Viele mittlerweile Alleinlebende erhalten nach der Trennung unter Ihrer bislang gemeinsam genutzten Adresse nach wie vor Post für den Ex. Da nicht jeder Absender eines Briefes informiert ist, dass Sie getrennt leben, fragt sich so mancher Postgeplagte, ob man die Fehlsendungen weiterleiten muss oder gar selbst öffnen und entsorgen darf. Erfahren Sie hier mehr über das Briefgeheimnis, ob Sie Briefe während der Ehe lesen dürfen und was man mit unerwünschtem Postgut tun darf.
Briefgeheimnis wahren – was ist das?
Post ist immer persönlich. Derjenige, der einen Brief schreibt oder Post verschickt und derjenige, der den Brief und die Post erhält, müssen sich darauf verlassen können, dass der Austausch privat bleibt. Das Öffnen fremder und verschlossener Post ist also keinesfalls eine Bagatelle. Als Post sind Briefe, Pakete und streng genommen auch Postkarten zu verstehen.
Deshalb schreibt das Grundgesetz als Ausdruck des Persönlichkeitsrechts eines jeden Menschen das Brief-, Post- und Kommunikationsgeheimnis fest. Darauf aufbauend stellt es das Strafgesetzbuch unter Strafe, wenn Sie unbefugt einen verschlossenen Brief, der nicht zu Ihrer Kenntnis bestimmt ist, öffnen (§ 202 StGB: Verletzung des Briefgeheimnis). Öffnen Sie also einen verschlossenen Brief, könnte der Partner oder die Partnerin Strafanzeige erstatten. Dazu kommt es nicht darauf an, ob Sie den Inhalt tatsächlich lesen oder nicht. Es reicht, dass Sie den Brief öffnen.
Darf man die Post des (Ex-)partners öffnen?
Viele meinen, dass der zeitliche Korridor (während und nach der Ehe) hier eine Rolle spielt. Die Unterschiede in rechtlicher Hinsicht sind jedoch so groß nicht.
Post, die während der Ehe zugeht
Das im Grundgesetz und im Strafgesetzbuch bestimmte Briefgeheimnis betrifft auch Ehepartner und Ex-Partner. Leben Sie in einer intakten Ehe, dürfen Sie in der Regel davon ausgehen, dass Sie die Post des Partners oder der Partnerin öffnen dürfen, soweit der Inhalt des Briefes alltägliche oder familiäre Angelegenheiten betrifft und nach dem mutmaßlichen Wille des Partners davon auszugehen ist, dass Sie die Post einsehen dürfen.
Praxisbeispiel: Telefonrechnung vs. Lohnabrechnung
So sollte nichts dagegen sprechen, wenn Sie den an den Namen Ihres Partners adressierten Brief öffnen, der die aktuelle Telefonrechnung enthält oder die Abrechnung der Stadtwerke. Anders könnte es aussehen, wenn der Brief die Lohnabrechnung des Partners enthält. Hier kommt es darauf an, wie der mutmaßliche Wille des Partners ist. Möglicherweise besteht ein aus der Sicht des Partners berechtigtes Interesse daran, dass der Inhalt der Lohnabrechnung vertraulich bleibt. Sie wären dann darauf angewiesen, den Partner eventuell nach dem Inhalt des Briefes zu fragen. Sie haben aber keinen Anspruch darauf, den Brief zu öffnen, nur um das aktuelle Gehalt des Partners in Erfahrung zu bringen.
Post nach der Trennung
Das Briefgeheimnis erhält eine besondere Bedeutung, wenn Sie getrennt leben und Ihre eheliche Lebensgemeinschaft aufgelöst haben. Der Bundesgerichtshof hat klar entschieden, dass Sie das Briefgeheimnis und das darauf beruhende Persönlichkeitsrecht des Ex-Partners verletzen, wenn Sie unbefugt dessen Post öffnen (BGH, Urteil vom 20.2.1990, Az. VI ZR 241/89).
Es sollte auch keine Option sein, den Brief zu öffnen und danach wieder so zu verschließen, dass nicht zu erkennen ist, dass Sie den Brief geöffnet haben.
Praxisbeispiel: Brief zum Steuerbescheid
Wurden Sie in der Ehe und im Jahr der Trennung zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, ist der Steuerbescheid an den Namen beider Partner gerichtet. Sie dürfen den an Sie gemeinsam adressierten Brief des Finanzamtes öffnen und Ihren Steuerbescheid für Ihre Person in Erfahrung bringen. Dass Sie dabei auch über die steuerlichen Pflichten des Partners informiert werden, lässt sich nicht vermeiden. Werden Sie jedoch nach der Trennung einzeln zur Einkommensteuer veranlagt, erhält jeder Ehepartner einen gesonderten Einkommensteuerbescheid vom Finanzamt. In diesem Fall dürfen Sie den an den Partner gerichteten Brief mit dem Steuerbescheid selbstverständlich nicht öffnen.
Was tun, wenn man fremde Post bekommt?
Hier sind mehrere unterschiedliche Szenarien denkbar:
- Bekommen Sie fremde Post, die nicht an Ihre Adresse adressiert ist und erkennbar für einen anderen Empfänger bestimmt ist, werfen Sie den Brief einfach in den nächsten Briefkasten ein. Es ist zu hoffen, dass die Post den Brief dann an die richtige Adresse zustellt.
- Ist die Post für den Nachbarn bestimmt, ist es ein Gebot der Höflichkeit, den Brief beim Nachbarn abzugeben oder in dessen Briefkasten einzuwerfen. Dieser Fall tritt häufiger ein, und es empfiehlt sich, den Postzusteller anzusprechen und auf das Problem aufmerksam zu machen.
- Bekommen Sie fremde Post, die aber tatsächlich an Ihre Adresse adressiert ist (für den Ex), wäre zu empfehlen, dass Sie ihn oder sie informieren, dass Sie noch immer Post bekommen. Fordern Sie den Ex auf, dafür Sorge zu tragen, dass künftige Post an die richtige Wohnadresse zugestellt wird.
Fühlen Sie sich noch immer irgendwie verbunden, könnte es auch eine Option sein, dass Sie die Post sammeln und bei Gelegenheit in den Briefkasten beim Ex einwerfen. Ist zu vermuten, dass der Brief wichtige Informationen oder Unterlagen enthält, die vielleicht mit einer Frist (z.B. ein Monat Einspruchsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid) oder Handlungsoptionen verbunden sind, sollten Sie es nicht unbedingt darauf ankommen lassen, den Ex nicht zu informieren und ins Leere laufen zu lassen. Denken Sie daran, dass der Ex Ihr Fehlverhalten vielleicht mit gleicher Münze zurückzahlen könnte.
Bin ich verpflichtet, Post weiterzuleiten oder aufzubewahren?
Es ist Aufgabe des/der Ex, dafür Sorge zu tragen, dass die an ihn/sie adressierte Post nach der Trennung an die neu Wohnadresse zugestellt wird. Im einfachsten Fall reicht es dazu aus, in der nächsten Postfiliale einen Postnachsendeantrag zu stellen. Die Post sollte die an die alte Adresse adressierten Briefe dann an die neue Wohnadresse weiterleiten. Treffen Sie zufällig den Postzusteller an, der gerade einen fremden Brief in Ihren Briefkasten einwerfen will, sollten Sie die Annahme direkt verweigern.
Finden Sie trotzdem noch einen Brief an den Ex im Briefkasten, könnten Sie auf dem Briefumschlag den Vermerk notieren „Empfänger unbekannt“ und werfen den Brief wieder in den nächsten Briefkasten ein. Sollten Sie die neue Wohnadresse kennen, empfiehlt sich ein Vermerk „weiterleiten an …“ oder „zurück an Absender“. Sie brauchen in diesen Fällen den Brief nicht neu zu frankieren, auch dann nicht, wenn Sie ihn ins Ausland nachsenden wollen. Ist der Absender oder der Empfänger auf dem Brief nicht erkennbar, leitet die Post den Brief an eine Zentralstelle. Dort wird er geöffnet, um Hinweise zu erhalten und den Brief richtig zuzustellen.
Keinesfalls sollten Sie sich dazu verleiten lassen, einen nicht für Sie bestimmten Brief in den Papierkorb zu werfen. Sie riskieren, sich wegen Sachbeschädigung und Unterschlagung strafbar zu machen. Sofern Sie die fremde Post nicht zurückgeben, sollten Sie die Briefe also zumindest aufbewahren.
Alles in allem
Die Trennung vom Partner oder der Partnerin ist immer eine Zäsur. Dennoch sollte es ein Gebot der Höflichkeit sein, auch nach der Trennung eine gewisse gegenseitige Rücksichtnahme gelten zu lassen. Insofern ist es nicht unbedingt zu viel verlangt, den Partner zumindest per Telefon, E-Mail oder WhatsApp darüber zu informieren, dass Sie Post erhalten haben und der Partner die Post bitte abholen oder mitteilen möchte, was Sie damit tun sollen.