Trennung und Kind

Verfahrenskostenhilfe bei Streit um Umgangsrecht

Donnerstag, 25. Februar 2021, geschrieben von .

Verfahrenskostenhilfe bei Streit um Umgangsrecht

Streiten Sie nach Ihrer Trennung oder Scheidung um das Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind, ist es ratsam, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Haben Sie Schwierigkeiten, die Verfahrenskosten aus eigener Tasche zu bezahlen, haben Sie wahrscheinlich Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe (VKH). Dieser Anspruch sollte auch dann bestehen, wenn Sie beantragen, eine ursprünglich gerichtlich gebilligte Umgangsregelung nachträglich abzuändern.

Wann er­hal­ten Sie Ver­fah­rens­kos­ten­hil­fe?

Sie erhalten Verfahrenskostenhilfe nur auf Antrag. Ihr Antrag muss vom Gericht bewilligt werden. Dazu müssen Sie Ihre wirtschaftliche Bedürftigkeit nachweisen. Sie gelten als bedürftig, wenn Sie gar kein oder nur ein geringes Einkommen haben. Als Grundlage zählt nicht Ihr Nettoeinkommen, sondern Ihr anrechnungsfähiges Einkommen. Dazu werden bestimmte Freibeträge als auch Verbindlichkeiten wie Miete, Nebenkosten, Werbungskosten, Kredite oder Unterhaltszahlungen berücksichtigt. Hartz IV-Leistungen gelten nicht als anrechnungsfähiges Einkommen.

Außerdem muss Ihr Antrag hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Das ist anzunehmen, wenn Ihr Regelungswunsch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vor Gericht realisierbar ist. Dabei darf das Gericht aber noch nicht so umfassend prüfen, als hätte das Verfahren bereits begonnen. Es darf nur eine kurze Einschätzung vornehmen und prüfen, ob Ihr Standpunkt zumindest vertretbar erscheint. Erscheint Ihr Sachvortrag jedoch mutwillig, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen wird. Wird der Antrag abgelehnt, steht Ihnen immerhin noch die sofortige Beschwerde zu. Dann muss Ihr Antrag erneut geprüft werden.

Wird Ihnen Verfahrenskostenhilfe als staatliche Hilfe bewilligt, bedeutet dies, dass Sie keine Gerichtskosten bezahlen müssen und die Gerichtskasse die Gebühren für Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin übernimmt. Bei sehr geringen Einkommen brauchen Sie keinerlei Gebühren zu bezahlen. Ab einer gewissen Einkommensgrenze zahlen Sie die von der Gerichtskasse zunächst verauslagten Gebühren ratenweise an die Gerichtskasse zurück.

Als zwin­gend zu be­tei­li­gen­de El­tern­tei­le ha­ben Sie An­spruch auf Ver­fah­rens­kos­ten­hil­fe

Beantragen Sie erstmalig die Regelung des Umgangsrechts oder beantragen Sie die Abänderung einer bestehenden Regelung, handelt es sich um ein „von Amts wegen zu führendes Verfahren“. In diesem Fall hat das Familiengericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, um die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen (§ 26 FamFG). Dazu hat das Gericht die Beteiligten (z.B. Jugendamt), insbesondere die Elternteile, einzubeziehen. Das Gericht kann dazu das persönliche Erscheinen zum Termin anordnen. Die Anhörung kann aus Sicherheitsgründen in Abwesenheit anderer Beteiligte stattfinden.

Wünschen Sie als Elternteil die Einleitung eines Umgangsverfahrens, muss das Familiengericht von Amts wegen prüfen, ob es ein solches Verfahren einleitet. Das Gericht ist dazu verpflichtet, so ein Verfahren einzuleiten, wenn Sie vortragen, dass eine gerichtliche Umgangsregelung bzw. die Änderung zum Wohl des Kindes erforderlich ist oder naheliegt.

Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass ein Bedürfnis für eine Umgangsregelung besteht, sind Sie als sorgeberechtigte Elternteile zwingend am Verfahren zu beteiligen. Das bedeutet: Sie können sich als Eltern dem Verfahren nicht entziehen. Und es kann Ihnen nicht verwehrt werden, am Verfahren teilzuhaben. Sie sind von Gesetzes wegen amtlich zu beteiligen. Schließlich geht es um Ihr Kind. Aus diesem Grund muss Ihnen das Familiengericht Verfahrenskostenhilfe bewilligen und zwar unabhängig davon, ob Ihr Antrag zur Neugestaltung des Umgangsrechts im Ergebnis Erfolg haben wird oder nicht.

Würde das Gericht den umgekehrten Weg gehen und zunächst prüfen, ob Ihr Umgangswunsch im Wege einer gerichtlichen Regelung tatsächlich realisierbar ist und erst danach Verfahrenskostenhilfe bewilligen, hätten Sie keine Möglichkeit, sich angemessen am Verfahren zu beteiligen.

VKH, wenn Sie ei­ne Um­gangs­re­ge­lung ab­än­dern wol­len

In einer Entscheidung des OLG Frankfurt (Beschluss vom 9.10.2020, Az. 4 WF 158/29, FamRZ 2021, 205) beantragte der Vater eines Kindes die Abänderung einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung. Er wünschte, die vereinbarten Umgangskontakte zu seinem Sohn deutlich auszuweiten. Sein Antrag, ihm Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, hatte das in erster Instanz zuständige Amtsgericht zurückgewiesen. Es liege bereits eine Umgangsregelung vor, so dass die Erfolgsaussichten einer erneuten gerichtlichen Entscheidung ungewiss seien und die Abänderung mutwillig erscheine.

Das OLG Frankfurt gab dem Vater jedoch Recht und bewilligte ihm Verfahrenskostenhilfe. Das Familiengericht hätte als zuständiges Gericht vorab in groben Zügen prüfen müssen, ob im Hinblick auf die Anregung des Vaters zur Neugestaltung des Umgangsrechts ein Regelungsbedürfnis besteht. Da der Vater Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezog, wurde ihm ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Erst danach hätte das Gericht abschließend über die Umgangsregelung entscheiden können.


Gut zu wissen: Die Entscheidung des OLG Frankfurt steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss vom 25.9.2020, Az. 12 WF 106/20, FamRZ 2021, 201). Das OLG Hamburg ist der Auffassung, dass einem umgangsberechtigten Elternteil nicht völlig unabhängig von den Erfolgsaussichten immer und in jedem Fall Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei. Gerade in Abänderungsverfahren werden Verfahren nur dann von Amts wegen einzuleiten sein, wenn triftige Gründe vorgebracht oder erkennbar sind. An solchen Gründen fehle es oft, wenn Elternteile wiederholte und oft querulatorische Eingaben machten. Dies zeigt: Jeder Fall und seine individuellen Umstände sind für sich zu prüfen und zu bewerten.

Wie muss das Ge­richt Ih­ren VKH-An­trag prü­fen?

Geht es um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Umgangsverfahren, muss das Familiengericht einen großzügigeren Maßstab anlegen, als es in sonstigen Prozessen normalerweise der Fall ist. Da Verfahrenskostenhilfe dem Grundsatz nach nur zu bewilligen ist, wenn hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, ist diese Voraussetzung bereits dann anzunehmen, wenn das Familiengericht den Sachverhalt weiter aufklären muss und sich nicht allein darauf beschränken kann, Ihren Antrag ohne jede Ermittlung oder jede Anhörung der Beteiligten zurückzuweisen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6.7.2020, Az. 20 WF 44/20, FamRZ 2021, 206).

Expertentipp: Deshalb kommt es darauf an, dass Ihr Vortrag triftige Gründe beinhaltet, um dem Gericht greifbare Anhaltspunkte zu bieten, ein Verfahren in die Wege zu leiten. Es genügt also im Regelfall nicht, einfach nur den Wunsch zu äußern, dass Sie das Umgangsrecht ausweiten möchten. Sie müssen auch darlegen, warum dies dem Interesse des Kindes dient. Oder umgekehrt: Warum ist es dem Interesse des Kindes nicht dienlich, den Umgang so zu belassen, wie er ursprünglich vereinbart wurde?

Al­les in al­lem

Umgangsverfahren, bei denen es letztlich um die Interessen Ihres Kindes geht, sind gesetzlich sehr detailliert geregelt. Möchten Sie Ihr Umgangsrecht angemessen geregelt wissen oder einem möglicherweise ungerechtfertigten Umgangswunsch entgegentreten, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten und vertreten lassen.

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