Im Ratequiz ist im Vorteil, wer viel weiß. In der Partnerschaft läuft es oft auf Besserwisserei und Rechthaberei hinaus, wenn der Partner oder die Partnerin immer alles besser weiß oder zumindest glaubt, vieles besser zu wissen. Im Neudeutschen gibt es dafür neuerdings den Begriff des „Mansplaining“ (so viel wie „wenn der Mann etwas erklärt“) und „Womansplaining“. Wie gehen Sie damit um, wenn der Partner immer alles besser weiß und im ungünstigsten Fall sogar Ihre Beziehung auf dem Spiel steht?
Was bedeutet Partnerschaft?
Leben Sie in einer Beziehung, ist wesentliche Voraussetzung, dass beide Partner möglichst auf der gleichen Ebene miteinander kommunizieren. Der gegenseitige Respekt und die Persönlichkeit des anderen gebieten, diese Ebene nicht zu verlassen und sich im Hinblick auf die Person des anderen nicht zu erhöhen, indem ein Partner immer alles besser weiß. Die Gleichberechtigung beider Partner wird dadurch in Frage gestellt. Der belehrte Partner kommt sich vor wie in der Schulstunde, in der der Lehrer den Kindern die Welt erklärt.
Die Soziologin Rebecca Solnit darüber ein Buch geschrieben: „Wenn Männer die Welt erklären“ und sich darüber ausgelassen, welche Ursachen Mansplaining hat und wie Frau dem Gehabe begegnen kann. Allerdings dürfte das Problem kein ausschließlich männerspezifisches Problem sein. Man sollte anerkennen, dass auch Frauen glauben, vieles besser zu wissen (Womensplaining), auch wenn sich in der Thematik vielleicht die Männer besonders hervortun.
Warum gibt es Besserwisser?
Menschen, die vieles besser wissen, gibt es überall. Im Beruf, im Freundeskreis, im Fußball und natürlich auch in der Beziehung zwischen Partnern. Die Besserwisserei ist in der Beziehung zwischen Partner insoweit besonders schwerwiegend, als die Partner riskieren, dass ihre Beziehung zerbricht oder sich auf einem Niveau bewegt, auf dem eine gleichberechtigte, partnerschaftliche und zufriedenstellende Beziehung schwierig bis unmöglich ist. Beharrliches Besserwissen kann sich durchaus als Beziehungskiller erweisen.
Tritt in der Beziehung der Mann als Besserwisser hervor, könnten die Gründe darin liegen, dass Männer einen vielleicht genetisch bedingten Beschützerinstinkt verfolgen, der sich bewusst oder unbewusst darin äußert, dass er ihr die Welt erklären möchte. Männer zeigen sich oft hilfsbereit und glauben, der Frau die Mühe abzunehmen, für eine Frage oder einem Problem selbst eine Lösung finden oder sich mit irgendwelchen Gegebenheiten in ihrem Leben arrangieren zu müssen.
Ist es umgekehrt so, dass die Frau alles besser weiß, können die Gründe darin liegen, dass sie sich gegenüber dem Mann behaupten und zeigen möchte, dass sie auch dann ihren Mann steht, wenn es darauf ankommt und sich auf den ersten Blick keine brauchbare Lösung abzeichnet. Das vermeintlich schwache Geschlecht zeigt Stärke und beansprucht einen gleichberechtigten Platz in der Partnerschaft.
Praxistipp
Vielleicht lesen Sie das von dem Mann Allan und der Frau Barbara Pease geschriebene Buch: “Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Hier finden Sie „ganz natürliche Erklärungen für unerklärliche Schwächen“. Auch das Phänomen, vieles besser zu wissen als der andere, findet darin Erwähnung. Die Kenntnis dieser Vielzahl zusammengetragener Details in menschlichen Beziehungen kann helfen, zu verstehen, wie der Partner oder die Partnerin denkt und fühlt und wie damit umzugehen ist.
Sind Besserwisser ernst zu nehmen?
Wer in der Beziehung immer alles besser weiß oder glaubt, alles besser zu wissen, führt bewusst oder unbewusst den Partner auf eine Ebene, die unter der eigenen Ebene liegt. Er/sie riskiert, dass der Partner darunter leidet, sich nicht gleichberechtigt und nicht als gleichwertig anerkannt fühlt. Das Problem ist oft, dass der Besserwisser selbst gar nicht merkt, was er anrichtet. Er fühlt sich herausgefordert und teilt sein Wissen mit bestem Gewissen und besten Absichten mit. Er übersieht, dass er den Partner nervt und vielleicht sogar demütigt. Dadurch, dass er den Partner an dem eigenen Wissen teilhaben lässt, gibt er dem Partner das Gefühl, das er oder sie ausschließlich derjenige ist, der in der Beziehung konstruktiv denkt und führt.
Wie ist mit Besserwissern umzugehen?
Letztlich sind wir alle nur Menschen. Niemand ist perfekt. Insoweit sollte man die Thematik nicht überstrapazieren. Schließlich macht die Dosis das Gift. Aus Sicht des Besserwissers ist es so, dass er dem Partner nicht schaden will und fest daran glaubt, sich gerade jetzt äußern zu müssen. Vielleicht will er helfen und dem Partner die Last abnehmen, für ein Problem eine Lösung finden oder ersparen, bei Google aufwendig recherchieren zu müssen. Die Grenze kann sich dort ergeben, wo es nicht mehr allein darum geht, eine Aufgabe zu bewältigen, sondern den Partner an der Bewältigung dieser Aufgabe nicht teilhaben zu lassen und dem Partner das Gefühl zu geben, er spiele in der Partnerschaft nur eine untergeordnete Rolle.
Umgekehrt sollte der Partner, der sich durch die Besserwisserei des anderen zurückversetzt fühlt, nichts überbewerten. Wer den Partner und seine Schwäche kennt, sollte diese einordnen können und wissen, dass es wahrscheinlich nicht darum geht, die eigene Persönlichkeit in Frage zu stellen. Eine Grenze dürfte sich dort zeigen, wo der Besserwisser für sein mitgeteiltes Wissen Dankbarkeit erwartet oder erwartet, dass seine guten Ratschläge bedingungslos umgesetzt werden. Zeigt sich der Besserwisser dann verärgert oder zurückgewiesen, ist Vorsicht angeraten. Dann gilt es, das eigene Verhalten so einzurichten, dass dem Besserwisser vor Augen geführt wird, dass er sein Wissen besser für sich behalten oder seine guten Ratschläge neutral und nicht als Besserwisserei vortragen sollte.
Schwierig wird die Situation, wenn der Partner, der gerade belehrt wurde, eigene Vorstellungen hat, wie ein Problem zu lösen oder welches Know-how gerade gefordert ist. Beharrt dann jeder auf seinem Standpunkt, ohne dass ein Kompromiss möglich erscheint, könnte das anfangs unverfängliche Gespräch in Streit ausarten. Tritt die Situation häufig und fortdauernd ein, leidet die Beziehung und hat möglicherweise nur schlechte Perspektiven.
Wie ist Besserwissern zu begegnen?
Möchten Sie dem Besserwisser etwas entgegensetzen, kann der Weg nur darin bestehen, das Problem aufzugreifen. Es empfehlen sich folgende Optionen: …
- Bekunden Sie, dass Sie nicht belehrt werden möchten und den Anspruch haben, eigenständig etwas zu beurteilen oder zu entscheiden. Sie sind in der Beziehung Partner und bewegen sich auf einer gleichberechtigten Ebene.
- Erklären Sie, dass Sie den Rat des Partners selbstverständlich schätzen und das Wissen des Partners gern in Anspruch nehmen, wenn Sie es wünschen.
- Erkennen Sie offen an, dass Sie vielleicht durchaus dankbar sind, wenn der besserwisserische Partner auf Ihre Nachfrage hin sein Wissen offenbart. Sie stärken dessen Selbstbewusstsein und der Partner wird selbst die Erkenntnis haben, dass er sich nur äußern sollte, wenn er auch gefragt wird.
- Kommentieren Sie die Äußerung des Besserwissers möglichst mit Humor. Vermeiden Sie, dass Sie den Partner frontal zurückweisen.
- Erklären Sie, dass es in Ihrer Ehe oder Beziehung eine Rollenverteilung gibt und Sie in Ihrem persönlichen Aufgaben- und Kompetenzbereich zwar gerne Hinweise und Informationen entgegennehmen, auf Ratschläge und besserwisserisches Gehabe aber verzichten möchten.
- Möchten Sie dem Besserwisser in der Sache etwas entgegensetzen, könnten Sie selbst recherchieren und in sachlicher Art und Weise bestenfalls widerlegen, was der Besserwisser glaubt, besser zu wissen. Vermeiden Sie dabei, dass sich der Besserwisser provoziert fühlt und beleidigen Sie nicht. Es kann nicht darum gehen, dass Sie selbst als Besserwisser dastehen.
Alles in allem
Toleranz und Achtsamkeit untereinander sind die Gradmesser einer Beziehung. Wer die eigene Beziehung lebt und für sich Aufgaben- und Kompetenzbereiche beansprucht, sollte die Aufgaben- und Kompetenzbereiche des Partners genauso anerkennen und respektieren. Partner helfen und respektieren sich, versuchen aber nicht, sich über den anderen zu erhöhen.