1) Ein Ehegatte kann verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
    (2) Ist einer der Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die Ehewohnung befindet, oder steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten ein Nießbrauch, das Erbbaurecht oder ein dingliches Wohnrecht an dem Grundstück zu, so kann der andere Ehegatte die Überlassung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht.
    (3) Der Ehegatte, dem die Wohnung überlassen wird, tritt
    1. zum Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung der Ehegatten über die Überlassung an den Vermieter oder
    2. mit Rechtskraft der Endentscheidung im Wohnungszuweisungsverfahren an Stelle des zur Überlassung verpflichteten Ehegatten in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis ein oder setzt ein von beiden eingegangenes Mietverhältnis allein fort. § 563 Absatz 4 gilt entsprechend.
    (4) Ein Ehegatte kann die Begründung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die die Ehegatten auf Grund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, das zwischen einem von ihnen und einem Dritten besteht, nur verlangen, wenn der Dritte einverstanden oder dies notwendig ist, um eine schwere Härte zu vermeiden.
    (5) Besteht kein Mietverhältnis über die Ehewohnung, so kann sowohl der Ehegatte, der Anspruch auf deren Überlassung hat, als auch die zur Vermietung berechtigte Person die Begründung eines Mietverhältnisses zu ortsüblichen Bedingungen verlangen. Unter den Voraussetzungen des § 575 Absatz 1 oder wenn die Begründung eines unbefristeten Mietverhältnisses unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters unbillig ist, kann der Vermieter eine angemessene Befristung des Mietverhältnisses verlangen. Kommt eine Einigung über die Höhe der Miete nicht zustande, kann der Vermieter eine angemessene Miete, im Zweifel die ortsübliche Vergleichsmiete, verlangen.
    (6) In den Fällen der Absätze 3 und 5 erlischt der Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung ein Jahr nach Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache, wenn er nicht vorher rechtshängig gemacht worden ist.
  • (1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
    (2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
  • (1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.
    (2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, der Gesundheit oder der Freiheit verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.
    (3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
    (4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.

Geschrieben von: iurFRIEND-Redaktion

e97ac32b6d8841f9a9c188af7e852e3c

iurFRIEND® ist Ihr Rechtsfreund
für viele Rechtsangelegenheiten.
Wir bieten allen Menschen mit Rechtsproblemen einen kostenlosen Einstieg in die Welt des Rechts:
Ratgeber - Checklisten & Formulare - Gratis-InfoPakete - Orientierungsgespräche

Frage online stellen

oder

Direkt kostenlos anrufen

0800 34 86 72 3