Das Coronavirus ist der Schrecken vieler älterer Menschen. Ihr Ansteckungsrisiko ist höher als das jüngerer Personen. Zusätzlich leiden Großeltern darunter, dass die eigenen Kinder und Enkelkinder den Kontakt meiden sollten. Es entsteht das Dilemma, dass gerade Großeltern, die oft besonderer Obhut und Unterstützung bedürfen, sich alleingelassen fühlen. Ist die Trennung von den Großeltern wegen Corona auch für Sie ein Thema, gilt es, Wege zu finden, dass die Großeltern dennoch unterstützt werden können.
Wo ist das medizinische Problem?
Offiziell gibt es kein Kontaktverbot mit älteren Menschen. Ältere Menschen tragen dennoch ein hohes Risiko, dass sie sich mit dem Corona-Virus infizieren. Grund ist, dass das Immunsystem mit zunehmendem Alter schwächer wird und nicht mehr die Kraft hat, derartigen Erregern entgegenzutreten. Vor allem dann, wenn ein Mensch an einer Vorerkrankung leidet, fehlt dem Körper oft die Kraft, auch noch zusätzlich das Virus zu bekämpfen. Leidet eine Person beispielsweise unter Asthma, ist diese besonders gefährdet, da das Virus die Lunge angreift. Also ist es ein Gebot der Vernunft, alles zu tun oder zu unterlassen, was ältere Menschen gefährdet.
Natürlich ist das Kontaktverbot vielerlei Kritik ausgesetzt. Auch Mediziner haben Zweifel, ob die Situation ein derartig umfassendes Kontaktverbot wirklich rechtfertigt. Andererseits bestätigen die Vielzahl von Erkrankungen und der schwerwiegende Verlauf der Erkrankung, dass das Corona-Virus offensichtlich ein besonders hohes Gefährdungspotenzial mit sich bringt. Risiken sind nicht von der Hand zu weisen.
Wenn sich ein Risiko vermeiden lässt, sollten wir dies tun. Sollten wir nämlich vorsorgliche Maßnahmen unterlassen und verwirklicht sich das Risiko, müssen wir uns der Frage stellen, warum wir nicht einsichtiger waren. Dann aber ist es vielleicht zu spät. Das Virus ist wie ein Tiger, der um unser Haus streift. Wir können aufpassen, dass wir nicht aufeinandertreffen. Treffen wir aber aufeinander, ist es zu spät.
Wo ist das menschliche Problem?
Waren es Großmutter oder Großvater gewohnt, Sie regelmäßig zu kontaktieren, sehen sich die Großeltern jetzt über Nacht mit der Situation konfrontiert, dass der Kontakt nicht mehr möglich sein soll. Noch schwieriger ist die Situation, wenn Großmutter oder Großvater sich regelmäßig um das Enkelkind gekümmert haben und jetzt plötzlich alle Ampeln auf Rot stehen. Großeltern brauchen oft eine Beschäftigung, in der sie Sinn sehen und sich gebraucht fühlen. Ist der Kontakt zu Kind und Enkelkind nicht mehr möglich, entfällt eine Aufgabe, die vielfach den Lebensalltag von Großeltern prägt.
Viele Großeltern zeigen sich extrem selbstlos und haben das Bedürfnis, für Kind oder Kindeskind da zu sein. Sie bieten ihre Hilfe an und stellen fest, dass genau diese Hilfe jetzt plötzlich scheinbar nicht mehr gebraucht wird. Sie fühlen sich in ihrem Engagement enttäuscht. Vielen Großeltern fällt es daher schwer, das Kontaktverbot wegen der Corona-Krise zu akzeptieren und die Trennung von Kind und Kindeskind zu vollziehen. Möglicherweise geht es Ihnen als Elternteil genauso.
Wo ist das berufliche Problem?
Schulen und Kindergärten sind geschlossen. Kinder müssen zu Hause betreut werden. Sind Sie als Elternteil berufstätig, stehen Sie vielleicht vor dem Problem, wer Ihr Kind zu Hause betreut. Es ist also eine naheliegende Überlegung, dafür die Großeltern in Anspruch zu nehmen. Da das Kontaktverbot die Begleitung und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen und Minderjährige nicht erfasst (so z.B. Allgemeinverfügung des Saarlandes vom 21. März 2020), stünde der Betreuung durch die Großeltern eigentlich nichts im Wege. Ob dieser Weg wirklich sinnvoll ist, müssen Sie selbst entscheiden.
Wie kommuniziere ich die Trennung?
Sind Sie Elternteil und möchten Sie Ihren Eltern und den Großeltern Ihres eigenen Kindes verdeutlichen, dass das Kontaktverbot eingehalten werden muss, sollten Sie klarstellen, dass der Kontakt ein nicht kalkulierbares Risiko darstellt. Gerade, weil jüngere Menschen oft keinerlei Symptome zeigen, können sie aber dennoch mit dem Corona-Virus infiziert sein und andere Personen anstecken. Versuchen Sie, diese Tatsache sachlich zu übermitteln. Vermeiden Sie, ein Horrorszenario aufzubauen. Menschen neigen dazu, derartige Szenarien klein zu reden.
Gut ist, wenn Sie die Situation frühzeitig erklären. Gut ist, wenn Sie dazu selbst die Initiative ergreifen und nicht warten, bis sich Unstimmigkeiten aufbauen. Schlecht ist, wenn Sie Großvater oder Großmutter am Telefon immer wieder abwimmeln oder mit schlechtem Gewissen darauf warten, bis der nächste Anruf kommt. Machen Sie klar, dass es nicht darum geht, den Kontakt abzubrechen. Es geht nur darum, den Kontakt zu unterbrechen und die hoffentlich bald vorübergehende Zeit des Kontaktverbots abzuwarten.
Leitfaden: "Rechtliche Informationen zum Coronavirus" geschrieben von Volker Bellaire. Stand: 22.04.2020
Bieten Sie umgekehrt Ihre Hilfe an
Da sich Großeltern am besten schützen, wenn sie konsequent zu Hause bleiben, sind sie darauf angewiesen, dass sie von Dritten versorgt werden. Bieten Sie also Ihre Hilfe an. Gehen Sie für die Eltern einkaufen und erledigen alles, was die Großeltern von zu Hause aus nicht erledigen können. Wenn Sie den persönlichen Kontakt soweit wie möglich vermeiden wollen, sollte es reichen, wenn Sie die Einkäufe vor der Wohnungstür abstellen und sich in einem gebührenden Abstand miteinander unterhalten.
Kommunizieren Sie online
Das Corona-Virus erfordert keine absolute Funkstille. Es geht nur darum, den körperlichen Kontakt zu vermeiden. Um die Zeit zu überbrücken, könnten Sie miteinander telefonieren, skypen oder sich über einen Messengerdienst austauschen. Videotelefonate sind meist gebührenfrei. Insoweit kann es sogar vorteilhaft sein, wenn Sie den Kontakt auf diesen Wegen aufrechterhalten und den Großeltern signalisieren, dass sie keinesfalls vergessen sind. Auch für kleine Kinder ist es kein Problem, mit den modernen Medien umzugehen.
Alles in allem
Unser aller Leben hat sich über Nacht verändert. Alles steht auf dem Prüfstand. Uns fällt oft nichts schwerer als Gewohnheiten zu ändern. Dennoch zwingt uns die Situation, neue Wege zu gehen. Auch die vorübergehende Trennung von den Großeltern sollte ein Gebot der Stunde sein.