Unter Motorradfahrenden kursieren, wie in anderen Zusammenschlüssen Gleichgesinnter auch, ein paar saloppe Sprüche. Einer davon behauptet, dass, wer 1 Jahr glücklich sein wolle, doch bitte heiraten möge - alle anderen jedoch, mit dem Wunsch nach lebenslanger Zufriedenheit, stattdessen Motorrad fahren sollten. Eine Anspielung darauf, dass die Partner(innen) der Biker deren Hobby oft kritisch betrachten, sie davon loseisen möchten und, wenn dies scheitert, die ganze Beziehung nur noch auf einem Rad steht. Was tun, damit man vom Partner irgendwann nicht nur noch die Rücklichter sieht?
Was ist so schlimm am Hobby Motorrad fahren?
(Fast) jeder Mensch geht einer Freizeitbeschäftigung nach, die der Partner nicht teilt, zum Ausgleich aber notwendig erscheint. Manchmal gelingt es dem einen sogar, dem anderen zumindest ein bisschen was von seinem Hobby näherzubringen. Sodass er oder sie Verständnis dafür aufbringt, warum man unbedingt stundenlang…
- vor einem Tulpenbeet in Holland staunen kann, ohne eine Pflanze auch nur anzurühren,
- ein Miniatur-Faltboot in mühevoller Kleinarbeit in eine Glasflasche zu manövriert, ohne das Kunstwerk dann zu verkaufen,
- oder auch jedes Jahr zu einem Schachturnier fährt, ohne Aussicht, je einen der vorderen Plätze zu belegen.
Und so ist es auch mit dem Motorradfahren als Hobby; wo einzelne Fahrten vielleicht ein vorher festgelegtes Ziel haben, viele Kilometer davon aber nicht unbedingt zur Erreichung höherer Ziele notwendig zurückzulegen gewesen wären. Manchmal rührt das Hobby vom Beruf her – da will der Kradfahrer der Polizei unbedingt am Wochenende auch mal abseits der Dienstplanroute die Landstraße entlang.
Abgesehen vom Faktor Zeit, den ein Hobby immer beansprucht und die man aus Sicht der jeweiligen Partner anders bzw. gemeinsam verbringen könnte: Was macht es für manchen Liebenden unerträglich, wenn die bessere Hälfte so gerne und häufig auf dem Feuerstuhl sitzt?
Angst um den Partner auf dem Motorrad
Keinem Streit liegt immer ein egoistisches Motiv zugrunde. Oft ist es eine positive Sorge, und zwar die, dass dem Partner im Straßenverkehr etwas zustoßen könnte. Dazu braucht man seine Kawasaki, Honda oder BMW nicht einmal über die Höchstgeschwindigkeit zu bringen oder anderweitig Schuld an einem Unfall zu tragen – einspurige Fahrzeuge gelten nun mal als vulnerable Verkehrsteilnehmer.
Wieso ist das so?
- Man übersieht sie leicht,
- ihnen fehlt die Knautschzone eines Autos,
- Ölspuren auf der Straße gefährden sie trotz der höheren Wendigkeit mehr als einen PKW,
- und vieles mehr.
Die Biker entgegnen hier oft, dass man ja überhaupt nicht mehr aus dem Haus könne, wenn man die Fehler anderer Verkehrsteilnehmenden als Argument fürchtet, selbst leichter zu Schaden zu kommen als in einem Auto (oder in kompletter Abwesenheit). Aber Angst ist nicht rational, zumindest dann nicht, wenn es um den oder die geliebte Partnerin geht. Freuen Sie sich als Umsorgte(r), denn das ist ein Zeichen von Wertschätzung: „Ich habe Angst um dich!“ Drücken Sie das als der- bzw. diejenige, die diese Angst empfindet, aber auch so aus.
Vielleicht hilft es, wenn die Zweiradfahrer eine Nachricht schreiben, immer dann, wenn sie ihr Ziel für den Tag erreicht haben oder einen Zwischenstopp einlegen. Das schafft Ruhe. Oder die Partner setzen sich einmal selbst auf den Bock, um sich ggf. von einem weniger gefährlichen Fahreindruck zu überzeugen.
Fahrstil des Partners zu gefährlich
Dies kann jedoch auch nach hinten losgehen. Vor allem dann, wenn der Fahrstil des Partners bei der ersten Fahrt noch gefährlicher wirkt, als man ihn ohnehin vermutet hatte. Viele Sozias und Soziusse fahren schon lange Zeit mit ihren Partnern mit, ohne das im Übrigen explizit zu benennen, was sie stört. Sie trauen sich nicht, das wahre Problem zu schildern und schieben andere vor. Um nicht als hysterisch oder feige zu gelten.
Genau wie als Beifahrer(in) im PKW hat man hinter dem Lenkenden wenig Einfluss auf das Fahrverhalten. Ein besonders festes Umklammern fällt hier auch noch weniger auf, da man das ja ohnehin schon tut. Was kann man tun, was schlagen hier die Biker selbst vor, die sich mit diesem Vorwurf konfrontiert sehen?
Wenn Sie als Partner die Möglichkeit haben, eine Fahrerlaubnis vorausgesetzt, entsprechende Strecken einmal selbst mit dem Feuerstuhl zu befahren, schätzen Sie Situationen vielleicht anders ein. Nicht immer sitzt man im Übrigen zu zweit auf einer Maschine – oft gehören Ehepaare auch gemeinsam einem Motorradclub an, besitzen jeder ein eigenes Krad oder machen längere Touren durch die USA. Die jeweiligen Fahrstile können sich dann immer noch unterscheiden, jedoch lässt diese Art von Doppelmitgliedschaft in einem Verein ja wohl auf eine hohe Identifizierung mit dem Hobby Motorradfahren schließen, oder?
Motorradclubs und ihr Ruf
Ja denkste! Sofern man sich nicht unbedingt erst in einer Motorradgang kennengelernt hat, sondern auf Einladung des Partners dort eintritt, brauchen viele Neuankömmlinge erst einmal Zeit, sich an Sitten und Gebräuche der weiteren Mitglieder zu gewöhnen. Und manche schaffen das nie.
Dies darf keineswegs zu der Idee führen, in Motorradclubs würden sich nur unangenehme Zeitgenossen aufhalten. Solchen Vereinigungen gehören die gleichen Menschen an wie man sie auch in anderen Vereinen trifft. Es ist oft ein Zufall, ob einem seine Vereinskolleg(inn)en gefallen oder eben nicht. Wenn einem der Umgang nicht gefällt, betrachtet man ihn oft auch für den Partner als nicht passend, und später womöglich erst recht für Sohn oder Tochter.
Schlimmer ist es natürlich, wenn man kein Mitglied ist oder sich immer ferngehalten hat von den Freunden des Partners, und sein Urteil auf Vorurteile stützt. Für alle anderen Fälle muss man die Freundschaften wohl so akzeptieren, und während der Motorradaktivitäten einen anderen Freundeskreis aufsuchen – vielleicht hat Ihr Partner ja zu diesem auch ein paar „Anmerkungen“, und hält sich als Ausgleich in Zukunft etwas von den ganz schweren Jungs im Verein fern. Wie gesagt – wenn es denn welche geben sollte.
Umgedreht - was ist eigentlich mit dem Fall, dass Sie gemeinsam einem Club angehören, die übrigen Mitfahrer jedoch ein Auge auf Sie werfen und das Ihre(n) Partner(in) ordentlich spüren lassen? Ganz schnell kann ein Hobby so zum Nicht-Hobby werden, oder aber auch einen Konflikt schwelen lassen.
„Dein blödes Motorrad“ und „Sooo viel kostet das?“
Kommen wir zu den abschließenden Streitpunkten – dies sind die häufig als Totschlagargumente bezeichneten Faktoren
- Zeit (haben wir ja schon erwähnt),
- Platz
- und Geld.
Ja, die Wartung und Pflege eines Zweirads samt vieler Pferdestärken kostet. Vor allem, wenn es um ältere Jahrgänge oder seltene Exemplare geht, für die es nicht massenhaft Ersatzteile gibt. Liegt ein Schaden vor, beheben ihn eventuell nur weiter entfernt befindliche Werkstätten, oder man muss selbst Zeit für Reparaturen opfern. Wenn man dazu in der Lage ist, und nachdem man bei eBay erst noch die nötigen Kleinteile zusammenrecherchiert hat. Von der übrigen Ausrüstung (Lederkluft, Helm, Protektoren) ganz zu schweigen.
Wie „wohlklingend“ muss dann das Scheppern im Ohr sein, das Ihr Mann oder Ihre Frau voller Wut ausgelöst hat, als er oder sie in der Garage auf dem Weg zu den Vorräten wieder mal nicht am Motorrad vorbeikam und es kurzerhand umwerfen „musste“. Verbunden mit dem Aufschrei aus der letzten Zwischenüberschrift…
Nicht nur das Motorrad, sondern auch die Beziehung pflegen
Fast jeder kennt einen Film, oder hat auf der Straße ein Paar gesehen, das die natürliche Sitzposition auf diesen „heißen Öfen“ für einen anregenden Flirt zum Kennenlernen nutznießen konnte. Ob bei 300 km/h mit Heuler oder ungetrimmt – Motorradfahren kann sexy sein und hat schon viele Menschen zusammengebracht.
Mit der Zeit muss man jedoch die Bedürfnisse seines Partners genauso berücksichtigen wie den korrekten Ölwechsel seiner Maschine. Wir haben festgestellt, dass das Leben mit Kraftradfahrer(innen) Emotionen auslöst wie vielleicht keine andere Fortbewegungsart. Von Eifersucht über Wut bis hin zu Panik ist alles vertreten. Nehmen Sie das ernst und können ein paar dieser Gefühle beim Partner neutralisieren, ist schon viel erreicht.
Stoßen Sie den Bock gemeinsam um
Gelingt es Ihnen als Paar nicht, in diesem Konflikt den „Bock umzustoßen“, wäre das zu bedauern. Zu traurig sind die Geschichten, in denen ein Partner auf Geheiß des anderen Stück für Stück seine gesamte Ausrüstung verkaufen musste, bis er am Ende gar nichts mehr hatte, außer, den Scheidungsantrag einzureichen.
In diesen Fällen kann man sich für die Aufteilung des Hausrats meist sicher sein, das geliebte Töfftöff als persönlichen Gebrauchsgegenstand behalten zu dürfen. Über den Zugewinnausgleich erfolgt allenfalls ein Wertausgleich, hierbei kommt es jedoch auf die Umstände im Einzelfall an. Für den Partner, aber auch für Sie selbst dürfte das Motorrad dann nur zum Symbol für eine gescheiterte Beziehung stilisiert werden – im doppelten Sinne zur Höllenmaschine geworden zu sein.