Trennung und (Neue) Medien

Corona unterbrechen via APP

Montag, 27. April 2020, geschrieben von .

Corona unterbrechen via APP

Das Corona-Virus weiß sicher nicht, was eine App ist. Dennoch könnte die Corona-App ein wirksames Mittel sein, die Infektionsraten weiter einzudämmen. Die Bundesregierung hat aktuell beschlossen, Nutzerdaten von Handybesitzern dezentral zu speichern. Die Corona-App soll helfen, potentielle Infektionswege nachzuverfolgen. Dieses Ziel ist umso wichtiger, da die Ausgangsbeschränkungen zunehmend gelockert werden. Die App soll erfassen, welche Smartphones einander nahegekommen sind und deren Nutzer warnen, wenn sich später herausstellen sollte, dass sich ein Handynutzer neben einer infizierten Person aufgehalten hat.

Die Diskussion um Nutzen oder Risiko einer Corona-App läuft letztlich auf eine Abwägung der Vor- und Nachteile hinaus. Es wird kaum eine Entscheidung geben, mit der alle zufrieden sind. Wichtig ist, dass es eine Entscheidung gibt.

Praktischer Nutzen contra Datenschutz

Als anfangs über die Corona-App nachgedacht wurde, wurde die App mit Hinweis auf den Datenschutz in Grund und Boden geredet. Die Diskussion hat sich mittlerweile einigermaßen versachlicht. Es wurden Antworten auf die Fragen gesucht, um welche Daten es eigentlich geht und wer überhaupt Zugriff auf welche Daten haben wird, sowie welchen Nutzen die App tatsächlich bringt. Letztlich könnte der Grundsatz „die Nachfrage bestimmt das Angebot“ eine Entscheidungshilfe darstellen.

Corona App und Beziehung

Vielleicht könnte die Corona-App auch für Ihre Beziehung Vorteile bieten. Ist Ihr Ehepartner misstrauisch, ob Sie potenziell infiziert sind oder nicht, könnten Sie anhand Ihres Handys argumentieren, dass Sie keinen ersichtlichen Kontakt zu einer Risikoperson hatten.

Die Australier machen es vor

So wirklich schlecht scheint die Idee mit der Corona-App jedenfalls nicht zu sein. Allein in Australien haben am ersten Tag binnen 24 Stunden fast 2.000.000 Menschen die Corona App auf ihr Handy geladen. Nach Angaben des Gesundheitsministers Greg Hunt sei das Angebot außergewöhnlich gut aufgenommen worden. Die Gesundheitsbehörde in Australien hofft, dass mindestens die Hälfte der 25.000.000 Einwohner Australiens die App nutzen werden (Quelle n-tv v. 27.4.2020).

Wie ist die Corona App in Deutschland geregelt?

Auch die Bundesregierung hat eine Entscheidung getroffen. Bislang war die Tendenz so, dass die Bundesregierung einen zentralisierten Ansatz bevorzugte und die Handydaten auf einem zentralen Server hätte erfassen wollen. Dieser Server wäre von einer staatlichen Stelle überwacht worden. Der Bundesgesundheitsminister hatte bislang dagegen gehalten, dass er nicht nachvollziehen könne, wie Daten, die bei Apple und Google aufgehoben sind, besser geschützt seien als Daten, die auf staatlich kontrollierten Servern in Deutschland liegen.

Dieser zentralisierte Ansatz war allerdings von Forschern und IT-Experten kritisiert worden. Unter anderem der Chaos Computer Club, die Hacker-Vereinigung CCC, die Gesellschaft für Informatik und andere Organisationen, die sich mit netzpolitischen Fragen beschäftigen, hatten in einem offenen Brief an die Bundesregierung beanstandet, dass der zentrale Ansatz nicht der richtige Weg sei.

Jetzt ist es so, dass ein dezentrales System den Vorzug erhalten hat. Ziel ist, die Kontakte nur noch auf dem Handy des einzelnen Nutzers zu speichern und damit Vertrauen zu schaffen. Danach werden die Handydaten von Apple und Google erfasst. Kernpunkt sei, dass die Feststellung, ob sich eine Person in der Nähe eines infizierten Nutzers aufgehalten hat, ausschließlich auf den Smartphones erfolgen soll und die Daten auf den Handys nur dort ausgewertet werden können. Damit soll die Identität der Nutzer auch für Apple und Google unbekannt bleiben. Die US-Konzerne sind wohl allein in der Lage, die nötigen Schnittstellen direkt in die Betriebssysteme ihrer Handys einzubauen. Die dafür notwendige Softwarearchitektur soll in Kürze zur Verfügung stehen. Der Chaos Computer Club hat den Richtungswechsel bereits ausdrücklich begrüßt. Die Bundesregierung sende nämlich das Signal an den Handynutzer: „Du kannst uns vertrauen, weil Du uns nicht vertrauen musst.“.

Es wird als Vorteil gesehen, auf die modernen Betriebssysteme von Apple und Google und deren Programmierschnittstellen zugreifen zu können und gleichzeitig die epidemiologische Qualitätssicherung bestmöglich zu integrieren. Die App soll auch die Möglichkeit bieten, freiwillig in anonymisierter Form Daten zur epidemiologischen Forschung und Qualitätssicherung an das Robert-Koch-Institut zu übermitteln.

Rechtliche Informationen zum Coronavirus

Lassen wir die Kirche im Dorf

Es liegt in der Natur des Menschen. Jeder, der konstruktiv denkt, ruft gleichzeitig auch einen Kritiker auf den Plan. In demokratischen Systemen ist das natürlich gut so. Dennoch muss es Ziel sein, pragmatisch und zielorientiert zu denken und zu handeln. Das Corona-Virus ist eine Herausforderung.

Wenn wir alle den Wunsch haben, Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen zu reduzieren, sollten wir jede Möglichkeit einbeziehen, den Kampf gegen das Virus zu führen. Wenn die Corona-App eine Möglichkeit bietet, Kontaktpersonen einer infizierten Person zu ermitteln, diese zu informieren und aufzufordern, Eigenschutz zu betreiben und dadurch die Infektionsketten schnellstmöglich unterbrochen werden können, sind wir auf einem richtigen Weg. Somit muss auch eine Corona-App eine Option darstellen.

Und was ist mit dem Datenschutz?

Wenn mein Handy feststellt, wo ich mich gerade aufhalte und meinen Aufenthaltsort an für mich unbekannte Dritte übermittelt, ist der Datenschutz ein Papiertiger. Wenn ich dadurch aber die Chance habe, ein Infektionsrisiko zu erkennen, sollte der Datenschutz eine Ausnahme bieten. Denn was nützt mein Persönlichkeitsrecht, wenn mich das Virus heimsucht, obwohl ich die Heimsuchung hätte verhindern können. Nicht zuletzt geht es darum, dass auch die Familie, Nachbarn und Freunde davor geschützt werden müssen, dass eine infizierte Person das Virus verbreitet. Es geht also nicht allein um das Persönlichkeitsrecht des einzelnen Menschen. Vielmehr geht es um das Gesamtinteresse der Gesellschaft.

Dem Datenschutz wird wohl insoweit Genüge getan, da der Name der infizierten Person namentlich nicht bekannt gegeben wird. Es könnte durchaus diskriminierend sein, eine infizierte Person auf diese Weise an den Pranger zu stellen. Wenn andere Nutzer aber wissen, dass sie mit einer infizierten Person, wer auch immer dies war, in Kontakt gewesen sind, sollte der Datenschutz kein Kritikpunkt sein.

Nicht zuletzt erscheint die ganze Diskussion um den Datenschutz irgendwie geheuchelt. Wer heutzutage sein Handy einschaltet, gibt automatisch eine Vielzahl von Daten heraus und hat kaum eine Möglichkeit, seine Identität und seinen Aufenthaltsort zu verheimlichen. Datenschutz wird vornehmlich dann problematisch, wenn die Daten missbraucht und für Zwecke verwendet werden, mit denen der Nutzer nicht rechnen musste und an deren Nutzen er auch kein eigenes Interesse hat.

Wenn Sie Ihr Misstrauen trotz aller Argumente nicht entschärfen können, könnte eine Möglichkeit auch darin bestehen, dass Sie Ihr Handy einfach nicht mehr benutzen und ausgeschaltet lassen. Oder Sie schalten es nur noch ein, wenn Sie konkret Bedarf haben. Ansonsten bleibt das Handy ausgeschaltet.

Aber eines muss klar sein: Eine Corona-App darf kein Selbstläufer werden. Sie bedarf der ständigen Kontrolle. Sobald sie ihren Zweck erfüllt hat, muss die App der Vergangenheit angehören. Verhältnisse wie in China, bei denen der einzelne Bürger nur noch Objekt, aber kein Subjekt mehr ist, gilt es zu vermeiden. Es ist Aufgabe des Staates, zu gewährleisten, dass die App nicht als Alibi missbraucht wird, den Bürger in Deutschland zum bloßen Objekt zu degradieren.

Alles im allem

Denkverbote darf es nicht geben. Geht es aber um unsere Persönlichkeitsrechte, bedarf es außerordentlich guter Gründe, Rechte im Detail einzuschränken. Wenn wir die Alternative berücksichtigen, dass das Virus unseren Lebensalltag ruinieren könnte, müssen wir bereit sein, Kompromisse einzugehen. Blockadehaltungen verursachen Stillstand. Nur Kompromisse ermöglichen Fortschritte.

Gut App. Bleiben Sie gesund.

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